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Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)

Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin
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verlassen hatten, führte Udalrich Wendelgard zum Bett. »Du musst dich ausruhen.«
    Sie setzte sich wie eine Schlafwandlerin und starrte vor sich hin. »Sie hätte uns beide umgebracht, nicht wahr?« Plötzlich verkrallte sie ihre Hand in Udalrichs Wams und zerrte daran. »Dich und mich und unseren Sohn! Was hast du ihr nur angetan?«
    Er seufzte. »Ich habe auf der Flucht ihren Mann getötet. Es war ein ehrlicher Kampf. Vielleicht hat Gott deshalb zum zweiten Mal meine Gebete erhört und dich mir wiedergegeben.« Er löste ihren schweißnassen Schleier und strich ihr über die Haare. »Denk nicht mehr daran. Die Rachefurie ist tot. Sie kann uns nichts mehr anhaben. Schlaf dich aus, auch unseres ungeborenen Kindes wegen.«
    Gehorsam schloss Wendelgard die Augen und ließ zu, dass er sie auf das Laken drückte, aber unter ihren geschlossenen Lidern sickerte eine Träne hervor. »Bleibst du noch?«
    »Natürlich.« Er küsste sie auf Stirn, Nase und Mund und strich ihr durchs Haar. »Und nun schlaf!« Er wartete, bis ihre Atemzüge gleichmäßig gingen, dann erhob er sich leise. Sein Fuß stieß gegen die tote Kunigunde. Er bückte sich und schleifte den Leichnam aus dem Zimmer. Auf dem nachtdunklen Flur wäre er beinahe gefallen. Die Wände drehten sich um ihn und die Tote, während die Vergangenheit auf ihn einstürzte.
    »Herr?«
    Erst auf den zweiten Blick erkannte er Fridrun, die sich scheu in den Schatten drückte. »Geht es Euch gut, Herr?«
    »Wo kommst du her?«
    »Von Euren Kindern, Herr. Gerald hat gesagt, ich soll bei ihnen Wache halten. Sie schlafen wie die Engel.« Ihr Blick streifte mit einer Mischung aus Scheu und Ekel die Tote. »Und sie ist wirklich eine Mörderin?«
    Udalrich nickte nur. Er fühlte sich zu müde, um Fridrun für ihre vorlaute Frage zurechtzuweisen. »Schick jemanden, der die Leiche nach unten zu ihrem Mörderbuhlen schafft«, befahl er heiser. »Und schick den Mönch und diesen Wulfhard zu mir. Lauf!«
     
    H
     
    Im ersten Augenblick hatte Wulfhard seinen neuen Status als Held genossen. Vor ihm standen Wein, guter Wein, und die besten Bissen, die vom Gastmahl übrig geblieben waren, aber plötzlich war er zu ausgelaugt, etwas davon zu nehmen. Er hörte, wie Eckhard die Fragen der Köchin und der Mägde beantwortete, ohne genau zu verstehen, was gesagt wurde. Er vergrub das Gesicht in den Händen und war dankbar für die Dunkelheit, die sich um ihn auszubreiten schien. Sein Schicksal hatte eine neue Wendung genommen, aber zum ersten Mal in seinem Leben ertappte er sich dabei, wie er sich nach Ruhe sehnte. Von irgendwoher stahl sich Honigduft in seine Erinnerung.
    »Wulfhard!«
    Er sah verwirrt auf und blickte in Eckhards dunkle Augen. Auch das Gesicht des Mönchs war eine Larve der Erschöpfung.
    »Was?«
    »Hast du nicht gehört? Der Graf hat uns zu sich befohlen.« Er lächelte. »Wer weiß, vielleicht schenkt er dir sogar die Freiheit. Immerhin hast du die Gräfin gerettet.«
    »Hm.«
    Eckhard kniff die Augen zusammen. »Keine Freudenstürme? War es nicht das, was du immer gewünscht hast?«
    Wulfhard zuckte nur die Achseln und folgte dem Mönch durch das dunkle Anwesen zur Kammer des Grafen.
    Udalrich saß am Fenster und sah ihnen entgegen. Sein Gesicht war im Zwielicht nicht zu erkennen. Wortlos ließ Wulfhard sich auf die Knie nieder und senkte den Kopf.
    »Der Verräter hat wenigstens Manieren gelernt«, ließ Udalrich vernehmen. Seine Stimme hatte den rauen Klang vollkommener Ermattung. »Du magst aufstehen.« Er wartete, bis Wulfhard sich erhoben hatte, dann stellte er sich dicht vor ihn. Wulfhard fühlte, wie die kühlen Augen sein Gesicht durchforschten. »Gottes Wege sind tatsächlich unergründlich. Ich stehe in deiner Schuld«, sagte er endlich. »Du hast mein Weib und mein ungeborenes Kind gerettet. Ich hatte mir überlegt, ob ich dich zum Dank freilassen sollte, aber«, fuhr er mit erhobener Stimme fort, als Wulfhard rasch den Kopf hob, »der Gedanke, einen Mann wie dich ohne Aufgabe durch meine Grafschaft streifen zu wissen, würde mir zu viele schlaflose Nächte bereiten. Außerdem verrichtest du gute Arbeit. Du wirst Rigberts Stelle einnehmen.« Seine Augen blitzten beinahe boshaft, als er Wulfhards Gesicht sah. »Ich nehme dein Schweigen für sprachlose Dankbarkeit. Du darfst gehen. Lass dich von Gudrun verwöhnen, bis sie sich daran erinnert, was für ein Schurke du bist.«
    »Ja, Herr.« Die Dunkelheit verbarg das Lächeln, das sich langsam über Wulfhards

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