Die Gauklerin
auf die Lippen. Fast mit Wehmut dachte er an de Parada zurück, ihren Hauptmann bei der Infanterie. Was war das für ein feiner Mensch gewesen, verglichen mit diesem aufgeblasenen Prahlhans.
Im selben Moment trabte ein Läufer heran, besprach sich mit dem Kroaten, dann zerriss auch schon das Trompetensignal die Stille.
«Schwenkt nach rechts!»
Eilig packten die vorderen ihre Gabeln und Musketen und rannten dem Rittmeister hinterher, nach rechts, wo der Morast in einen breiten Grasstreifen überging, die Reiter folgten, da krachten auch schon die Geschütze los. Im ersten Moment dachte Matthes, sie wären in eine Falle geraten, da der Artilleriebeschuss von jenseits des Morasts, aus dessen Schutz erfolgte. Wer indes in der Falle saß, waren die Dänen. Geschickt lenkte der Krabat sie über den Grasstreifen, während die dänischen Kanonenkugeln ins Leere donnerten, von der Seite her trafen sie auf den überraschten Gegner, die Fußknechte stürmten mitten in die gegnerische Linie, flankiert von Kürassieren und leichter Reiterei, und binnen kurzem hatten sie die dänische Schlachtordnung durchbrochen und aufgelöst.
Matthes und Gottfried hielten sich dicht hinter ihrem Rittmeister. Sie hieben und schlugen in die Spießhaufen der Fußknechte und ließen den Handschützen keine Gelegenheit zum Nachladen. Wer nicht getroffen zu Boden ging, dem blieb nur die Flucht an die sumpfigen Ufer der Peene. Matthes entdeckteWallenstein hoch zu Ross, mit wehendem scharlachroten Mantel über dem Brustharnisch, seinen Kürassieren mannhaft voran. Die schmerzvollen Anfälle von Podagra, die düsteren Melancholien, die den Feldherrn noch ein Jahr zuvor so häufig aufs Krankenlager geworfen hatten, schienen vergessen – kraftvoll und kühn warf er sich in gefährliche Zweikämpfe mit den Anführern der Dänen. Matthes war so gebannt von diesem Anblick, dass ihn ums Haar ein Pikenier getroffen hätte. Das zwang endlich seine Aufmerksamkeit auf die Attacken seiner eigenen Kompanie, denen etliche feindliche Söldner zum Opfer fielen. So ging es weiter bis zum Abend, ein heilloses Metzeln, Hauen und Stechen gegen die Dänen. Nur eine Minderzahl konnte sich in der Nacht auf des Königs Schiffe retten.
Eine Vorhut verschaffte den Kaiserlichen noch in den Abendstunden Zutritt zur Stadt, ohne auf Gegenwehr zu treffen, dann zogen die Regimenter nach: Wallenstein und sein Stab in die Festung der Schlossinsel, die Kompanien und Fähnlein in die Stadt. Währenddessen gingen die Kompanieführer mit einer ausgewählten Mannschaft auf Partei. Zu Matthes’ Überraschung hatte der Kroate ihn zu dieser Ehre ausersehen, und so suchten sie das Schlachtfeld im Schein ihrer Fackeln nach Beute ab. Dabei hatten sie Mühe, die Weiber und Trossbuben zu verjagen, die zwischen den Toten und Verwundeten bereits nach allem stöberten, was irgend brauchbar und verwertbar war. Diese gierige Brut hätte auch die Schwerverletzten bis aufs Hemd ausgezogen, ihnen Stiefel und Röcke von den klaffenden Wunden gezerrt, wären der Stockmeister und seine Helfer nicht mit ihren Knüppeln dazwischen gefahren. Denn Wallenstein und seine Obristen hatten strenge Order gegeben, die Verletzten zu schonen und als Gefangene zu bergen. Dabei fragte sich Matthes nicht zum ersten Mal, wie viele dieser armen Seelen man wohl schon vom Leben zum Tod befördert hatte, nur um an ihren billigen Tand oder an ein Paar ausgetretener Schuhe zu kommen.
Neben unzähligen Spießen, Büchsen und Pistolen, Bandelieren und Rüstungen sowie etlichen Fahnen und Standarten erbeuteten sie sämtliche Feldgeschütze und fingen an die dreihundert unverletzte Pferde ein. Es war bereits Mitternacht, als sie alles der Obhut des Hurenweybels übergaben, der die Beute in sein neues Quartier in der Stadt schaffen ließ. Matthes wusste, noch in der nächsten Stunde würden die Obristen und Offiziere die besten Stücke an sich reißen, morgen dann wären die Soldaten an der Reihe – so denn etwas übrig blieb. Doch ein Kompanieführer musste schon dumm wie Stroh sein, ließ er sein Fähnlein ganz leer ausgehen. Besser tat er daran, seine Gaben als Auszeichnung an Einzelne zu überreichen. Und er, Matthes, ahnte, dass sein Rittmeister ihm etwas Besonderes zugedacht hatte. Am nächsten Tag bildeten sich endlose Schlangen vor den Marketenderwagen, wo die Söldner ihre Beutestücke eintauschten oder zu barer Münze machten. Bald sah man an jedem zweiten Hut neue Federn, andere hatten die begehrten Scharlachhosen
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