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Die Gauklerin

Die Gauklerin

Titel: Die Gauklerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Festung ist unbezwingbar.»
    «Nichts ist unmöglich in diesem Krieg.» Er sah sie beschwörend an. «Glaub mir, Agnes, ich weiß, was geschieht, wenn eine Stadt oder eine Festung erobert wird. Nicht nur die Not, auch der Sieg kann die Menschen zu Teufeln machen.»
    Sie kniff die Augen zusammen. «Und du? Was hast du getan als siegreicher Eroberer?»
    Matthes ließ ihren Arm los und ging wortlos hinüber zu seiner Kammer. Agnes sah ihm nach. Sie fragte sich, wie es in seinem Innern aussah. Wie fremd ihr der Bruder geworden war.
    Noch vor dem Abend stand ihr Entschluss fest: Sie würde bleiben. Und sie würde den Kurieren ein Schreiben an David und ihre Mutter mitgeben, dass sie Matthes gefunden habe und bald mit ihm zurückkommen werde. Sosehr das Heimweh in ihr brannte, die Sehnsucht nach ihrem Jungen, nach ihrer Mutter, so verlockend die Möglichkeit schien, halbwegs sicher nach Hause zurückzukehren – so hatte doch Matthes selbst zu ihrer Entscheidung beigetragen. Sie würde sich mit ihm ausliefern lassen, um dann mit ihm gemeinsam einen Weg zur Flucht zu suchen. Nur das ergab einen Sinn nach all dem, was sie an Schrecken erlebt und erfahren hatte. Am schwersten war ihr bei diesen Überlegungen gefallen, Sandor Faber aus ihren Gedanken zu verbannen. Das, was zwischen ihnen an diesem Morgen geschehen war, durfte keine Bedeutung erhalten.
    Mit fester Stimme teilte sie wenig später dem Kommandanten und seinen beiden Gästen mit, dass sie auf der Burg bleiben werde.
    «Verzeiht meine offenen Worte – aber ich hatte Euch für klüger gehalten.» Widerhold wirkte müde. «Doch kann ich Euch nicht zwingen.»
    Doctor Burmeister zwinkerte ihr zu und hob sein Glas. «Das weibliche Denken war schon immer höchst geheimnisvoll.»
    «Glaubt ja nicht, dass wir im Falle einer Belagerung für Eure Sicherheit sorgen können», knurrte der Leutnant.
    «Von Euch habe ich das auch keinesfalls erwartet», gab Agnes scharf zurück. «Und nun bitte ich Euch, mich zu entschuldigen. Ich möchte mit meinem Bruder in der Küche zu Abend essen.»
     
    Sie löschte das Licht und sah hinaus auf den Sternenhimmel. Ihr Blick fand das Sternbild des Großen Wagens.
    Wann hat das alles ein Ende?, fragte sie Andres in Gedanken. Du weißt sicher mehr, dort oben, wo kein Blut vergossen wird und kein Geschützdonner die Ruhe stört. Aber ich geb nicht auf.
    Leises Klopfen ließ sie aufschrecken.
    «Lass mich bitte ein, ich muss dich sprechen.»
    Es war Sandors Stimme.
    Agnes zögerte, dann öffnete sie die Tür. Der Adjutant wirkte wie im Fieber. Rasch trat er ins Zimmer, stellte seine Lampe auf den Waschtisch und schloss die Tür hinter sich.
    «Du musst fort von hier. Die Kaiserlichen werden alles dransetzten, diese letzte Festung Württembergs zu erobern. Nur in Stuttgart bist du sicher.»
    «Niemand kann mich von meinem Entschluss abbringen.»
    Sandor sah zu Boden. «Was ich dir heute Morgen gesagt habe, ist mir ernst. Ich – ich liebe dich und könnte es nicht ertragen, wenn dir etwas zustößt.»
    Agnes schwieg. In ihrem Kopf hallten Sandors Worte, deren Sinn zu begreifen sie sich verbot. Jetzt sah er sie an aus seinen dunklen, grünen Augen, um die Lippen spielte ein wehmütiges Lächeln.
    «Vom ersten Augenblick an, als du so erschöpft und verhungert im Burghof standest, wusste ich: Das Schicksal hat mir dieseFrau gesandt, die ich lieben werde. Und jetzt schon liebe ich dich mehr als alles auf der Welt, mehr als mein eigenes Leben.»
    «Sandor, du darfst solche Dinge nicht sagen. Das ist doch alles Unsinn. In diesem Krieg ist keine Zeit für die Liebe.»
    «Für Liebe ist nie die Zeit und ist immer die Zeit.»
    Seine Lippen berührten ihre Stirn, ihre Wangen, ihren Hals. Dann zog er sie mit sich auf den Bettrand. Sie fand keine Kraft, sich zu wehren.
    «Ich kannte dich nicht und war doch wie rasend vor Eifersucht auf diesen Mann neben dir», flüsterte er und küsste sie wieder und wieder. «Auf diesen Rittmeister, der mit seinen Blicken an dir klebte.» Seine Hand wanderte ihren Rücken entlang. «Der dich gefangen gehalten hatte. Ich hätte ihn erschlagen mögen.»
    Sie erwiderte seinen Kuss, ließ sich von seiner Leidenschaft mittragen wie ein führerloses Boot von den Wellen, schmiegte sich an seinen warmen, kräftigen Körper, spürte wieder dieses Feuer in sich aufflammen. Wollte plötzlich nichts anderes mehr als diesen Mann lieben.
    «Agnes?» Er hielt inne. Seine Hand ruhte auf ihren bloßen Brüsten.
    «Ja?»
    «Möchtest du

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