Die Geächteten
es nicht lange aushalten«, hatte Stanton versprochen. Sie würden niemals ihre Verlängerung erleben, das Risiko konnten ihre Kidnapper nicht eingehen. Sie würden ganz einfach wie zwei leere Milchkartons entsorgt werden.
»Bis zum nächsten Mal«, sagte der Fremde. Stanton antwortete nicht. Hannah hörte, wie Schritte sich entfernten und eine Autotür, die zugeschlagen wurde. »Hochnäsiges Zwergen-Arschloch!«, sagte der Fremde.
Er schlug auf die Kofferraumklappe, und Hannah und Kayla zuckten zusammen. »Hört zu, Mädels. Die Fahrt dauert drei Stunden, und bis wir ankommen, seid ihr nett und verhaltet euch ruhig. Wenn ich höre, dass ihr Lärm macht, um auf euch aufmerksam zu machen, dann kriegt ihr von mir eine Sonderbehandlung. Und glaubt mir, die macht keinen Spaß!«
Als das Auto sich in Bewegung setzte, entstand vor Hannahs innerem Auge ein Bild. Sie sah den nackten Haken an der Decke von Stantons schäbigem Speisezimmer. Ein Haken, an dem ein Kronleuchter hängen könnte. Ein Kronleuchter, der sein Licht auf die Seidentapete und die kostbaren Teppiche und auf den antiken Mahagonitisch, auf dem Silber, Porzellan und Kristallglas standen, werfen würde. All das würde in diesem überwältigend schönen weißen Licht in einem herrlichen Glanz erstrahlen.
Anfangs waren beide in ihre eigenen Gedanken versunken und schwiegen wie betäubt. Hannahs Gedanken waren düster. Mit etwas Glück hatte sie fünf bis sechs Wochen Sklaverei vor sich. Bevor sie vollkommen zerstört war, konnten auch zwei Monate vergehen. Sie machte sich keine Illusionen darüber, welche Art von Sklavin sie sein würde. »Nur die jungen und hübschen«, hatte Simone gesagt. Hannah versuchte sich zu beruhigen, indem sie sich Simones Gesicht vorstellte: entschlossen, wütend, resolut. Eine Frau mit so einem Gesicht würde sie nicht den Sklavenhaltern ausliefern, sie hatte sie auch den Faustkämpfern nicht geopfert. Sie würde nach ihnen suchen, würde, um sie zu retten, notfalls auch töten. Denn für sie war das eine persönliche Angelegenheit. Und für Paul war es das umso mehr. Er würde es nie zulassen, dass Kayla verletzt würde. Mit Sicherheit würde er das nicht zulassen.
Hannah hörte leise Musik, und dann begann ihr Kidnapper zu singen. Er sang das Lied ohne Gespür für die Tonlage lauthals vor sich hin. »Ich habe dich und ihn letzte Nacht im Country-Club tanzen gesehen … Er hatte seine Arme um dich geschlungen und dich an sich gedrückt …«
»Er muss ein Country-und-Western-Fan sein«, murmelte Kayla.
Hannah spürte, wie Kayla sich schüttelte, und glaubte, sie würde lachen, doch als sie ein Schniefen hörte, wurde ihr klar, dass ihre Freundin weinte.
»He«, sagte Hannah. »Hör mir zu, es wird alles gut werden. Simone und Paul – Vincent – wissen, wo wir sind. Ihr Plan war es, uns zu folgen. Denk an sie, Kayla. Denk an Vincent.«
»Ich habe Lust, ihm beide Arme zu brechen und sein Gesicht in eine Pizza zu verwandeln … Ich möchte ihm die Haut bei lebendigem Leibe abziehen … doch bei dir ist nicht mein Platz … Cuz ist dein Mann, und ich bin nur der andere …«
»Sie werden uns töten«, sagte Kayla. »Wenn wir zu zerstört sind und sie uns nicht mehr vergewaltigen können.«
»Vincent wird dafür sorgen, dass weder das eine noch das andere geschieht. Dafür bedeutest du ihm viel zu viel.« Bitte, lass das wahr sein !
»Und was, wenn er uns nicht rechtzeitig entdeckt? Was, wenn sie uns umbringen?«
»Das werden sie nicht. Er wird uns finden, er und Simone, und ich möchte nicht der Kerl sein, der uns jetzt fährt, wenn sie ihn kriegen. Ich bin sicher, sie sind uns bereits auf den Fersen, machen Pläne, wie sie uns retten können. Und wenn sie uns gefunden haben, führt ihr erster Weg zurück. Wohin? Zu Stanton, diesem Bastard. Er wird nicht einfach davonkommen.«
»Ich helfe ihnen gerne dabei«, sagte Kayla. »Wenn ich an all das verdammte Essen denke, das er für uns zubereitet hat, möchte ich es wieder ausspucken. Und wir haben einfach dagesessen und es hinuntergeschlungen, wie Kaninchen, die sich über einen Haufen Möhren hermachen.« Das Bild kam Hannah bekannt vor, und sie überlegte, wo sie es schon einmal gesehen hatte. »Wie in Unten am Fluss , wo der nette Bauer jeden Tag das Futter rausbringt und die Kaninchen fressen und fetter und fetter werden. Und schließlich findet eines der Kaninchen heraus, dass der Bauer plant, sie alle in Frikassee zu verwandeln.«
Hannah hatte plötzlich das
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