Die Gauklerin von Kaltenberg
deutlich abzeichnete.
Anna schlug wieder die Arme vor die Brust und zog die Beine an. »Das lasst ruhig meine Sorge sein«, erwiderte sie. »Mit denen werde ich schon fertig.«
Ein gefährlicher Zug legte sich um seinen Mund. »Glaub nicht, dass ich viel Federlesens mit dir mache.«
»Warum sollte ich?« Aber während sie dem Blick der nacht dunklen Augen standhielt, jagten sich ihre Gedanken. Vielleicht sagte er die Wahrheit und er hatte sie nicht gesucht. Aber zweifel los würde er sich nun an ihr für den Verrat rächen. Mit wütender Verzweiflung bemühte sie sich, ihn ihre Angst nicht spüren zu las sen. Steffen brüllte unter den Schröpfköpfen, von ihm war keine Hilfe zu erwarten. »Ich werde nicht mitgehen«, widersetzte sie sich. »Außerdem müsstet Ihr dann mein Badegeld bezahlen.«
»Ich ziehe es dir vom Lohn ab.« Er schöpfte sich Wasser über den Kopf und erhob sich. Das Wasser rann aus dem schwarzen Haar und Bart über seine Brust und seine Hüften. Anna wollte wütend erwidern, er werde es noch bereuen, da lächelte er. »Ich kann es doch nicht darauf ankommen lassen, dass du mich noch einmal verrätst.«
Raoul dachte natürlich nicht daran, Annas Badegeld zu bezahlen. Er erlaubte ihr kaum, das nasse Hemd mit der Cotte zu vertauschen. Das blanke Schwert in der Hand, stieß er sie an den Wannen vorbei ins Freie. Den neugierig gereckten Köpfen und den Bademägden, die ihre Bottiche und Reisigbüschel abstellten, schenkte er keinen Blick. Und auf die Frage von Annas enttäuschtem Freier, wer ihm nun das entgangene Vergnügen ersetzen würde,erwiderte er trocken, er nehme nur einen der beiden Betrüger mit: der andere stünde zu seiner Verfügung.
Steffen setzte einen Ausdruck auf wie ein Henker kurz vor dem Zuschlagen. Anna machte ihm eine wütende Geste, doch er hob nur entschuldigend die Hände. Sie verschluckte einen Fluch. Ver zweifelt bettelte der Bader, ihm nicht die Einrichtung zu zerschla gen, erst letzte Woche hätte er eine Schlägerei gehabt. Aber gegen den schweren Anderthalbhänder wagte ohnehin niemand etwas zu unternehmen. Und schon hatte Raoul sie ins Freie geschoben und zu sich aufs Pferd gehoben. Sie hielt den Atem an, als sie seine Arme um den Leib spürte. Dann sprengte er mit ihr davon.
5
Steffen, der dem schwarzen Ritter wütend nachstarrte, drehte sich langsam um. Er schluckte hart, und ein Zucken lief über seine Wange. Der Kaufmann hatte sich vor ihm aufgebaut. In der löch rigen Bruche war er zwar nicht eben eindruckgebietend, verfügte aber doch über eine gewisse Masse.
»Peitscht ihn aus!«, kreischte er mit überschnappender Stimme. »Oder du gibst mir mein Geld zurück!«
Im Nu sammelten sich Badeknechte und Gäste um den Go liarden. Auch die Bademägde, die dem schwarzen Ritter mit sicht lichem Wohlgefallen nachgesehen hatten, wandten sich nun ihm zu. Steffen kaute auf den Lippen. Er war zwar alles andere als schmächtig, aber die Leibkneter, die ihm den Ausweg versperrten, auch nicht. Ihr Grinsen machte unmissverständlich deutlich, dass sie es als willkommene Abwechslung begrüßen würden, ihn zu ver prügeln. Steffen wusste, wann er den Rückzug anzutreten hatte. Er hatte keine Angst vor gewalttätigen Freiwirten, aber alleine gegen eine Horde Leibkneter und gelangweilter Stadtväter, das war seine Sache nicht. Mit einem Satz war er an dem Kaufmann vorbei.
»Haltet ihn!«, brüllte der.
Steffen sprang auf das Podest mit den Zubern und setzte mit ungeahnter Gelenkigkeit über den ersten hinweg. Mit einem schrillen Schrei fuhr das Mädchen im Wasser zurück. Unsanft kam der Goliarde auf und hielt sich den Rücken. Trotz seiner Be einträchtigung sprang er auf den Rand des nächsten Zubers und lief über das Holzbrett, das quer über mehrere Wannen hinterein ander gelegt war. Teller flogen ins Wasser, im Vorbeihasten nahm er einen Becher auf und leerte ihn.
Schlägehagelten nun von allen Seiten auf ihn ein. Die anderen Gäste waren auf die Zuber gesprungen und feuerten ihn an. Selbst im winzigen Hinterzimmer wurde der Vorhang zur Seite gescho ben.
Er bückte sich nach einem Hühnerschlegel. Mit dem Fleisch hetzte er über die Bretter und sprang auf der anderen Seite herab.
Er prallte gegen einen muskulösen Körper, der selbst ihn über ragte. Der zweite Leibkneter packte ihn am Kragen. »So Bürsch chen«, grinste er, während sich der Goliarde wand und zappelte wie ein Fisch am Haken. »Nun bezahl deine Schulden!«
Einige Zeit später hinkte Steffen
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