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Die Gassen von Marseille

Die Gassen von Marseille

Titel: Die Gassen von Marseille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilles Del Pappas
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gezögert. Seine Adresse in l’Estaque stand dabei … Ich bin mit dem Bus dorthin gefahren.«
    Ich will sicher sein.
    »Und dann haben Sie ihn mit dem Hammer …«
    Sie sieht mich verwundert an. Dann lächelt sie.
    »Ja. Ich weiß nicht, wie du darauf gekommen bist. Ich hatte den Hammer mitgenommen … in meiner Einkaufstasche versteckt. Als ich ankam, stand die Tür offen. Er saß an seinem Schreibtisch und schlief. Er war alt, hässlich, verlebt, verwüstet, sein Gesicht war dunkelrot … Er sabberte ein wenig. Fast hätte ich ihn am Leben gelassen, er tat mir leid … Aber er hatte immer noch diese Eidechsenaugen. Ich habe ihn geweckt. Er hat mich nicht wiedererkannt. Ich habe die Akte auf den Tisch geworfen. Als er sie gesehen hat, hat er angefangen zu weinen und mir erklärt, dass es freundlich von mir wäre, sie ihm wiederzubringen. Seit Jahren zitterte er vor Angst, die ganze Geschichte könnte ans Licht kommen … Das wäre kein Leben mehr, und seine Tochter, ja, seine eigene Tochter, versuchte ihn jetzt damit zu erpressen … Da habe ich den Hammer herausgeholt. Er versuchte aufzustehen. ›Das ist für Agostino‹, habe ich gesagt, ›das ist für deine Tochter, das ist für mich, und das ist für all die anderen.‹ Und jedes Mal habe ich mit dem Hammer zugeschlagen.«
    Draußen drehen ein paar cacous die Musik einer Marseiller Rap-Gruppe bis zum Anschlag auf.
    »Er war sofort tot … Ich habe nicht versucht, meine Spuren zu verwischen. Ich denke, ihr werdet meine Fingerabdrücke in der Villa finden. Ich bin mit dem Bus nach Hause gefahren. Dann habe ich den Hammer gründlich gesäubert … Ich weiß auch nicht, warum …«
    So …
    Ich schaue meinen Freund an, den Polizisten. Er schaut zurück …
    »Phil …«
    Sein Blick ist hart. Als ich fortfahren möchte, sagt er: »Nein, ich kann nicht.«
    Er dreht sich zu Esther um. Die alte Frau lächelt ihn traurig an.
    »Was kannst du nicht, niston?« ,fragt sie.
    Philippe wirkt sehr verlegen.
    »Ich kann nicht so tun, als wüsste ich nichts.«
    Esther klopft ihm mütterlich aufs Knie.
    »Aber Junge, das weiß ich doch. Und ich verlange das bestimmt nicht von dir.«
    Aber mir geht das gegen den Strich.
    »Verdammt, Philippe!«, schreie ich ihn wütend an. »Du könntest es wenigstens versuchen. Wie oft warst du hier bei uns zu Gast? Wie oft hat Esther dir was Gutes gekocht? Sie hat dich verhätschelt wie einen Sohn. Du hast nicht das kleinste bisschen Anstand! Wie viele Fälle werden nie aufgeklärt? Da fällt einer mehr oder weniger doch gar nicht auf. Du brauchst diese Geschichte nur ganz weit nach hinten zu schieben … Es interessiert doch sowieso niemanden mehr …«
    »Ich kann nicht«, antwortet der Polizist mit dem gleichen harten Blick. »Scheiße, Mann, selbst wenn ich wollte, ich kann nicht!«
    Wir starren uns an. Er senkt als Erster den Blick.
    »Verdammt, du weißt genau, dass ich das nicht machen kann … Hör zu, ich werde ihr den besten Anwalt besorgen, den ich finden kann. Spätestens in zwei Monaten ist sie wieder draußen.«
    »Glaubst du nicht, sie hat lange genug gesessen?«
    Wie ein Blauhelm geht sie dazwischen.
    »Oh là là, was für Streithähne …«
    Sie wendet sich mir zu.
    »Hör zu, Constantin, wenn man so etwas tut, dann muss man auch die Konsequenzen tragen … Und wenn ich bis jetzt nichts gesagt habe, dann nur, weil ich zuerst noch mit den Toten sprechen wollte, mit meiner Familie … Jetzt habe ich meinen Frieden gefunden, und nun sollen endlich alle erfahren, was damals passiert ist …«
    »Aber …«
    »Ich weiß, dieser Mann war Abschaum, ein Monster, aber das ist niemals ein Grund, jemanden umzubringen. Außerdem wünsche ich mir, dass er nicht der Einzige bleibt. Durch meinen Prozess werden vielleicht einige Personen gezwungen, endlich Rechenschaft abzulegen …«
    Das träumt sie wohl!
    »Nein, Esther, diese Leute wird man niemals vor Gericht sehen … Da sind Sie zu optimistisch …«
    Philippe legt versöhnlich eine Hand auf meinen Arm.
    »Constantin, ich verspreche dir, dass niemand die Sache unter den Teppich kehren wird. Wir werden alles aufklären.«
    Sie geht nach unten, um ihren Koffer zu packen. Ich ignoriere meinen Freund eiskalt. Immer noch bin ich davon überzeugt, dass er das Geständnis der alten Frau einfach »vergessen« könnte, wenn er wollte. Vor allem weil er ohne mich sowieso nie herausgefunden hätte, dass sie es war … Als er nach einer Weile erkennt, dass ich nicht einlenken werde, verschwindet

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