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Die Gauklerin

Die Gauklerin

Titel: Die Gauklerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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auftauchen. Setz dich her.»
    Er drängte Rosa zur Seite und zog das Mädchen neben sich. «Iss und trink!»
    »Margret!» In der Tür zur Küche erschien die Pfarrersfrau, das Gesicht vor Entsetzen verzerrt. «Hab ich dir nicht gesagt, du sollst im Schuppen bleiben?»
    «Hört, hört. Du solltest uns also vorenthalten werden. Das nenn ich nicht eben gastfreundlich.»
    Ohne Rücksicht auf Rosa oder auf die Pfarrersleute tat Recknagel schön mit dem Mädchen, schenkte ihm Becher um Becher nach, tätschelte die Wangen, auf denen sich bald zartrosa Flecken zeigten. Der Fettwanst vermag tatsächlich zu parlieren, dachte Matthes dumpf und tauchte ein Stück Honigkuchen in den schweren, süßen Rotwein, den der Pfarrer inzwischen als Nachschub aufgetrieben hatte. Er kniff die Augen zusammen, um das Flimmern zu vertreiben. Die Gesichter um ihn herum begannen zu tanzen. Wie im Rhythmus einer trägen Musik schwangen sie nach rechts, nach links. Vom Hof her hörte er gelegentlich jemanden gottserbärmlich spucken und würgen, dann rückten Stühle, Türen schlugen, der junge Leutnant neben ihm krachte aus dem Stand quer über die Tafel, Glas klirrte, Rotwein lief in Lachen über die Tischplatte. Das Erstaunlichste aber war: Das Mieder der Pfarrerstochter stand halb offen und präsentierte die Furche zwischen zwei festen runden Brüsten. Dann fiel sein Kopf vornüber und er war eingeschlafen.
    Als er am Morgen erwachte, lag er auf den dreckigen Dielen im Hausgang. Jemand hatte ihm seinen Mantel unter den Kopf geschoben. Langsam richtete er sich auf. Noch die kleinste Bewegung fand ihren Widerhall als schmerzhafter Schlag gegen die Schläfen. Er wankte hinaus in den Hof und erbrach sich.
    In der Stube saß die Hälfte der Männer bereits bei Tisch, Rosa mittendrin, die Augen verheult. Ein beißender Dunst aus Alkohol, Schweiß und Süßkohl hing im Raum, der Fußboden klebte von verschüttetem Bier, überall lagen Essensreste und abgenagteKnochen herum. Stumm brachte Margret eine neue Schüssel Milchsuppe aus der Küche, ohne auf die anzüglichen Bemerkungen der Männer zu achten. Rosa warf ihr einen hasserfüllten Blick zu.
    Matthes brockte sich Brot in die Suppe. Bei den ersten Bissen hob sich sein Magen, dann fühlte er sich besser. De Parada trat ein, mit ihm ein strahlender Hauptmann Recknagel.
    «Potz hundert Gift, war das ein Festmahl letzte Nacht! Eben kam Nachricht vom Jagdschloss. Wir ziehen erst übermorgen los. Lasst uns also weiterschlemmen.»
    Nach und nach füllte sich die Stube. Der Hauptmann winkte Margret heran und flüsterte ihr etwas ins Ohr, während seine fleischige Hand auf ihrem Hintern ruhte. Sie errötete. Kurz darauf kam sie mit zwei Krügen Wein zurück. Platten mit kaltem Braten, mit Hülsenfrüchten und gekochten Eiern wurden aufgetragen, einer der Leibdiener rollte ein Fass Bier herein. Das Gelage begann erneut.
    Aus der Küche klang geschäftiges Klappern, es duftete nach gebratenem Speck. Recknagel befahl Rosa, der Pfarrersfrau zur Hand zu gehen.
    «Es reicht!», kreischte Rosa auf. «Ich bin nicht deine Küchenmagd.»
    Grob packte der Hauptmann sie am Arm und zerrte sie in den Hausgang. Sie hörten wüste Flüche, dazwischen Rosas Geschrei, zwei-, dreimal ein klatschendes Geräusch, lautes Schluchzen, dann Stille. Mit hochrotem Gesicht kehrte Recknagel zurück.
    «Wo ist Rosa?», fragte Matthes.
    «Weiß ich’s?»
    «Was habt Ihr ihr getan?»
    «Seid Ihr hier der Inquisitor oder was? Zum Teufel gejagt hab ich sie.»
    Matthes’ Schädel schmerzte noch immer. Das war kein guter Moment, um einen Streit vom Zaun zu brechen. Dennoch erhober sich und baute sich vor dem fetten Kerl auf, den er um Kopfeslänge überragte.
    «So könnt Ihr nicht mit ihr umspringen. Sie ist Eure Frau.»
    «Was Frau?», geiferte Recknagel. «Eine Hure ist sie. Willst du dich etwa zum Hurenwirt aufspielen? He, Diener, hol mir den Pfaffen und seine schöne Margret, sie sollen mit mir speisen. Aber auf der Stelle.»
    «Benehmt Euch endlich wie ein Offizier, Recknagel.»
    «Was erdreistest du dich, Matthes Marx? Soll ich dich karbatschen lassen?»
    Matthes sah ihn kalt an. «Ihr verdient es nicht, in Wallensteins Diensten zu stehen.»
    «Du dreckiger kleiner Feldweybel!» Recknagel versetzte ihm einen unerwartet heftigen Faustschlag gegen die Brust, der Matthes gegen den Kachelofen taumeln ließ. Er rappelte sich auf und wollte zurückschlagen, da stellte sich de Parada zwischen sie.
    «Schluss jetzt. Sonst muss ich Meldung

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