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Die Geächteten

Die Geächteten

Titel: Die Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hillary Jordan
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Rad zum Hotel. Als sie dort ankam, wartete Aidan bereits im Wagen auf sie.
    »Steig ein«, sagte er völlig überraschend für Hannah. Nie zuvor waren nur sie beide irgendwohin gefahren.
    »Wo fahren wir hin?«
    »Das ist ein Geheimnis.«
    Es ging Richtung Stadtmitte. Dann fuhr Aidan auf die Autobahn, die nach Osten führte. Aidan hielt ihre Hand und streichelte mit seinem Daumen ihren Handrücken. Nach einer halben Stunde begann Hannah einzudösen. Ihr letzter Gedanke, bevor sie einschlief, war, dass es sich herrlich und irgendwie auch befreiend anfühlte, sich ihm und seinem Willen ganz auszuliefern.
    Kurze Zeit später wachte sie wieder auf. Sie fuhren jetzt nicht mehr auf einer Asphaltstraße, sondern auf durchfurchter Erde inmitten eines Waldes mit hoch aufragenden Kiefern. Ihr starker, schwerer Geruch drang bis ins Auto. Sie atmete tief ein. Noch nie zuvor in ihrem Leben hatte sie eine so wunderbar frische Luft gerochen. »Wo sind wir?«
    »Im Zauberwald«, sagte Aidan. »Du hast vergessen, deine Brotstückchen fallen zu lassen, also bist du verdammt umherzulaufen, bis ein Prinz deinen Weg kreuzt und den Zauber mit einem Kuss bricht.«
    Überrascht von seiner Stimmung – Aidan hatte viele Facetten, doch so wunderlich war er bis jetzt noch nie gewesen – sagte Hannah: »Was ist, wenn ich den Zauber gar nicht brechen möchte? Wird er dann für immer mit mir durch den Wald laufen?«
    »Ja, aber dann könnte er dich niemals küssen. Du bist dann bis in alle Ewigkeit mit einem frustrierten Miesepeter geschlagen.«
    Sie lächelte. »Und der arme Prinz müsste sich mit einer schlecht gelaunten Hexe abgeben.«
    Sie hielten vor einer rustikalen Holzhütte an. Durch die Bäume hindurch konnte Hannah dahinter einen verlockenden Blauschimmer entdecken. »Und das«, sagte Aidan, »ist der magische See. Man sagt, wenn man genau in dem Moment eintaucht, in dem die untergehende Sonne den Horizont berührt, wird ein Herzenswunsch erfüllt.«
    Er hatte alles dabei, was sie benötigten: eine Kühlbox mit Essen, Badesachen, Sonnenschirm, Schwimmringe. Hannah war keine gute Schwimmerin – als sie klein war, wurden alle Schwimmbecken wegen der Dürre geschlossen, und sie war nur einige Male am Strand gewesen seit … Wieder sah sie alles vor Augen. Sie verbrachten den Tag wie zwei Teenager, spritzten herum, lagen faul auf der Veranda, fütterten sich gegenseitig mit Mixed Pickles und Orangenstücken, sie lachten und sie küssten sich. Aidan streichelte ihr Haar und ihr Gesicht, doch nie gingen seine Liebkosungen darüber hinaus, und als Hannahs Hand unter den Bund seiner Badehose glitt, nahm er sie heraus und schüttelte den Kopf. »Bitte nicht«, sagte er.
    Sie stellte keine Fragen. Sie fragte ihn nicht, wann sie wieder aufbrechen müssten oder wem diese Hütte gehöre. Sie fragte nicht, mit welcher Entschuldigung Aidan seiner Frau seine Abwesenheit erklärt habe. Sie lebte mit ihm den flüchtigen Moment ihres Zusammenseins. Als die Sonne bereits tiefer am Himmel stand, ergriff er ihre Hand und führte sie zu der Bootsanlegestelle des Sees. Die Sonne war ein geschmolzener roter Ball, wie ein großes, brennendes Herz. Sie standen da und sahen zu, wie sie versank, bis sie schließlich den Horizont berührte.
    »Jetzt!«, rief Aidan und begann zu laufen. Hannah lief neben ihm her, und die Bretter unter ihren nackten Füßen dröhnten. Am Ende der Anlegestelle schoss ihr Körper in die Luft. Für einen kurzen Augenblick hingen sie über dem Wasser, bevor ihre Hände sich trennten und sie abtauchten. Sie kam vor ihm wieder hoch. Atemlos trat sie im Wasser umher, darauf wartend, dass er wieder auftauchte. Als sie gerade begann, sich Sorgen zu machen, kam er direkt vor ihr aus dem See geschossen. Hannah erschrak. Er lachte, sein Gesicht leuchtete vor Glück, und Hannah konnte erahnen, wie er als kleiner Junge ausgesehen haben musste. Seine Schönheit und Unschuld ergriffen ihr Herz und lagen schwer auf ihm – wie eine unerbittliche Faust.
    Vor dreizehn Monaten , dachte sie jetzt. Vor einem ganzen Leben . Sie stellte das Buch zurück an seinen Platz im Regal.
    Punkt drei Uhr klopfte sie an die Tür von Mrs. Henleys Salon.
    »Komm rein«, rief Mrs. Henley. Hannah öffnete die Tür und betrat den Raum – ein intimer, femininer Ort, dekoriert in fröhlichen Gelb- und Blautönen. Im Gegensatz zu allen anderen Zimmern, die Hannah im Zentrum gesehen hatte, besaß dieses Zimmer zwei Fenster, die sich auf Augenhöhe befanden. Davor hingen mit

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