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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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kühle, rauchgeschwängerte Luft entgegenschlug. Schwarze Wolken warfen ihre Schatten über die engen Straßenschluchten, doch unter freiem Himmel war ihm wohler. Er schwang sich in den Sattel.
    Der Knappe war ihm nachgelaufen und hielt ihm den Steig bügel. »Nehmt Euch in Acht«, warnte er. »Herzog Leopold ist kein Mann, der so eine Beleidigung vergisst.« Er musterte Raoul mit einer Mischung aus Neugierde und Unbehagen, dann fragte er: »Was wollt Ihr von diesem Ulrich, dass Ihr das Wagnis auf Euch nehmt?«
    Raoul nahm die Zügel auf und blickte mit seinen dunklen Au gen herab, dass der kräftige Bursche zusammenzuckte. Sein Ge sicht war das hungrige, erbarmungslose Antlitz eines Jägers, als er antwortete: »Seine Burg Kaltenberg.«

5
    Anna ahnte nicht, dass ihr Todfeind nur wenige Meilen entfernt war. Auf Kaltenberg hatte man andere Sorgen, denn in derselben Nacht trat die Paar am Fuße des Burgbergs über die Ufer. Ein lang gezogener, flacher See bedeckte die Krautfelder der Allmende, dessen Oberfläche ein schneidend kalter Wind kräuselte. Im Wald glänzte Wasser zwischen den Stämmen und drohte auch das Holz zu verderben, das man zum Heizen brauchte. Die Dorfleute ver sammelten sich zu einer Flurprozession und bewegten sich lang sam in Richtung eines frei stehenden Baumes. Der Winter nahte, und niemand wusste, ob die plündernden Truppen wiederkom men würden. Nur noch Gott konnte ihnen helfen.
    Der Gesang der ungeübten Stimmen drang verzerrt zur Burg herauf und mischte sich mit dem des Spielmanns Falconet in der Küche. Auch er sang gegen den Hunger, allerdings waren seine Aussichten besser: Vom Tisch des Burgherrn fiel meistens genug für ihn ab. Diesen Winter hätte er es schlechter treffen können. Kaltenberg war zwar klein, aber es fehlte an nichts.
    Sein Magen knurrte bereits vernehmlich, als Anna ein Leintuch voller Äpfel für den Koch brachte. Sie rieb sich die Augen, denn die qualmdurchwölkte Küche mit dem gemauerten Herd war düster – selbst auf den Rauchabzug in der Decke fiel noch der Schatten des Bergfrieds. Doch die verheißungsvollen Düfte nach saurer Lunge mit Semmelknödeln machten den Eindruck wett. Noch immer war sie dankbar für jede sichere Mahlzeit. Erwartungsvoll jaulend hatten sich die Hunde bei dem Spielmann niedergelassen, während er ein fröhliches Liedchen auf seiner Flöte pfiff. An seinem Mi-parti, dem Gewand mit der roten und der grünen Seite, baumeltenGlöckchen, die er im Takt klingeln ließ. Er war nicht so jung, wie Anna zuerst gedacht hatte, sicher hatte er die vierzig überschritten. Mit einem Auge zwinkerte er ihr zu, und sie musste lachen. Nur der Koch, dem das alles galt, machte keine Anstalten, wie gewünscht zu handeln, sondern beugte sich über den gewaltigen Kupferkessel mit dem Gesindemahl. Auch der Küchenjunge, der den Spieß mit der Schweinshaxe für die Herrschaft drehte, beachtete Falconet nur heimlich.
    »Du verschwendest deine Kunst«, zog Anna den Gaukler auf. Sie war so glücklich wie seit Tagen nicht mehr. Immer wieder musste sie verstohlen ein Lächeln verbergen. Die halbe Nacht hatte sie mit Ulrich verbracht. Ehe sie ins Gesindehaus zurückge kehrt war, hatte sie zärtlich seinen muskulösen Körper gestreichelt und einfach nur das Gefühl genossen, dass er ihr gehörte.
    Sie leerte ihr Tuch in eine Holzschale. Die Äpfel rollten hinein, und der aromatische Duft, den sie so liebte, breitete sich aus. »Das Pfeifen wird dich nicht satt machen.«
    Falconet ließ die Flöte sinken. »Ich wette meine Kleider, dass ich etwas vom Braten abbekomme.« Er griff neben sich und legte die Laute auf seinen Schoß. »Wirst sehen! Das war noch gar nichts.«
    Anna warf einen Blick zu dem dicken Koch, der ungerührt das Gesindeessen abschmeckte. Seine fetten Wangen verzogen sich, als er grinste. Er würde sich nichts abschwatzen lassen. »Und wenn ich dagegenhalte?«, forderte sie ihn heraus.
    »Setzt du auch deine Kleider?« Falconet grinste, und sie wurde rot. Die unbescholtene Schmiedetochter in Anna wollte das Weite suchen. Neugierig setzte sie sich dann doch zu ihm. Vermutlich hatte er seine Kleider irgendwo gestohlen, dachte sie, sie waren viel zu gut für einen Spielmann. Aber wenn er so unvorsichtig damit umging, würde er bald nackt wie Adam auf der Straße ste hen. »Nur mein Wort«, erwiderte sie. »Mehr habe ich nicht zu ver wetten.«
    Er musterte sie frech. »Nicht einmal einen Kuss?«
    Annawollte aufstehen, doch er hielt sie fest. »Schon gut,

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