Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
»Dass ich ihn nicht mag, bedeutet nicht, dass ich ihn gleich für einen schlechten Menschen halte. Und selbst wenn er der Täter ist, was sollen wir dann tun? Bist du überhaupt sicher?«
»Sicher …?«, wiederholte Eckhard stirnrunzelnd. »Natürlich bin ich nicht sicher. Aber du musst zugeben, dass alles zusammenpasst. Hilde hat Rigbert erkannt und musste sterben. Die Verstümmelungen sind ein Werk puren Hasses. Denk an die Raute auf Reinmars Stirn, von der du mir erzählt hast.«
»Die Raute vielleicht. Aber ein Bruder, der dem anderen den Penis abschneidet?«
»Eifersucht. Sie haben dieselbe Frau begehrt. Zurück zu der Raute: Ein ähnliches Zeichen findet sich auf den Deckplatten beider Taschen. Das ist kein Zufall.« Eckhards Fingerkuppen trommelten auf die Tischplatte. »Und ich will verfl… beten, dass ich den richtigen Weg einschlage.«
Gerald grinste blass. »Sag bloß, du wolltest fluchen?«
Der Mönch warf ihm einen düsteren Blick zu. »Vielleicht hat Wulfhard etwas herausgefunden. Ich frage mich, wo er bleibt. Wir waren bei Sonnenuntergang verabredet.«
»Du glaubst immer noch, dass du ihm vertrauen kannst.« Der zweite Krug wurde geleert. »Eckhard, ich verstehe dich nicht! Aber egal. Warum ist Rigbert nicht geflohen, wenn er der Mörder ist?«
»Warum sollte er? Das wäre ein Eingeständnis seiner Schuld, und bisher hat ihn doch niemand verdächtigt. Ich denke …« Er sah zur Tür.
Alle sahen zur Tür.
Im Zwielicht, die untergehende Sonne im Rücken, stand Dietger. Sein Gesicht war kreideweiß und verzerrt. Seine Augen irrten durch die Schenke, bis sie auf Eckhard haften blieben. »Bete für uns, Mönch!«, stöhnte er und taumelte in den Raum. »Bete für uns! Der Teufel isch in Buchhorn!«
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Wulfhard legte den Kopf in den Nacken. Dunkle Wolken sprenkelten den Abendhimmel, an dem die Sonne wie ein großer milchiger Fleck hing. Der kühle Wind, der über seine verschwitzte Stirn strich, kündigte einen baldigen Wetterumschwung an. Wulfhard streckte seine schmerzenden Muskeln und spuckte einen Strohhalm aus. »Zeit, dass ich mich auf den Weg mache.« In seinem Rücken hörte er das Wiehern der Pferde und das Rascheln des Strohs. Der Streuner, der sich neben ihn gehockt hatte, wedelte auffordernd mit dem Schwanz. Wulfhard schob ihn mit dem Fuß weg. »Hau ab, du Vieh. Von mir kriegst du nichts. Geh zu Gudrun. Vielleicht hat die mit dir Mitleid.« Er warf der Küche einen düsteren Blick zu, der sich aufhellte, als Kunigunde auf den Hof trat. Sie schaute zu ihm hinüber und verlangsamte ihren Schritt. »Vielleicht meint der Herr es doch noch gut mit mir«, murmelte Wulfhard und lehnte sich gegen die Wand, während sie ihren Weg zum Brunnen fortsetzte. Wulfhard war sicher, ein leichtes Lächeln um ihren Mund spielen zu sehen. Er stieß sich von der Wand ab und schlenderte näher. »Sieht nach Regen aus.«
Sie lächelte tatsächlich. »Und soll ich deshalb den Eimer auf den Boden stellen? Warten, dass der Himmel ihn füllt? Da würde Gudrun schön schimpfen«
Er zeigte seine Zahnlücke. »Die alte Hexe! Ich meinte nur, dass …«
»Dass du ein harter Hund bist?« Sie lachte spöttisch. »Wie dieser kleine Kerl da? Er ähnelt dir.«
»Der räudige Köter?«
Der Hund bellte. Kunigunde ging in die Hocke und streckte die Hand aus. »Na, komm her!«
»Das Vieh lässt sich nicht anfassen.«
»Ach nein?« Sie blinzelte Wulfhard zu, während der Hund schwanzwedelnd ihre Hand abschleckte. »Vielleicht nicht von dir. Hunde mögen mich.«
»Und Pferde?«
Kunigunde erhob sich geschmeidig. »Was meinst du?«
»Komm einmal mit. Ich will dir was zeigen.«
Sie wich zurück, da er nach ihrem Ellenbogen greifen wollte. »Was hast du vor? Ich weiß, was man über dich sagt. Ich will keinen Ärger.«
»Das hier kann sich für uns beide als vorteilhaft herausstellen. Oder ist es das Ziel deiner Wünsche, für den Rest deines Lebens für die Alte in der Küche Wasser zu schleppen?« Seine braunen Augen bohrten sich in ihre schwarzen. Er sah, wie Trotz darin aufflammte, und wusste, dass er gewonnen hatte. »Komm!«
Der Falbe hob nicht einmal den Kopf, als Wulfhard ihm die Hand auf den Hals legte und ihn sanft tätschelte. »Rigbert sagt, der ist krank. Was meinst du?«
Er machte ihr Platz und schaute zu, wie sie mit kurzen, sicheren Handgriffen die Lippen des Tiers hochschob, um seine Zähne zu betrachten. Danach tastete sie über seinen Bauch und hob schließlich den Schwanz. Ab und zu
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