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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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mehr übrig, als dass manch Abergläubiger, wenn Not und Verzweiflung ihn plagen, dort oben ein Stoßgebet an die Gestirne sendet. Aber Opferungen gibt es dort nicht, Dr. John. Nicht mehr. Das schwöre ich Euch.»
    «Nur in der Abtei?»
    Der Donner klang jetzt wie ein blinder Riese, der über die Hauptstraße taumelte.
    «Nein, wartet …» Nel zitterte noch immer. «Was mit Eurem Bediensteten geschehen ist, war wahrlich unfassbar entsetzlich, insbesondere weil er ein guter Mensch zu sein schien. Aber dieses ganze Gerede über Teufelswerk und Opferungen …»
    «Es heißt, es gebe keinen besseren Ort als eine Kirchenruine, um Dämonen zu beschwören.»
    «Herrgott, Dr. John, darüber wüssten wir doch Bescheid! Glaubt mir, gäbe es hier solche Leute, würden wir sie kennen!»
    «Wir?»
    «Ja, es gibt hier Menschen» – sie wandte den Kopf ab und sah aus dem Fenster –, «die wüssten davon.»
    «Zu denen zählt der Friedensrichter aber wohl nicht?»
    Sie ballte die Fäuste.
    «Ich weiß», fuhr ich fort, «dass das alles mit Euch eigentlich nichts zu tun hat. Diese Hatz auf Euch … ist eine Ausgeburt des Wahns.»
    «Mit
Wahn
hat das nichts zu tun.» Sie klang plötzlich wütend. «Habt Ihr mir denn gar nicht zugehört? Das ist alles kein Zufall, dahinter steckt ein Plan! Fyche verbreitet diese Lügen, um dadurch von etwas viel Dunklerem abzulenken. Er tut wie ein Mann Gottes, der mit den Mächten des Satans ringt, aber in Wirklichkeit verbirgt sich hinter dieser Maske … das wahre Böse, das schwör ich!»
    Ich begriff nicht, was sie sagen wollte.
    «Nel, wir leben jetzt in aufgeklärten Zeiten … vergleichsweise zumindest. Was Eurer Mutter passiert ist, wird nicht wieder geschehen. Scheiterhaufen, ja, selbst der Galgen als Strafe für Ketzerei und Hexerei sollen möglichst vermieden werden. So lauten die neuen Anweisungen. Die Königin ist sich nur allzu bewusst, welche Ausmaße solche Verfolgungen während der letzten Regentschaft angenommen haben. Sie wird diesen Pfad der Dunkelheit nicht beschreiten, und das sollte nun auch überall im Reich bekannt sein.»
    Es donnerte wieder. Nel öffnete die Augen, und ich sah, dass sie sich mit Tränen gefüllt hatten. Es brach mir fast das Herz.
    «Wir sorgen dafür, dass Euch geholfen wird!» Meine Stimme klang vor Verzweiflung ganz rau. «Ich habe das Gesetz studiert …»
    Sie schaute mich durch einen Tränenschleier an. Aus ihrem Blick sprach keine Bitterkeit, aber auch keine Zuversicht, und wer hätte ihr das schon verdenken können? Gern hätte ich ihr gesagt, dass mein Freund – eigentlich zumindest – einer der mächtigsten Männer des Königreiches war. Dass wir auf höchster Ebene um Hilfe bitten konnten.
    Obwohl – konnten wir das wirklich?
    Ich erinnerte mich an Robert Dudleys Zweifel an William Cecils Motiven. Dachte an die Gesetze der Menschen in den Händen der Mächtigen.
    Und vor allem an die blutverschmierten Chirurgenmesser. Es war wirklich, als hätte das Schicksal sich gegen sie verschworen. Wahrscheinlich wusste Nel Borrow von den Messern noch gar nichts, weil sie ja zuletzt am Tag zuvor mit ihrem Vater gesprochen hatte. Ich erzählte ihr jetzt lieber nichts davon.
    «Ihr sagtet, man hätte Euch hier für die Nacht ein Zimmer gerichtet?»
    «Falls ich es denn brauche. Sollte man mich aber dort finden, wird man Cowdray zur Verantwortung ziehen. Das will ich nicht.»
    Sie erhob sich. Am liebsten hätte ich ihr zugerufen:
Bleibt hier bei mir, mir ist es egal, wenn man mich dafür verantwortlich macht!
Doch ich schwieg und wagte es nicht einmal aufzustehen, weil ich fürchtete, dass das nur bis zu den Knien reichende Gewand meine fleischlichen Gelüste höchst unvollständig verbergen würde.
    Sie knotete den Umhang am Hals zu.
    «Vielleicht ist es besser, wenn ich jetzt gehe.»
    «Wo wollt Ihr denn hin?»
    «Ich werde bei Joan Tyrre unterkommen. Sie wohnt zwar in einer verfallenen Hütte, aber das ist allemal besser als ein Verlies.»
    «Es ist spät. Bestimmt schläft sie schon.»
    «Nein, nein.» Nel lächelte. «Heute Nacht nicht, Dr. John. Nicht bei Sturm. Joan wird zu Hause in der Tür stehen, zum Tor hinüberspähen … und Ausschau nach dem Feenkönig und seinen Hunden halten.»
    «Ihr meint die Wilde Jagd?»
    Als ich ein Kind war, hatte mein Vater mir mit den Geschichten über die Hunde von Annwn Angst gemacht. Angeblich ritt der Feenkönig im Sturm mit seinen weißen Jagdhunden hinaus und suchte nach verlorenen

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