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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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das, was ihn hergetrieben hatte, war viel stärker als der Hass. Ungeduldig wartete er in der offenen Tür.
    »Also«, wandte sich Friedrich an seinen Bruder, ohne ihm Be achtung zu schenken. »Was hat mich die Belagerung gekostet?«
    »Sie hat unerwartet lange gedauert«, erwiderte Leopold, mit einerMiene, als hätte er Essig getrunken. Die Ähnlichkeit zwischen den Brüdern war Raoul von Anfang an ins Auge gefallen. Doch beim zweiten Hinsehen zeigte sich, dass das, was beim Älteren schön war, bei Leopold grober, ja brutal wirkte. Eine zackige Narbe, die seine Wange entstellte, verstärkte diesen Eindruck. Und während Friedrich sich nach der Schlacht elegant in Cotte und Surcot gekleidet hatte, trug der Jüngere die Rüstung, als sei sie mit ihm verwachsen. »Der Landrichter hat sich noch immer auf der Burg verschanzt«, fuhr Leopold fort. »Aber das sollte Euch nicht kümmern. Die Lechbrücke ist in unserer Hand, an den Wänden des Ratssaals hängen unsere Fahnen und Schilde. Jetzt lasst die Männer Beute machen. Wir haben, was wir wollten.«
    Die rauchgeschwärzten Fahnen und zerbeulten Schilde waren der in der Tat einzige Schmuck des langgezogenen Ratssaals, al les andere hatten die Plünderer mitgenommen.
    »Wir konnten nicht damit rechnen, dass Landsberg so erbitter ten Widerstand leistet«, fauchte Friedrich. Er fegte einen zerbeul ten Schild vom Tisch, der klirrend aufschlug. »Aber dafür sollen sie bluten!«
    »Ah, die Sache mit Eurem Wahlspruch: Ad huc stat – Noch steht er. « Leopold grinste breit über die obszöne Anspielung. Trotz sei ner Anspannung zuckten auch Raouls Mundwinkel. Er erinnerte sich, wie sich die Verteidiger von den Mauern herab über diesen Wahlspruch lustig gemacht hatten.
    »Einer wollte wissen, ob Ihr Euch mit diesen Worten auch um Eure Gattin beworben habt«, bohrte Leopold genüsslich in der offenen Wunde seines Bruders. »Und ein anderer meinte, damit könnte man ein Hurenhaus erobern, aber keine Stadt, und ob die Metzen es neuerdings lateinisch treiben … aber den haben wir gleich aufgehängt«, versicherte er eilig, als er den grimmigen Aus druck des Königs endlich bemerkte.
    »Also«, unterbrach ihn Friedrich, ehe er weiter in seinen lebhaften Erinnerungen kramen konnte. »Wie viel?«
    Leopoldunterdrückte sein Grinsen und breitete das Pergament auf dem grobgezimmerten Holztisch aus.
    Friedrich beugte sich über die Aufstellung der Kosten und schien zu erschrecken. »Das hätten wir uns ersparen können, wenn Ludwig nicht so stur auf der Krone beharren würde«, knirschte er. »Seine Wahl war ebenso wenig einhellig wie meine. Und immer hin hat mir der einzige Mann die Krone aufs Haupt gesetzt, der das Recht dazu hat: der Bischof von Köln.«
    Leopold lachte trocken. »Und Ludwig wird behaupten, dass er zwar vom falschen Bischof gekrönt wurde, dafür aber in der rich tigen Stadt: Immerhin hat Aachen ihm die Tore geöffnet. Wir mussten nach Bonn ausweichen, um Euch die Krone auf Eure sei digen Locken zu setzen – Euer Gnaden. Dem Buchstaben nach haben wir zwei Könige, und wenn keiner nachgeben will, muss eben Gott entscheiden.«
    »Und das nach allem, was er mir verdankt!«, zischte Friedrich. »Ludwig ist in Wien aufgewachsen. Wir sind Vettern, und er war mein Freund. Dass er es wagt, sich gegen mich zu stellen, vergebe ich ihm nie. Gnade ihm Gott, wenn er mir in die Hände fällt!«
    Leopold zuckte die Achseln, als bereite es ihm wenig Kopfzer brechen, Ludwig in eine bessere Welt zu schicken. »Wer hätte aber auch gedacht, dass unser lieber Vetter derart Zähne zeigt?«
    Nur ein Aufblitzen unter Raouls dichten schwarzen Wimpern verriet seine Gefühle. Böse Zungen sagten, Ludwig hätte kaum das Sitzfleisch, eine Sonntagsmesse durchzuhalten, geschweige denn einen Krieg. Als wolle er diese Stimmen Lügen strafen, war der Baier im Streit um die Krone mit verblüffender Entschlossen heit zur Tat geschritten. Kein Wunder, dass Leopold so schnell wie möglich eine Entscheidungsschlacht wollte.
    »Ludwig sammelt sich. Seine bereits abgefallenen Verbündeten laufen ihm wieder zu«, warnte dieser prompt. »Der Einfall sollte ihn überraschen. Aber jetzt zieht sich der Krieg in die Länge, und jeder Tag kostet eine schwindelerregende Summe. Nach der schlechtenErnte haben nicht einmal die Plünderungen viel Beute eingebracht. Immerhin haben wir den Leuten gezeigt, dass Ludwig sie nicht schützen kann.«
    Bei der Erwähnung der Plünderungen war Friedrich offenbar sein Knappe

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