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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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gefror ihm in den Adern.
    Das Kampfgeschrei der Schweizer erfüllte die Nacht, im Dun kel blitzten die Spitzen der Hellebarden. Entsetzt glitt Steffens Blick über den Spieß, mit dem ein einfacher Mann selbst einen Ritter zu Pferd mühelos erreichen konnte. Daran war ein mes serscharf geschliffenes Beil befestigt, und auf der Rückseite ragte ein scharfkantiger Haken heraus. Zwar hatte er schon von dieser furchtbaren Waffe gehört, doch er sah sie zum ersten Mal. Er be kreuzigte sich und stieß einen lauten Fluch aus. Mit diesen Helle barden konnte man einen Gepanzerten, wenn er nur nahe genug war, mühelos in Stücke zerhauen. Und nahe genug waren sie weiß Gott – eingekesselt wie bei einer Treibjagd!
    Eine scharf geschliffene Kante fuhr an seinem Gesicht vorbei. Das Pferd seines Herrn machte einen Satz nach hinten. Er sah die Panik in Arnulfs bärtigem Gesicht. Ohne Rücksicht auf die Knechte riss der Ritter die Zügel herum und gab seinem Schlacht ross die Sporen.
    Schreiend brachte sich Steffen in Sicherheit. In der Enge konnte dasTier nicht ausgreifen, es fing an zu buckeln und schlug schnaubend nach hinten aus. Blutüberströmt brach einer der Knechte zusammen, die Hufe traten ihn zu Boden. Eingekeilt zwischen den riesigen Pferdeleibern wurde Steffen klar, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er von den eigenen Rittern niedergeritten wurde.
    Arnulf kam nicht weit. Eine Hellebarde hatte dem Pferd die Beinsehnen durchschnitten, es stürzte. Noch ehe es seinen Reiter unter sich begrub und die splitternden Knochen knirschten, fuhr der Spieß auf diesen nieder. Steffen sah das Entsetzen im Gesicht Arnulfs, als der seinen Schild hob. Er wehrte den Stich ab, doch das Beil hatte den Weg hinter seine Deckung gefunden. Es hebelte ihm den Schild aus der Hand, der Spieß fuhr in den ungeschütz ten Hals. Gurgelnd brach ein Schwall Blut hervor. Ungläubig starrte der Ritter an sich herab, da fuhr das Beil auf seinen Schädel. Es spaltete den eisernen Helm mühelos. Etwas Warmes spritzte auf Steffen.
    Der süßliche Geruch mischte sich mit dem intensiven Pferde duft und hüllte Steffen ein. Der Schweizer hatte sofort von Arnulf abgelassen. In seinem blutverschmierten Gesicht stand die grau same Entschlossenheit, zu töten, wer sich ihm in den Weg stellte. Steffen begriff, dass sie niemanden entkommen lassen würden. Sie würden sie alle töten!
    Er riss den Schild hoch. Die Hellebarde prallte in das mit Eisen verstärkte Holz und blieb darin stecken. Mit einem wütenden Ausruf warf er dem Mann Schild und Hellebarde entgegen und duckte sich zwischen den wild schnaubenden Pferdeleibern an die schützende Wand des Hohlwegs.
    Er klammerte sich an eine trockene Wurzel, die aus dem Erdreich ragte. Keuchend flog sein Blick über das Geschehen. Wer vom Pferd gerissen wurde, war verloren – die stampfenden Hufe hatten bereits zahlreiche Männer das Leben gekostet. Die schweren Eisenrüstungen wurden von den Hellebarden aufgeschlitzt wie Leder. Er erkannte, wie Georg einen Spieß aus einem toten Pferdzog und auf die Eidgenossen losging. Seine linke Hand hing lahm herab, und Blut schoss aus einem tiefen Schnitt am Ellbogen. Scheuende Tiere trampelten alles um ihn nieder.
    Panik breitete sich aus. Brüllend versuchten die Männer zu flie hen, verfolgt von den johlenden Schweizern. Hinter ihnen ver sperrte das Fußvolk den Weg, und umgestürzte Bäume, die nun überall quer über den Weg fielen, machten eine Flucht unmöglich. Unbarmherzig fuhren die Hellebarden wieder und wieder auf die Flüchtenden herab. Dies war kein ritterliches Kräftemessen, son dern ein Abschlachten.
    Steffens Herz raste wie wild, er musste sich zwingen, in seiner Deckung zu bleiben. Die ersten Männer hatten ihre Überraschung überwunden, plötzlich kam Bewegung in das österreichische Heer. Offenbar versuchten die weiter hinten Stehenden, durch das eigene Fußvolk hindurch zurück zum See durchzubrechen. Flie hende Ritter und Nachkommende waren unrettbar ineinander verkeilt. Männer ritten ihre eigenen Knappen nieder, wurden von deren Speeren aufgespießt. Grauenvolle Schreie, das knirschende Splittern von Holz und Knochen betäubten Steffen. Er schloss die Augen. Es war eine verschwindend geringe Möglichkeit, aber es gab nur diese.
    Eine Hellebarde krachte vor ihm zu Boden. Der Schaft war abgebrochen, er raffte den Rest auf. Ohne noch einzelne Gesichter wahrzunehmen, schlug er im nur vom aufblitzenden Eisen erhellten Dunkel rücksichtslos auf die

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