Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman

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gekommen?»
    «Gerade eben. Ich konnte nicht schlafen.»
    «Und da wolltest du dein Unglück mit mir teilen? Wie großherzig.»
    «Nur für den Fall, dass … ich es wieder vergessen sollte.»
    «Hör schon auf», sagte Dudley. «Du weißt genau, dass du das niemals beweisen kannst, und uns beiden ist klar, weshalb du eigentlich hier bist.»
    Er quälte sich aus dem Bett, die Decke rutschte beiseite, und ich erkannte im Mondlicht, dass er vollständig bekleidet war.
    «Hol deinen Mantel, du verrückter Hund», sagte er. «Wenn es sich nun einmal partout nicht umgehen lässt, sehen wir besser zu, dass wir vor Sonnenaufgang damit fertig werden.»

    †

    Ich bitte Euch ja nicht, nur mit einem Spaten über der Schulter und einer Laterne in der Hand dorthin zu reisen,
hatte Cecil gesagt.
    Es dauerte eine Weile, bis wir einen Spaten aufgetrieben hatten. Cowdray schloss sein gutes Werkzeug wohl weg. Der einzige Spaten, dessen wir habhaft werden konnten, war alt, verrostet und sein Stiel gespalten. Falls wir nicht in eines der Außengebäude einbrechen wollten, mussten wir damit vorliebnehmen. Auf gewisse Weise war es eigentlich nur gerecht, dass wir bei unserem Unterfangen kein leichtes Spiel haben sollten.
    «Du hättest wenigstens ein paar Vorbereitungen treffen können», schimpfte Dudley.
    «Aber ich konnte doch nicht ahnen …»
    «Doch, konntest du, verdammt. Wir wussten es beide, wir haben uns nur nicht getraut, das Unaussprechliche auszusprechen.»
    Und wir schwiegen wieder, bis die letzten Häuser hinter uns lagen und der süße Duft brennender Apfelholzscheite aus der Luft verschwunden war. Bevor wir aufgebrochen waren, hatte ich noch eine Öllaterne entdeckt und sie am Feuer des Kamins entzündet. Ich hielt die Flamme klein, bis wir die Stadt verließen. Der zunehmende Mond war von Nebel verschleiert und die Luft feucht.
    Wir fanden den Zauntritt auf Anhieb.
    Dudley kletterte hinüber. Lachte.
    «Weißt du, wie viel Uhr es ist?»
    «Noch lange vor dem Morgengrauen, alles andere spielt keine Rolle. Solltest du es jedoch unbedingt genau von mir wissen wollen …» Ich sah nach dem Stand des Mondes. Man konnte nur wenige Sterne erkennen, im Süden machte ich aber dennoch den Jupiter aus. «Ich würde sagen, kurz vor Mitternacht.»
    Wenn wir uns in London befunden hätten, wäre der Nachtwächter mit seinem Stab und seinem Hund herumgegangen.
    Hört Ihr Leut und lasst Euch sagen,
    Dass die Uhr hat zwölf geschlagen,
    Löscht das Licht und schließet zu,
    Der Herrgott gönn Euch selig Ruh.
    Selig Ruh. Tröstlich. In Glastonbury gab es nur die Eulen und uns, und ich konnte nirgends etwas Tröstliches entdecken. Ich war ein Stadtmensch, ganz besonders nach Einbruch der Nacht, sogar in Mortlake …
    Wer an seiner unsterblichen Seele keinen Schaden nehmen will, soll nach Sonnenuntergang besser nicht an Eurem Haus vorbeigehen oder am Friedhof von Mortlake. Kann sein, dass sich die Gräber öffnen.
    Lieber Himmel, ein Glück, dass Jack Simm mich jetzt nicht dabei sehen konnte, wie ich auf dem besten Wege war, mich der Totenbeschwörung schuldig zu machen.
    «Gleich ist Sonntag. Darum ging es mir», sagte Dudley. «Wir werden unser kleines Vorhaben am heiligen Tag des Herrn durchführen.»
    «Richtig.»
    «Ich würde ja um Gottes Hilfe beten, aber ich fürchte, das allein wäre schon Frevel.»

    †

    Das Holzkreuz befand sich nicht genau an der Stelle, an die ich mich zu erinnern glaubte, indes kann man seinen Augen nachts auch nicht trauen. Während ich es betrachtete, überlegte ich, wie oft Nel hier wohl schon gekniet hatte. Und wie entsetzt und angeekelt sie vielleicht wäre, wenn sie wüsste, was wir hier taten.
    Der adlige Gentleman und der gemeine Zauberer.
Oh Herr, vergib mir!
    Ich wusste, dass es an mir war, den Anfang zu machen. Also setzte ich die Laterne ab, packte die Querbalken des Kreuzes und zog. Es war nicht sehr tief eingegraben und rutschte mit einem schmatzenden Geräusch aus dem Boden.
    «Ist da unten Wasser?», fragte Dudley.
    «Hier ist überall Wasser.»
    Ich legte das Kreuz neben dem Grab ab. Schaute mich um. Die Wälder, die den Kräutergarten umgaben, kamen mir vor wie der Schatten einer Armee im Moment der Stille, bevor die Schlacht beginnt. Dann hörte ich etwas. Tiere auf der Jagd, oder vielleicht doch die Geister jener Menschen, deren Knochen jüngst übers Land verteilt worden waren wie Pferdeäpfel? Ich hob den Spaten und betrachtete im öligen Licht der Laterne die