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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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springende Punkt bei dieser ganzen Sache zu sein:
Was genau wussten die Mönche?
Ich zerbrach mir den Kopf darüber, während ich den harten Stamm des Apfelbaums an der Schulter spürte.
    «Keine Ahnung. Nicht dasselbe wie von meiner Mutter jedenfalls. Und die Schätze waren alle längst verschwunden.»
    Ich wollte ihren Blick sehen, ihr Gesicht aber lag ganz im Dunkeln, denn sie hatte sich weiter in den Kreis aus Bäumen und Büschen zurückgezogen, weg vom forschenden Licht des Mondes.
    Der Stein in meiner Hand wand sich und pulsierte wie eine Kröte.
    Längst verschwunden.
    Ich legte einen Arm um den Baumstamm neben mir und betrachtete den Tor, der in seiner uralten Herrlichkeit vor mir aus dem dicken braunen Nebel ragte. Der Himmel drehte sich um seinen Turm. Es war nun nicht länger Nacht, aber auch nicht helllichter Tag. Eine Dunkelheit über uns, ein dunkles Pulsieren, und ich schaute auf und erblickte einen Himmel voll kreischender Krähen, und vom Hügel mühte sich ein Mann zu mir herab, der leicht hin und her schwankte.
    «Wann hat Leland …?»
    Das Flügelschlagen der Krähen überall um mich herum entriss mir die Worte. Ich wandte mich ab und bedeckte meinen Kopf schützend mit beiden Armen. Die Krähen griffen mich an, hackten nach meinen Händen, rissen Fleischfetzen heraus und suchten nach meinen Augen. Ich schrie auf und fiel vorwärts auf die feuchte Erde. Dort blieb ich lange liegen.
    Stunden vergingen, ich lag weiter auf dem fruchtbaren Boden, geboren aus toter Materie, neues Leben aus dem Verfall. Darüber dachte ich viele Stunden nach, dachte an die schreckliche Schönheit, bis ich das Schweigen um mich herum vernahm, eine schwarze Last, die ich nicht länger verleugnen konnte, ich drehte mich furchtsam auf den Rücken und erkannte über mir Martin Lythgoe.
    Er starrte erstaunt auf mich herab und hatte die Hände vor dem Bauch verschränkt, um die glänzenden Gedärme festzuhalten, die mit einem großen Schwall Blut aus ihm herausquollen.
    Ich wollte mich abwenden, konnte es aber nicht. Konnte mich nicht bewegen.
    Jetzt hatte ich die Gewissheit, dass ich es getan hatte. Ich hatte ihn umgebracht. In den Tod geschickt. Daran konnte ebenso wenig ein Zweifel bestehen wie daran, dass Cate Borrow diesen Jungen in Somerton getötet hatte … Zwillingsseelen, die Hexe und der Zauberer. Auf der Suche nach Wissen umwerben wir die Nacht.
    Schuld.
    Und versuchte mit Mitteln der Zauberei, Ihre Majestät zu meucheln oder Ihr schwer zu schaden …
    Ich rang nach Atem.
    «Ruhig»,
sagte sie.
«Ganz ruhig, John.»
    Ergreift ihn!
    Man packt meine Hände, um sie mir hinterm Rücken zusammenzubinden. Ich stehe am Pfahl, ein Eisenring um meine Brust, und in der Luft hängt jetzt der graue Rauch der Vorahnung und dann der Geruch von altem trockenem Stroh und das aufgeregte Knacken knochentrockener Zweige, mit denen man das Feuer entzündet.
    Ketzerei.
    Plötzlich beißender Rauch in meiner Kehle, und ich bekomme keine Luft mehr, kann nicht einmal husten, weil es nur noch Rauch um mich herum gibt, und ich will schreien, der Rauch erstickt mich, und dann das Knacken der Zweige und das aufgeregte Geschnatter der versammelten Menge.
    Ein schmaler Grat, Dr. John.
    Ein Zischen und Knistern, als das Stroh Feuer fängt.
    Das Wort mit S, John, das verflixte Wort mit S.
    Und jetzt Bischof Bonner in seinem Mönchsgewand mit diesem aufdringlich breiten Grinsen. Kichernd beobachtet er, wie die Kleidung zu brennen beginnt. An manchen Stellen auf der Haut schon unfassbare Hitze und aus meinen Ärmeln dünne Rauchschwaden.
    Und wie vermag die Seele diese Göttlichkeit zu erlangen?
    Durch Gebete …
    Ich flüstere es, während das schmurgelnde Fett zischt.
    … und Martyrium.
    Bonner lächelt so strahlend, dass der Feuerschein daneben verblasst, und ich schaue mir meine Hände an, eine ist rabenschwarz, die Haut rollt sich auf, die Finger sind verkohlt und blättern ab.
    Und ich schreie laut gegen das Rauschen in meinen Ohren an, das geschmolzene Wachs, doch mein Schrei löst sich nicht aus meiner Kehle, weil meine Wangen voller Rauch sind, und hinter meinen Augen brennt es, die Höhlen kochen, und schließlich finden die Funken meine Haare, wo sie einen kleinen Waldbrand auslösen, und dann ein lautes Jauchzen …
    … die hysterische Ekstase der Menschenmenge, als der Nimbus der Hölle aufflammt: Der Kopf eines Zauberers versinkt im Wahnsinn des Feuers.
    Und der Kopf wird zum Feuerball. Ganz wie die Sonne.
    Ganz wie die

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