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Die Gauklerin

Die Gauklerin

Titel: Die Gauklerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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erstatten.»
    Wortlos ging Matthes hinaus. Der staubige Kirchplatz lag verlassen in der Sonne. Aus den umliegenden Häusern drang das Gelächter der Söldner. Die Menschen hier würden drei Kreuze schlagen, wenn sie endlich weiterzogen. Halbherzig machte er sich auf die Suche nach Rosa, doch er konnte sie nirgends finden. Was soll’s, dachte er, ich sollte mich nicht in jedes Weibergezänk einmischen. Da sah er über den Waldweg zum Jagdschloss drei Reiter preschen, die kaiserliche Standarte mit dem Doppeladler hoch über den Köpfen. Was hatte das zu bedeuten?
    Als er in die Stube zurückkehrte, hockten rechts und links von Recknagel der Pfarrer und seine Tochter auf der Bank – der Pfarrer mit versteinertem Blick, Margret mit roten Wangen. Matthes sah auf den ersten Blick, dass sich hier ein Unglück anbahnte. Ein Teil der Männer war bereits wieder betrunken, der Hauptmann legte seinen Arm um Margrets Schultern. Dann hob er mit seiner freien Hand den Becher.
    «Los, Männer, saufen wir auf das Wohl des Pfaffen. Dass er mit Gottes Segen dieses herrliche Weibsbild gezeugt hat.»
    «Auf den Pfaffen!»
    Recknagel drückte seinen feuchten Mund auf Margrets Lippen, die sich nach einem Augenblick der Erstarrung tatsächlich öffneten. Die Umsitzenden klatschten grölend Beifall. Matthes’ Augen suchten nach de Parada, doch sein Rittmeister war nicht da.
    Mit einem unterdrückten Schluchzer flehte der Vater: «Ich bitte Euch im Namen des Herrn: Verschont meine Tochter. Sie ist doch noch ein halbes Kind.»
    Recknagels kleine runde Äuglein begannen zu flackern. «Ist sie nicht mehr. Los, mein kleines Täubchen, sag’s deinem Vater.»
    «Ihr lügt!» Der Pfarrer fuhr in die Höhe und ballte die Fäuste. Sofort war Recknagels Leibdiener hinter ihm und drehte ihm die Arme auf den Rücken.
    «Warum diese Aufregung?» Recknagel leckte sich die Lippen. Dann hob er Margret in die Höhe, setzte sie vor sich auf den Tisch und öffnete ihr Mieder. «Sag ihm, dass ich dir große Lust bereitet habe. Hat nicht Gott Mann und Frau erschaffen, auf dass sie sich lieben? Ist das nicht dem Herren zum Wohlgefallen?»
    Genussvoll entblößte er ihre Brüste, während der Pfarrer zu heulen begann wie ein geprügelter Hund.
    «Bitte, mein Herr», flüsterte Margret, «lasst mich. Ihr seht doch, mein Vater   –»
    «Hat es dir in der Nacht denn nicht gefallen?» Recknagel schaute betrübt, dann grinste er. «Vielleicht müssen wir es einfach noch einmal versuchen. Bindet den Pfaffen fest, er soll der Lust seines Töchterleins zuschauen dürfen.»
    Mit beiden Händen griff er nach ihren Fesseln und schob den Rock in die Höhe.
    «Aufhören! Sofort aufhören!» Matthes hatte einen Holzscheit gepackt und drängte sich zwischen den Männern hindurch. In diesem Moment sprang die Tür auf.
    «Fertig machen zum Appell bei Oberst von Ossa. Alle Kompanieführer zum Jagdschloss, es eilt. Eine Depesche aus Regensburg ist gekommen.»
    Es war, als hätte ein unsichtbarer Meister die Szenerie zum Stillstand gebracht. Sekundenlang herrschte Totenstille, alle starrten zur Tür, in der eben noch der Kurier ihres Regimentsobristen gestanden hatte. Jetzt erschien de Parada im Türrahmen, und die Erstarrung löste sich.
    «Was soll das?» Recknagel ließ das Mädchen los, das weinend zu seinem Vater stürzte. Die Männer umringten de Parada. Der zog seinen Hut von der Ofenbank, setzte ihn auf und sah verächtlich in die Runde.
    «Eure Faxen haben ein Ende. Der Schwedenkönig ist in Pommern eingefallen.» Der Tumult wurde lauter, de Parada musste seine Stimme erheben. «Des Weiteren: Seine kaiserliche Hoheit hat Wallenstein entlassen. Wir unterstehen ab sofort dem Oberkommando des Grafen von Tilly. Und morgen früh geht es gegen das Kloster Maulbronn.»
     
    Mitten in der Nacht schlich sich Matthes in die Scheune am Dorfrand, wo seine beiden Pferde untergebracht waren. Sein Rossknecht lag im Stroh und schnarchte. Matthes griff ihm in den Haarschopf.
    «Wach auf», flüsterte er. «Pack die Taschen und sattle die Pferde. Aber leise.»
    Wenig später führten sie ihre Pferde durch die mondlose Nacht hinüber zur Lagerwache am Ausgang des Dorfes. Ein junger Gefreiter stand neben dem Feuer, die Muskete auf der Gabel, die glimmende Lunte in der Hand. Matthes fragte sich, was der Mann in dieser Finsternis wohl zu treffen gedachte.
    «Matthes Marx, Wachtmeister in de Paradas Reiterkompanie», meldete er dem Posten. Der musterte ihn im flackernden Schein des Feuers

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