Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
Mörder. Wulfhard setzte seinen Weg fort, bis er das verschlafene Buchhorn vor sich sah. Die Häuser zeichneten sich gegen das Sternenlicht ab, in einigen Fenstern flackerten Kerzen.
Im Schatten einer Hauswand gegenüber der Schenke wartete er. In kleinen Gruppen verließen die Männer die ›Buche‹. Betrunken diskutierten sie das, was sie aus berufenem Mund gehört hatten. Wulfhard lachte in sich hinein. Wenn er nicht dabei gewesen wäre, hätte er die tollen Geschichten sicher auch geglaubt.
»Bernulf ist ein Pfundskerl!«
»Auf jeden Fall sehr spendabel.«
»Die Hinrichtung war sicher eine tolle Sache!«
Wulfhards Grinsen erstarb. Er packte das Messer fester. Endlich sah er die kräftige Gestalt, die dunklen Haare, die Narbe, die sogar im Mondlicht wie ein schwarzer Krater sichtbar wurde. Bernulf torkelte und verschwand murmelnd in einer schmalen Gasse hinter der ›Buche‹. Wenig später war das Geräusch von Wasser auf Holz zu hören, gefolgt von Bernulfs erleichtertem Aufstöhnen. Wulfhard trat näher. Bernulf zog die Hose hoch, drehte sich um und erstarrte. »Was willst du denn!«
»Mich entschuldigen.« Wulfhard lächelte verzerrt. »Entschuldige, dass ich dich in Verdacht hatte, ein Dieb zu sein.«
»Hä?«
»Allerdings ändert das nichts. Du bist und bleibst ein Scheißkerl. Und jetzt werde ich meine Schuld begleichen.«
Bernulfs Hand zuckte an seinen Gürtel. Er wurde blass. »Ich bin unbewaffnet!«, stieß er hervor.
»Ja und?« Wulfhard trat einen Schritt näher und ließ das Messer aufblitzen.
Bernulfs Adamsapfel hüpfte. »Das wirst du nicht tun«, röchelte er. »Das wagst du nicht. Ich stehe im Dienst des Herzogs!«
»Ja und?«, wiederholte Wulfhard.
Bernulf wich zurück, bis er die Hauswand im Rücken spürte. »Wenn du das tust, bist du tot. Ich habe Freunde!«
Wulfhard stieß ein Lachen aus. »Die Art Freunde kenne ich«, sagte er und drückte das Messer zwischen die Stoppeln auf Bernulfs Hals.
»Ich … ich bin die rechte Hand des Herzogs!«, rief Bernulf mit schriller werdender Stimme. Eine Schweißperle rollte über seine Stirn. »Wenn du mich tötest, wird er dich bestrafen. Da schützt dich auch dein Graf nicht mehr! Er wird …« Bernulfs Worte endeten mit einem Aufschrei, als Wulfhard das Messer mit einer blitzschnellen Drehung des Handgelenks nach oben zog. Mit einem verächtlichen Lachen sah Wulfhard zu, wie der Betrunkene die Arme hochriss und wieder sinken ließ. Nur ganz allmählich wich die Todesangst aus Bernulfs Zügen, während er die blutige Schramme betastete, die sich quer über Hals, Kinn und Wange zog. »Du Schwein«, keuchte er. »Ich werde …«
Wulfhards Faust schnellte vor, seine Knöchel trafen blutiges Fleisch. »Gar nichts wirst du! Du wirst nicht einmal darüber reden, du feiges Stück Scheiße.« Mit beiden Händen packte er Bernulfs Wams und rammte ihm das Knie zwischen die Beine. Bernulf heulte auf. »So fühlt sich das an, wenn man wehrlos ist! Aber keine Sorge«, Wulfhard stieß Bernulf wieder gegen die Wand, »ich werde dich nicht umbringen. Das bist du nicht wert. Ich werde jetzt zurückgehen und mich als Retter der Gräfin feiern lassen, während du hier liegst und Blut pisst. Und du wirst es nicht wagen, mich anzuschwärzen, und das wissen wir beide!« Er drehte sich um.
»Du …«, röchelte Bernulf.
Wulfhard fuhr herum. »Ja?«
Bernulf schwieg. Wulfhard wartete einige Herzschläge lang, dann warf er einen Blick zum Himmel, wo der Mond die Ränder der Wolkenfetzen zum Glühen brachte, nickte und machte sich auf den Rückweg.
E N D E
Nachwort
Konstanz
Schon zur Römerzeit wurde das antike Constantia als feste Siedlung genutzt, in der Waren umgeschlagen wurden. Innerhalb der römischen Stadtmauer bildete sich das mittelalterliche Konstanz heraus, das unter Bischof Salomo an Bedeutung gewann. Von den römischen Bauten ist heute jedoch fast nichts mehr erhalten.
Auch die Bauwerke des frühen Mittelalters sind weitgehend verschwunden. So steht das Konstanzer Münster zwar am selben Platz, an dem Salomos Domkirche stand, aus der karolingischen Zeit ist aber nur die Krypta erhalten, in der noch heute die Gebeine des Märtyrers Pelagius ruhen, die Salomo aus Rom mitbrachte.
Die heutige Stephanskirche außerhalb der alten Stadtmauer befindet sich am Ort von Salomos Pfarrkirche, ist aber ebenfalls jüngeren Datums.
Den Grundriss der frühmittelalterlichen Stadt kann man sich im Archäologischen Landesmuseum
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