Die Gang: Roman (German Edition)
gewartet.«
»Nun, wir haben ihn umgebracht.«
»Das hätte ich vielleicht auch getan, wenn er aufgetaucht wäre. Ich hatte mein Messer in der Hand. Ich wollte ihn verletzen. Ich wollte, dass er bezahlt.«
»Immerhin … hilft es ein wenig, zu wissen, was er dir angetan hat. Vielleicht hat er es verdient. Aber mir wird immer noch schlecht, wenn ich daran denke.«
»Ich weiß«, murmelte Robin. »Es tut mir so leid.«
»Wie findest du das alles? Du hast mit einem Mörder geschlafen.«
Sie streichelte sanft über seine Beine. Ihre Kehle war vor Kummer um ihn wie zugeschnürt. »Es hört sich an, als wäre es ein Unfall gewesen.«
»Ja, es war ein Unfall. Er war zu schwer für den Sicherheitsbügel. Aber wir haben damit angefangen. Er hing wegen uns dort oben. Jeder sagt, es wäre ein Unfall gewesen, aber wir haben es getan. Er war ein Troll, und wir haben ihn fertiggemacht. Die meisten anderen waren ganz zufrieden damit, dass er heruntergestürzt ist. Ich bin sicher, Tanya hat sich darüber gefreut. Sie wollte Blut sehen, seit wir mit dieser Griesgram-Geschichte angefangen haben. Und sie ist schlimmer und schlimmer geworden.«
»Das Mädchen am Stoppschild?«, fragte Robin.
»Ja. Ihr ist übel mitgespielt worden, ich kann es ihr nicht wirklich übel nehmen. Ein paar Trolle haben ihr Entsetzliches angetan – ihr den Bauch aufgeschlitzt, sie vergewaltigt, alles Mögliche. Also ist es nicht überraschend, dass sie die Trolle hasst. Ich hasse sie auch, wegen dem, was sie Tanya angetan haben. Sie war so … unschuldig und glücklich. Sie ist nie bösartig gewesen.«
»Du hast sie geliebt, nicht wahr?«, fragte Robin.
Er zögerte und legte die Hände auf ihre Schultern. »Früher habe ich sie geliebt. Bevor die Trolle sie erwischten. Sie haben den Teil von Tanya, den ich liebte, umgebracht.«
»Es tut mir leid«, flüsterte Robin.
»Jetzt ist sie voller Hass. Nur noch daran interessiert, Trolle fertigzumachen.« Er schüttelte den Kopf. »Wir haben sie so oft gerächt. Es hat ihr ungeheuren Spaß gemacht, und sie wollte immer mehr. Sie ist schlimmer und schlimmer geworden. Jetzt, wo sie wirklich einen umgebracht hat … Ich will gar nicht daran denken, was sie dem nächsten Troll antun werden, den sie erwischen. Aber ich werde jedenfalls nichts mehr damit zu tun haben. Wenn ich doch nur früher damit Schluss gemacht hätte! Bevor wir jemanden umgebracht haben. Aber ich habe nicht aufgehört. Und jetzt bin ich ein Mörder.« Seine Hände wanderten nach oben und liebkosten sanft Robins Kopf. »Ich muss damit leben«, sagte er. »Und ich musste es dir wohl erzählen. Es ist besser, dich jetzt zu verlieren als später.«
»Du hast mich nicht verloren«, sagte sie.
»Hast du nicht zugehört? Ich bin …«
»Ich habe auch einmal einen Mann umgebracht.«
»Nein.« Nates Finger hielten ihren Kopf fester.
»Ja. Ich nehme es jedenfalls an. Ich versuche mir einzureden, dass er vielleicht überlebt hat. Jeden Tag erzähle ich mir das. Aber ich glaube es nicht wirklich. Mein Messer ist lang, und ich habe es ihm tief mitten in die Brust gestochen. Vielleicht ist er nicht gestorben. Aber wahrscheinlich doch.«
Stöhnend zog Nate sie an sich. Sie setzte sich auf seinen Schoß und umklammerte ihn mit den Beinen. Er legte die Arme um sie und hielt sie ganz fest. »Mein Gott«, murmelte er nahe an ihrem Ohr. »Robin, Robin.«
»Er hat mich angegriffen«, sagte sie. Ihre Stimme brach, als sie hinzufügte: »Aber das macht es nicht besser.«
»O Gott. Es tut mir so leid. Es tut mir so leid.«
»Wir sind ein schreckliches Paar, nicht wahr?«
Sein Körper begann zu beben. Er weinte. Er hielt sie fest, schluchzte laut und verzweifelt. Auch Robin weinte.
Von warmem wirbelndem Wasser liebkost, hielten sie einander fest und weinten.
38
Um elf Uhr legte seine Mutter das Buch zur Seite und sah sich die Fernsehnachrichten an.
»Ich denke, ich gehe ins Bett«, sagte Jeremy.
Sie blickte überrascht auf. »Was ist mit dem Nachtleben?«
»Nicht angesagt«, meinte er. »Und der häusliche Ersatz dafür ist es auch nicht. Außerdem bin ich wirklich müde.«
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Ich kann mir gar nicht denken, warum, wo du doch schon um ein Uhr nach Hause gekommen bist.«
»Ja.« Er gab ihr einen Kuss, wünschte ihr eine gute Nacht und ging in sein Schlafzimmer. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, suchte er die Kleider zusammen, die er später anziehen wollte. Er schob sein Schweizer Armeemesser in eine
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