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Die Geächteten

Die Geächteten

Titel: Die Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hillary Jordan
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auffiel. Als langsam alle ihre Anwesenheit bemerkt hatten, verbreitete sich eine tiefe Stille, die in einer so erdrückenden Feindseligkeit erstarrte, dass Hannah kaum atmen konnte. Sie lief schnell durch den Raum, um dankbar in eine der Kabinen im hinteren Bereich zu schlüpfen. Sie aktivierte den Sicherheitsmodus, scannte ihren Ausweis und sagte ihr Passwort: »Ich vermag alles durch den, der mich stark macht, Christus.« Einst war dies ein gültiges Credo in ihrem Leben gewesen, nun waren das nur noch leere Worthülsen.
    Als sie ihren Mailordner öffnete, informierte sie der Rechner darüber, dass sie 1963 Nachrichten hatte. Die hohe Zahl verwirrte sie. Selbst nach fünf Monaten war das sehr viel. Sie überflog ihre Mails. Da gab es die gewöhnlichen Spam-Mails, doch daneben auch eine sehr hohe Zahl von Nachrichten einzelner Personen mit für sie unbekanntem Familiennamen. Sie berührte den Bildschirm und öffnete eine x-beliebige Mail. »DU SOLLST IN DER HÖLLE VERBRENNEN, MÖRDERIN«, stand dort, und die flammend roten Buchstaben tanzten über den Schirm. Nur ein Holo, doch sie prallte zurück, als hätte sie jemand ins Gesicht geschlagen. Sie öffnete eine weitere Mail und hörte ein kindliches Jammern. Dazu sagte eine Frauenstimme: »Ich hoffe, du hörst die Schreie des Babys, das du ermordet hast, jede Nacht für den Rest deines Lebens.«
    »Lösch alle Mails von unbekannten Kontakten«, sagte Hannah.
    »Gelöscht.«
    Übrig blieben ein halbes Dutzend Nachrichten. So wenige , dachte sie. Doch eine war von Edward Ferrars. Hannahs Herz zog sich schmerzvoll zusammen, als sie darauf starrte. Ferrars war der Name, mit dem sie und Aidan in den Hotels eingecheckt hatten. Hannah hatte den Namen ausgesucht, von allen liebenswerten Kirchenmännern Jane Austens war Edward Ferrars stets ihr Liebling gewesen. Aber ich bin keine Elinor , dachte Hannah jetzt. Alyssa war seine Elinor: sanft, tugendhaft, sensibel.
    Es handelte sich um eine Videomail, das überraschte Hannah. Eine absolute Sicherheit im Netz gab es nicht, deshalb hatten sie und Aidan sich selten eine Nachricht geschrieben, und wenn, dann nur eine kurze Textnachricht. Die Mail war vom 20. August, da war Hannah noch im Gefängnis gewesen, und der Prozess hatte unmittelbar bevorgestanden. Sie hatten nicht mehr miteinander kommuniziert, schon bevor sie inhaftiert worden war, und sie hatte ihn nicht mehr gesehen, bis er bei der Anhörung zu ihren Gunsten gesprochen hatte. An diesem Tag hatte er ernst und schwermütig gewirkt, und wenn er noch irgendetwas anderes gefühlt haben sollte, dann hatte er es gut verborgen. War er empört darüber, was sie getan hatte? Desillusioniert? So sehr daran erkrankt, dass er sie nicht mehr länger lieben konnte? War er aus Leidenschaft für sie eingetreten oder als ihr Pastor?
    Sie musste es wissen. Sie konnte es nicht ertragen, es zu wissen. Also guckte sie sich erst die anderen fünf Mails an: zwei tränenreiche Videomails, eine von ihrer Tante Jo und die andere von Mrs. Bunten, die für sie beten wollte. Eine kurze, barsche Textnachricht von ihrem Chef aus dem Salon, die sie darüber informierte, dass ihre Dienste nicht länger erwünscht seien. Eine wehmütige Videomail von ihrem ehemaligen Freund Will, der ganz offensichtlich nichts von ihrer Schande gehört hatte. Er erzählte ihr, dass er nach Florida ziehen und dort heiraten würde und sie das bestimmt wissen wolle. Eine Nachricht von Deb, in der sie zum Ausdruck brachte, wie leid es ihr tue, was passiert sei, und dass das alles so schrecklich sei, und wenn sie irgendetwas tun könne, solle Hannah es sie wissen lassen.
    Nun gab es keine weiteren Mails mehr. Hannah kämpfte mit sich, sagte dann aber: »Die Nachricht von Edward Ferrars abspielen.«
    Und dann war ihr Geliebter in 3-D zu sehen. Er saß in einem dunklen Büro, das sie nicht kannte, nur von einer einzigen Lampe erhellt. Er sah melancholisch aus, und wie gewöhnlich verlieh ihm dies eine anrührende Schönheit.
    »Ich bete darum, dass du diese Nachricht bekommst, Hannah. Ich kann mir nicht vorstellen, was du in diesem Moment im Gefängnis durchmachst. Ich hasse es, dich dort allein zu wissen, ich hasse es, dass du ganz allein die Hauptlast unserer Sünde trägst. Ich hasse es, dass du diese Sache für mich getan hast. Dass unser Kind …« Die Stimme versagte ihm. Er schloss die Augen und rieb sie mit den langen Fingern seiner blassen Hand. Hannahs Arme wollten seinen Kopf am liebsten in ihren Schoß legen, und

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