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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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»Wer sagt das?«
    »Die Leute reden eben.« Die kräuterduftenden Finger betaste ten ihre Brüste.
    Dieser kleine Teufel von Hofnarr!, dachte sie wütend. Vermutlich hatte er das Gift gestreut. Einer Gauklerin würde niemand glauben, dass es anders war. Sie musste dringend Eva fragen, was sie tun sollte. Aber zuerst musste sie diesen Burschen loswerden. Anna lächelte. Mit beiden Händen griff sie sein Skapulier und brachte ihren Mund dicht an seinen. Sein Atem kam stoßweise über die schmalen Lippen. In den umschatteten Augen lag ein gie rigerGlanz. »Ich habe Euch schon viel zu lange von der Arbeit abgehalten«, zierte sie sich.
    Ruckartig zog sie das Knie hoch. Der Mönch schnappte äch zend nach Luft, und der Liebeszauber flog in hohem Bogen in den Kessel. Angewidert verzog Anna die Lippen und verbiss sich das Lachen. Sie begann zu ahnen, dass nicht immer die Brauhexen schuld waren, wenn das Bier nicht schmeckte.
    Anna war schon einmal wegen einer Liebe zu ihrem Herrn ver urteilt worden. Dass man sie nun sogar als Metze eines geistlichen Würdenträgers verleumdete, machte ihr Angst. Aber Eva war mit ihrem jungen Prälaten unterwegs, sie konnte sie nicht um Rat fra gen. Also bat sie den Bischof selbst um Gehör, auch wenn sie sich entsetzlich schämte.
    »Weißt du denn, dass es der Hofnarr ist, der das Gerücht streut?«, fragte der geistliche Herr. Ihn schien die Angelegenheit nicht zu beängstigen – kein Wunder, dachte Anna zornig. Ihn würde auch niemand deswegen ertränken. Er hatte nicht einmal eine eifer süchtige Ehefrau, die ihm Vorhaltungen machen würde.
    »Nein«, musste sie zugeben. »Aber ich bin mir sicher. Er hasst mich.«
    »Hass ist keinem Christen angemessen«, erinnerte sie der Sendlinger weihevoll. »Pass auf, dass du nicht genau das tust, was du ihm vorwirfst.«
    »Wollt Ihr nichts tun?«, fragte Anna überrascht.
    Konrad III. erhob sich zum Zeichen, dass die Audienz beendet war. »Das habe ich nicht gesagt. Du wirst Freising für ein paar Tage verlassen. Ich habe eine Botschaft an meinen Amtsbruder in Augs burg. Du wirst sie überbringen.«

9
    » Wa ist min geselle? Der ist geritten hinnen «, trällerte Falconet. Er hockte im Sattel wie eine stolzgeschwellte Krähe, denn heute wa ren sie unterwegs wie die Herren: Der Bischof hatte ihnen für die Reise nach Augsburg ein Pferd gegeben. In der Satteltasche hing der versiegelte Brief, und Anna hoffte nur, dass Steffens Fusel da neben ihn nicht vollends durchtränken würde.
    Noch immer hatte sie nichts von Ulrich gehört. Aber wo im mer er war, er würde sich so nach ihr sehnen, wie sie sich nach ihm. Schade, dass Eva es vorgezogen hatte, ihrem Prälaten Ge sellschaft zu leisten! Anna hätte immer wieder von ihrem Gelieb ten erzählen können.
    »He!«, unterbrach Steffen Falconets Liedchen. »Kennst du das: ›Si puer cum puellula moraretur in cellula … ‹ «
    »Wie bitte?« Annas Latein reichte nicht so weit. Aber Falconets Grinsen überzeugte sie, dass sie es so genau doch nicht wissen wollte. »Ist es noch weit bis Augsburg?«, wechselte sie das Thema, ehe Steffen seine Lateinkünste und womöglich Schlimmeres aus packen konnte.
    Die Straße war schon vor Stunden in einen Weg übergegangen, der den Namen kaum verdiente. Schachtelhalm verriet, dass ein Bach nicht weit war, aber sie hätten ihn vermutlich nicht einmal gesehen, wenn sie schon bis zum Hals im Wasser gestanden hät ten. Trotzdem summte Anna vor sich hin. Das erste Anzeichen des Frühlings war der Mist auf den Feldern gewesen, den die Bau ern zum Düngen ausbrachten. Heute, kurz nach dem Tag des hei ligen Josef, trieb der Bärlauch aus, und in zwei Monaten würden sie Hollerkücherl backen können.
    Irgendwoschrie ein Häher. Eine Krähe flatterte auf und fegte abgestorbene Nüsse vom letzten Jahr herunter, die raschelnd ins trockene Laub am Boden fielen. Falconet legte die Hand an den Dolch. Ein umgestürzter Baum versperrte ihnen den Weg.
    Steffen winkte ab, doch der Gaukler schüttelte den Kopf und zeigte auf das Moos, das den Stamm bedeckte. Anna blickte ihn fragend an.
    »Das Wetter kommt von Westen. Daher bildet sich das Moos an den Stämmen gewöhnlich auf der Westseite«, flüsterte Falco net. »Wenn ihn der Wind umgestürzt hätte, läge die bemooste Seite oben. Und sieh dir die Bruchstelle an. Das war eine Axt.«
    Unter seinen dichten Brauen sah sie den besorgten Blick. Has tig winkte er Steffen heran und rutschte aus dem Sattel. Gemein sam bemühten sich die

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