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Die Geächteten

Die Geächteten

Titel: Die Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hillary Jordan
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seid nicht daran vorbeigefahren, als ihr in die Stadt reingefahren seid?« Die beiden Frauen schüttelten den Kopf. »Das ist ein Militärfriedhof, auf dem über sechzehntausend Soldaten begraben liegen. Columbus war während des Krieges eine wichtige Krankenstation. Tausende von Verlusten, auf deren und auf unserer Seite, wurden hierhergebracht. Und jetzt liegen sie Seite an Seite auf dem Friedhof.« Hannah war verwirrt. Warum waren die Koreaner nach Mississippi gebracht worden? »Dann entschloss sich im April 66 eine Gruppe von Damen, die Gräber mit Blumen zu schmücken, und das war der erste Memorial Day.«
    »Ah«, sagte Hannah, »du meinst den Bürgerkrieg.«
    Kayla lachte. »Du bist hier im tiefen Süden. Da gibt es keinen anderen Krieg.«
    »So spricht eine echte Tochter der Konföderierten«, sagte Stanton mit einem anerkennenden Kopfnicken. »Und jetzt muss ich die beiden Damen den Nachmittag über sich selbst überlassen. Ich gehöre zum Friendship-Freundeskreis und führe ehrenamtlich jeden Freitag Besucher über den Friedhof. Ich habe meine Tour nie versäumt und möchte nicht, dass heute irgendjemand eine Augenbraue hebt, weil ich nicht komme.«
    Zurück im Keller, ging Hannah, die unerklärlicherweise nervös war, auf und ab, während Kayla mit einem Teller Brownies auf dem Bauch ruhig auf ihrem Bett lag. »Ich sag dir was«, sagte sie mit vom Kauen unkenntlicher Stimme, »für verzweifelte Flüchtige essen wir wahrhaft königlich. Du musst unbedingt einen versuchen. Sie sind einfach unglaublich.«
    Hannah antwortete nicht. Etwas ließ ihr keine Ruhe, wie ein Finger, der ständig gegen ihren Rücken pochte. »Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte Kayla.
    »Hast du nicht den Eindruck, dass da etwas komisch ist … mit Stanton und der ganzen Situation?«
    »Abgesehen davon, dass er uns zu den Brownies keine Milch zum Trinken gegeben hat, nein. Aber sag, was du denkst.«
    Hannah setzte sich an Kaylas Fußende. »Ich habe darüber nachgedacht, was er uns erzählt hat. Über sich selbst, seine Familie. Wenn man uns gefangen nimmt, könnten wir ihn innerhalb von zwei Sekunden identifizieren. Ich meine, wie viele kleine Männer mittleren Alters in Columbus, Mississippi, gibt es, die in einem viktorianischen Herrenhaus leben und deren Mutter eine Hebamme war? Warum sollte er uns das alles erzählen?«
    Kayla kicherte amüsiert. »Du hast keine großen Erfahrungen mit Alkohol, stimmt’s? Ein Mensch erzählt dir alles, wenn er anderthalb Flaschen Wein und zwei Gläser Brandy getrunken hat.«
    »Mag sein, doch vor ein paar Minuten war er stocknüchtern, als er uns von seinem Ehrenamt für den Friedhof erzählt hat. Ich meine, er war verdammt konkret. Denk darüber nach. Was wissen wir von Susans und Anthonys richtigem Leben oder von dem Simones? Nichts. Weil sie im Gegensatz zu Stanton vorsichtig waren und für den Fall, dass man uns erwischt, nicht zu viel preisgegeben haben.«
    Kayla schüttelte den Kopf. »Aber sie vertrauen ihm vollkommen, selbst Simone, und sie lässt sich nicht so schnell etwas vormachen. Und wenn er uns Schaden zufügen wollte, warum stellt er dann eine so teure Pflanze in unser Zimmer und serviert uns Flusskrebs-Étouffée? Tatsache ist doch, dass er uns schon längst der Polizei hätte ausliefern oder töten können, wenn er es gewollt hätte. Der Mann hatte uns in seinem Kofferraum – er hätte sonst wohin mit uns fahren können. Oder uns im Tunnel einsperren und verhungern lassen oder in diese Brownies Drogen oder Gift tun können.« Kayla stopfte einen letzten Bissen in ihren Mund und bot Hannah den Teller an.
    »Stimmt«, sagte Hannah. Kayla hatte recht, sie war paranoid. Sie nahm einen Brownie und biss hinein. »Hmm.«
    »Was habe ich dir gesagt?«
    Doch bereits nach zwei Bissen legte Hannah den Brownie wieder auf den Teller. Sie waren zu schwer und zu süß. So übersättigend. »Ich kann davon nicht mehr essen.«
    Kayla sah sie ungläubig an. »Du spinnst, das weißt du?«
    Hannah zuckte die Achseln. Sie hatte dem nichts entgegenzusetzen.
    Eine Stunde vor Sonnenuntergang kam Stanton wieder. Sie aßen schnell zu Abend, und dann war es auch schon Zeit aufzubrechen. Er führte sie durch den Tunnel zurück in die Garage, verstaute ihr Gepäck auf dem Rücksitz des Wagens und öffnete den Kofferraum.
    »Wir verabschieden uns am besten schon jetzt«, sagte Stanton. »Wenn wir beim Auto sind, werden wir keine Zeit mehr haben.«
    Hannah und Kayla dankten ihm für seine Freundlichkeit,

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