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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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die Lust, dich zu schänden.«
    »Eure Schmeicheleien sind so wohltuend wie Eure Arzneien«, stöhnte Anna giftig. Jeder Knochen in ihrem Leib schmerzte, und obwohl sein Hohn offensichtlich war, bekam sie es wieder mit der Angst zu tun. Man konnte seine Worte durchaus als Drohung ver stehen.
    Als könnte er ihre Gedanken lesen, zuckten seine Mundwinkel. »Kamelwolle aus Damaskus«, erklärte er und reichte ihr noch eine Decke. »Die Sarazenen schwören darauf.« Er warf einen Blick in das aufgeschlagene Buch, und seine Brauen hoben sich. Dann ging er zum Feuer und hockte sich auf die Fersen.
    Dankbar legte Anna sich die Decke um die klammen Schultern. Vorsichtig rückte sie näher zum Feuer, in einiger Entfernung von Raoul. Sie hätte ihr Seelenheil dafür gegeben, jetzt bei Ulrich zu sein. Ohne ihn fühlte sie sich verloren, noch nie im Leben war sie aufsich allein gestellt gewesen. Dass sich Raoul über sie lustig zu machen schien, brachte sie vollends durcheinander. Es wäre ihr lieber gewesen, er hätte sie bedroht, dann hätte sie wenigstens gewusst, woran sie war.
    Maimun schenkte ihr aus der Kupferkanne ein. »Wein«, erklärte er, als er ihr Misstrauen bemerkte. Anna drehte das Glas in den Händen. Es war keiner von den hölzernen Humpen, die man hier benutzte, sondern zierlich und elegant. Langsam trank sie und spürte einen bitteren Beigeschmack. Was war diesem Trank nun wieder beigesetzt? Sie fischte einen klebrigen schwarzen Klumpen heraus. Angewidert warf sie ihn hinter sich – und erntete fassungs lose Blicke.
    »Das war Opium im Wert von gut einem halben Dirham«, be merkte Raoul endlich. Sein dunkles Lachen war angenehm und passte nicht zu dem Mann, als den sie ihn kennengelernt hatte. »Ich sollte dich an deinen schönen roten Locken in den Wald zer ren und es wieder auflesen lassen!«
    Es gelang Anna nicht, ihre Überraschung zu verbergen. Noch nie hatte ihr jemand gesagt, dass ihr Haar schön sei. Selbst Ulrich gefiel zwar seine Widerspenstigkeit, aber nicht seine Farbe.
    Raoul beugte sich vor, um sich nachzuschenken, und die Sonne warf einen warmen Schimmer durch die Zweige auf ihn. »Man hat dich der Hexerei angeklagt, sagten die Leute. Ist das wahr?«
    Sie wurde das Gefühl nicht los, dass er mit ihr spielte, wie eine Katze mit der Beute. Entschlossen, sich selbst den Ränken des Leibhaftigen zu widersetzen, erklärte sie schroff: »Es war ein Got tesurteil.«
    »Du hattest Glück. Das Seil, das dich hielt, ist gerissen.«
    Es war gerissen! Anna umklammerte ihr Glas fester. Ihr wurde klar, wie knapp sie dem Tod entronnen war. Sie hielt die Frage nicht mehr aus, die sie fast verrückt machte. »Was ist mit Ulrich?«
    Raouls dunkle Augen blickten auf. »Mach dir um ihn keine Sor gen. Wahrscheinlich hatte er genug von dir.«
    Zornigsprang sie auf. Wieder kämpfte sie gegen die Übelkeit, dann fuhr sie ihn an: »Er hatte nicht genug von mir – wenn Ihr versteht, was ich meine!«
    Seine schönen Lippen verzogen sich abfällig. »Immerhin wollte er dich ersäufen wie eine Straßenkatze!«
    »Behaltet Eure Verleumdungen für Euch!«, schrie sie. »Ulrich hätte mich niemals aufgegeben, und schon gar nicht so.«
    Die Falten um seine Nase gruben sich tiefer in die Haut. Er fuhr sich über die schwarzen Brauen und schloss die Augen. Obwohl er sich sofort wieder in der Gewalt hatte, war er ihr unheimlich.
    »Wart Ihr es?«, fragte sie leise. »Habt Ihr mich angeklagt?«
    Raoul stutzte, dann lachte er laut auf. »Mir fällt ein Dutzend gu ter Gründe ein, dich umzubringen. Aber Hexerei ist sicher keiner davon.«
    Beunruhigt starrte Anna ihn an. Sie hatte gehofft, dass er es zu geben würde. Wenn das die Wahrheit war, blieb nur, was sie schon geahnt hatte: Hermann von Rohrbach wollte sie loswerden, weil sein Sohn sie mehr liebte, als ihr zustand. Sie sehnte sich so sehr nach Ulrich, dass sie hätte schreien können. Es musste einen Weg geben, zu ihm zurückzugehen.
    »Du solltest besser nicht an eine Flucht denken«, warnte Raoul, als könne er ihre Gedanken erraten. »Denn du weißt noch nicht alles. Dass der Fluss dich mitgerissen hat, wurde als Beweis deiner Schuld gedeutet. Ulrich wird dir nicht helfen, er hätte dich sterben lassen, ohne einen Finger zu rühren. Du bist so gut wie geächtet.«
    Anna brauchte einen Moment, um zu begreifen. Stumm be wegten sich ihre eiskalten Lippen. »Das ist nicht wahr!«, flüsterte sie endlich. Sie versuchte sich klarzumachen, was das bedeutete: völlig allein zu

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