Die Gauklerin von Kaltenberg
Anna heraus: »Aber der fremde Ritter sucht mich, ich brauche deinen Schutz.«
Ulrich legte ihr den Finger auf den Mund und hob ihr Gesicht. Langsam näherte er sich ihren Lippen und küsste sie wieder.
Ein Wassertropfen fiel von seiner Stirn auf ihre und rann über ihre Wange. Er griff nach ihrer Hand, mit der sie die Decke vor die Brust hielt, und schob sie zur Seite. Sie erwiderte seine Küsse, und das Gefühl der Verlorenheit ließ etwas nach. Langsam streifte Ul rich ihr das nasse Kleid ab und ließ es zu Boden gleiten. Als er sich unter den feuchten Gewändern an sie presste, fühlte sie seine Er regung.
Sie stolperte, als er sie rücklings auf das Bärenfell drängte. Die rauen Tierhaare stachen leicht in ihre nackte Haut, und ihre Lip pen schmerzten von seinen gierigen Küssen. Wieder musste sie an die Warnung ihres Vaters denken. Sie wünschte, Ulrich würde ihr mehr Zeit lassen, da strich er ihr über das Haar, das wie ein roter Schleier auf den Pelz fiel. »Ich werde dich schon zähmen«, lächelte er. »Du hast mich viel zu lange auf diesen Augenblick war ten lassen.«
Über sie gebeugt, hielt er ihre Handgelenke auf dem Boden fest. Er schob den Leinenstoff seiner Bruche zur Seite und drängte sich zwischen ihre Schenkel.
Es schmerzte nur einen Augenblick, dann öffneten sich ihre Lippen. Das Bedürfnis nach Wärme, danach, Angst und Hass zu vergessen, wurde unerträglich. Seufzend überließ sie sich den sanftenStößen und genoss seine Nähe. Martin war tot, aber Ulrich war bei ihr, jetzt, alles andere war nicht wichtig. In seinen Armen ließ der Schmerz nach und wurde dumpfer. Sie zog ihn an sich und vergrub die Finger in seinem feuchten Haar, das ihre Haut streifte. Er lachte leise. »Du bist ja noch schamloser als sonst!«, flüsterte er.
Irgendwann sank er keuchend auf sie. Seine Brust hob und senkte sich heftig. Aus halb geschlossenen Augen sah Anna, wie er lächelte. Sie erwiderte das Lächeln, doch ihre Lider zitterten. Und auf einmal fragte sie sich, ob sie die Wärme, die Martin ihr gegeben hatte, je wieder finden würde.
4
Zur selben Zeit hatte der Regen etwas nachgelassen. Nebelschwa den aus feinsten Tropfen fingen sich in den endlosen Wäldern. Um die knorrigen Stämme rankte sich Efeu, wilde Brombeeren griffen mit ihren Dornenranken nach den Kleidern. Doch in ihren Duft mischte sich der Gestank nach Verwesung und Rauch. Immer wie der verrieten nackte Leichen am Wegesrand, wo die Spur der Plünderer verlief.
Der Köhlerjunge im zerschlissenen Kittel fuhr erschrocken hoch. Die Hand noch an dem Meiler, dessen Abzug er soeben mit Gras verstopft hatte, lauschte er. Dann fuhr er sich beunruhigt über das verschmierte Gesicht. Er hatte sich nicht getäuscht.
Zweige bewegten sich, als ein einsamer Reiter sie streifte. Es schien, als verdichteten sich die Schwaden zu einer matt glänzenden Rüstung – ausgestoßen vom Nebel, ein Geschöpf der Finsternis.
Der Junge rannte zum Rand der Lichtung und duckte sich un ter den Farn. Er wusste, wo sein Vater die Axt aufbewahrte, doch der war außer Hörweite beim anderen Meiler. Bisher hatte der Waldjunge nur selten Fremde gesehen. Es konnte ein verspreng ter Österreicher sein, oder am Ende ein mächtiger Dämon? Was ser rann ihm aus dem Haselgehölz eiskalt ins Genick, doch er wagte keine Bewegung.
Der Reiter kam näher. Allmählich verdichteten sich die Umrisse zur Gestalt eines Ritters auf einem feurigen Rappen. Das schulterlange Haar, der fremdartige Bart – kaum mehr als eine Linie, die Oberlippe und Kinn betonte –, selbst die Augen in dem gebräunten Gesicht waren nachtdunkel. Über dem Kettenhemd trug er einen schwarzen Waffenrock, der von einem Gürtel mit Silber beschlaggehalten wurde. Mit dem Schwert konnte er einen Feind mühelos erschlagen. Obwohl ihm das Herz vor Angst bis zum Hals schlug, konnte sich der Junge von dem ehrfurchtgebietenden Anblick nicht losreißen.
Jetzt zügelte der Fremde sein Pferd. »Komm heraus!«, rief er mit einem rauen Akzent.
Der Herzschlag des Jungen setzte aus. Stumm rief er den hei ligen Georg an.
»Nun komm schon, ich werde dir nichts tun!« Die Stimme klang ungehalten, als hätte er das schon öfter sagen müssen.
Furchtsam trat der Junge aus seinem Versteck. Er zitterte, denn der Farn hatte ihn durchnässt, und der Wind war kalt.
»Wo geht es zur Straße nach Landsberg?«, fragte der Ritter und holte eine Münze aus seinem Gürtel.
Mit offenem Mund starrte der Junge auf die schimmernde Rüs
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