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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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aufständische Bauern zu züchtigen, dachte Steffen. Doch sie alle brauchten Geld, und Friedrich von Österreich versprach denen, die mit seinem Bruder Leopold zogen, reichen Lohn. Angesichts Steffens kräftiger Gestalt war es nicht schwer gewesen, einen Herrn zu finden. Männer, deren bloßer Anblick einen Gegner erschrecken konnte, wurden händeringend gesucht. Und Steffen war nicht anzusehen, dass er aus seinem Kloster in Steyr weggelaufen war. Vor nicht allzu langerZeit hatte er dort noch Jagd auf ketzerische Bettelprediger gemacht. Aber diese armen Teufel hatten mit höllischen Mächten so wenig zu schaffen wie der Bischof selbst, und im Heer gab es genauso gut zu essen wie im Kloster. Nur die Kälte saß ihm in den Knochen. Während ihm von hinten der eisige Bergwinter den Hintern wegfror, verbrannte ihm vorn das Feuer die Nase.
    »Über die Schweizer wurde die Reichsacht verhängt«, hörte er den tiefen Bass des alten Georg. Der grauhaarige Kämpe mit dem Dreitagebart war ein erfahrener Schwertknecht, das ließ er die an deren gern spüren. »Sie sollen sich zu einer Eidgenossenschaft ge gen den Herzog verschworen haben, auf einer Wiese … Rütli oder so ähnlich. Jedenfalls sind es Gesetzlose, das bedeutet ein gutes Gewissen im Kampf und leicht verdientes Geld.«
    »Aber hat nicht König Ludwig die Acht gegen die Waldstätte aufgehoben?«, fragte Jakob und legte noch Holz nach. Das Feuer flackerte auf und beleuchtete sein jungenhaftes Gesicht. Er war höchstens sechzehn, dachte Steffen. Die wenigsten Familien konn ten ihre überzähligen Söhne noch durchfüttern.
    »Ja, weil die Schwyzer im Streit um die Krone seine Partei er griffen haben«, erklärte Georg und reichte Steffen den Humpen. »Sie haben die Wälder von Einsiedeln ohne Erlaubnis gerodet. Als das Kloster deshalb den Kirchenbann über sie verhängen ließ, überfielen sie es und versicherten dem Wittelsbacher ihre Unter stützung. König Friedrich ist der Schirmherr des Klosters, deshalb sind wir hier.«
    Steffen setzte den Humpen ab und rieb sich die Hände. Hier in dieser verdammten Wildnis waren sogar die Trosshuren rar ge worden. In seinen Lenden zog es, und sehnsüchtig dachte er an Zürich. Nirgendwo sonst kannten die liederlichen Töchterlein so liederliche Handgriffe wie dort. »Es ist ein gutes Stück zum Vier waldstätter See, oder?«
    Georg bejahte. Sichtlich stolz auf das, was er von seinem Herrn gehört hatte, tat er sich damit wichtig: »Die Eidgenossen haben diePässe und den Zugang zum Vierwaldstätter See mit Letzinen gesichert – Palisaden«, erklärte er auf Steffens fragenden Blick hin. »Die meisten sind mit Mauern und Türmen verstärkt. Sie stehen an der Letzi bei Arth, weil dies der wichtigste Zugang in die Innerschweiz ist. Aber nicht dort werden wir sie übermorgen, am Sankt-Othmars-Tag, angreifen.«
    Die vielen fremden Namen verwirrten Steffen, aber letztlich war es ihm auch gleich, wohin es ging. Sie würden ein paar Bau ern erschlagen und diese Waldstätte niederbrennen. Dafür gab es gutes Geld und vielleicht ein paar Mädchen, mehr musste ein ein facher Mann nicht begreifen.
    »Also«, fuhr Georg im Tonfall eines Mannes fort, der ein wich tiges Geheimnis lüftet. »Früher war Einsiedeln das Ende der Welt. Aber jetzt sitzen die Geächteten zwischen König Friedrich und dem Gotthardpass und damit der Straße nach Italien. Was glaubt ihr, warum er sonst seinen Bruder mit so einem Heer schicken sollte!«
    Rhythmisches Klingen von Schellen näherte sich, ein Mann mit einem schmalen Gesicht und schlauen, beinahe farblosen Au gen hockte sich zu ihnen ans Feuer.
    Jakob nahm einen letzten Schluck Bier und stand auf. »Ich habe kein gutes Gefühl.« Irgendwo heulte ein Wolf. Fröstelnd zog er die Decke um die schmalen Schultern und rollte sich zusammen wie ein Hund.
    »Wohl wahr«, mischte sich der Ankömmling ein, dessen rote Schellentracht den Hofnarren verriet. »Ich habe es dem Herzog gesagt: Ihr werdet wohl in die Schweiz hineinkommen, aber kommt ihr auch wieder heraus?« Er grinste breit, und sein ganzes Gesicht legte sich in Falten.
    »Der Hofnarr Kuony hat Angst vor ein paar Mistgabeln!«, winkte Georg ungerührt ab. Er wandte sich nun ganz an Steffen: »Wir ziehen hinüber zum Ägerisee. Sie hatten keine Zeit mehr, dort den Pass zwischen dem Rossberg und dem Morgarten zu sichern.Wir fallen ihnen in den Rücken, und …« Er grinste und machte eine Bewegung zum Hals.
    Steffen verstand. »Und mit etwas Glück sind

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