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Die Gang: Roman (German Edition)

Die Gang: Roman (German Edition)

Titel: Die Gang: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Das Wasser im Becken begann zu schäumen und zu blubbern. Es pulsierte gegen ihre Haut.
    Nate kam aus dem Dunkeln und brachte die Weingläser, die Flasche und die Handtücher mit. Er stellte alles an den Rand des Beckens, füllte die Gläser und kletterte dann ins Becken. Er reichte Robin das Glas, und sie trank einen Schluck. Der Wein fühlte sich in ihrem Mund kalt an, aber nachdem sie den ersten Schluck genommen hatte, begann er in ihr zu glühen. Nate setzte sich ihr gegenüber, nur sein Kopf und die Hand mit dem Glas schauten noch aus dem Wasser. Sein Körper, rötlich im trüben roten Licht vom Boden des Beckens, war nur verschwommen zu sehen. Auf seinem Gesicht lagen Schatten, die es verzerrt und ungewohnt wirken ließen.
    »Du siehst aus wie ein Kinderschreck«, sagte sie.
    »Vielen Dank. Du siehst selbst etwa so wie die böse Königin aus.«
    Sie kicherte. »Wer ist das schönste Entlein im Land?«
    Er streichelte mit dem Fuß ihren Unterschenkel. »Robin ist das schönste Entenweibchen.«
    Ein Weibchen, wie man sehen kann.
    Poppinsack.
    »Ein Penner hat mich ein Weibchen genannt«, sagte sie. Das Wasser war jetzt sehr warm. Dampf stieg von der wirbelnden Oberfläche auf, ein rosafarbener Nebel, der vom Wind zerrissen und weggeblasen wurde. Sie trank mehr von dem Wein.
    »Bastard«, murmelte Nate.
    »Er war ein lustiger Kerl. Zuerst habe ich ihn wirklich gemocht. Poppinsack. Er konnte auf seine Art gut mit Worten umgehen. Er erinnerte mich an diese Medizinverkäufer, die man in alten Westernfilmen sieht, die ihre Wundermittel vom Planwagen aus verkaufen. Du hättest ihn sehen sollen. Er trug eine Wildlederjacke mit Fransen und Federn auf dem Hut.« Nates Fuß zog sich von ihrer Wade zurück. »Ein wirklich origineller Typ. Ich mochte den Kerl, und dann hat er mich beklaut.«
    »Dich beklaut?«
    »Ja. Während ich am Strand schlief. Noch bevor ich ihn getroffen hatte und er so freundlich war und mir Tee kochte. Die ganze Zeit war er nett zu mir und wusste dabei, was er getan hatte.«
    Nate schüttelte den Kopf.
    Robin hatte den Diebstahl in sich selbst begraben wie eine geheime Schande. Diese Geschichte mit Nate zu teilen schien gut und richtig zu sein. Sie musste ihm auch noch den Rest berichten.
    »Mein Geld hatte ich unter der Unterwäsche.« Sie erwartete, vor Scham rot zu werden, aber es geschah nicht. »Ich schlief, und er stahl es aus meinem Höschen. Gott weiß, was er noch gemacht hat … mit seinen Händen da drin. Und dann geht er hin und nennt mich ein ›Weibchen‹.«
    Nate murmelte etwas, das sie wegen des gurgelnden Wassers nicht verstehen konnte.
    »Was?«
    »Nichts.«
    »Ich wollte den Widerling umbringen.«
    »Ich habe ihn umgebracht.«
    »Wie?«, fragte Robin, sicher, dass sie ihn nicht richtig verstanden hatte.
    »Ich habe ihn umgebracht.«
    Sie starrte Nate verblüfft an, stellte ihr Weinglas ab und bewegte sich auf ihn zu. Sie kniete sich zwischen seine Beine ins wirbelnde Wasser und legte ihre Hände auf seine Oberschenkel.
    »Ein alter Knacker mit Walrossschnurrbart«, sagte er.
    »Ja.«
    »Ich habe ihn Donnerstagnacht umgebracht.«
    »Ich kann es nicht glauben«, sagte Robin. Aber sie glaubte es. Nate sah zu verbissen aus für einen Witz.
    »Wie ist das passiert?«, fragte sie.
    »Du weißt von den Trolljägern?«
    »Du bist ein Trolljäger?«
    »Ich war einer. Jetzt bin ich keiner mehr. Nachdem das mit dem alten Mann passiert ist … ist mir die Lust darauf vergangen. Es war schrecklich. Und es war meine Schuld. Sie hätten das Riesenrad ohne meine Hilfe nicht in Gang setzen können. Ich hatte den Schlüssel. Wir wussten nicht, dass er fallen würde, aber …«
    »Wie ist es passiert?«
    »Wir haben ihn mit Handschellen am Sicherheitsbügel einer Gondel festgemacht und ihn hochgezogen. Der Bügel hat ihn nicht gehalten. Er stürzte ab. Er fiel schreiend vom höchsten Punkt herunter. Dann habe ich seine Leiche mit dem Surfbrett aufs Meer hinausgeschafft. Er war mit Gürteln ans Board gebunden, dann habe ich ihn auf dem Meer losgemacht und hineinfallen lassen.«
    »Mein Gott«, murmelte sie.
    »Das war an dem Abend, an dem ich dich kennengelernt habe.«
    Sie erinnerte sich, wie sie auf Poppinsack gewartet hatte. Wie sie im Nebel mit ihrem Messer gewartet, dann Angst bekommen hatte und weggerannt war, um sich unter dem Haus auf dem Privatstrand zu verkriechen. »Ich wollte ihn erwischen«, sagte sie. »Ich wollte mein Geld zurückbekommen. Ich habe in den Dünen auf ihn

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