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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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gab, was Cromwell Glastonbury angetan hatte.
    Dudley stellte einen Krug Ale und zwei Humpen auf den Tisch – aus gutem Kupfer, das war mir gleich das erste Mal aufgefallen, als man sie uns serviert hatte.
    «Vielleicht kann man mehr erkennen, wenn man die Seiten herausreißt und zusammenfügt», schlug Dudley vor. «Oder greife ich damit nur nach dem letzten Strohhalm?»
    «Wenn das der Zweck des Ganzen hier gewesen wäre, hätte Leland die Seiten selbst zusammengefügt.» In Wahrheit hasste ich es einfach nur, ein Buch mutwillig zu zerstören. «Ich brauche Zeit, Robbie.»
    «
Zeit,
die du nicht hast.» Dudley leerte seinen Humpen und streckte sich dann gähnend. «Ich verstehe das nicht. Ich bin bestimmt kein Idiot, aber wie ein Mann das Land so zeichnen kann, dass man es aus der Sicht eines Vogels sieht, das verstehe ich einfach nicht.»
    «Das ist ein langwieriges und kompliziertes Verfahren, bei dem man viel laufen muss, Robbie … Du bist krank gewesen und brauchst Ruhe. Warum legst du dich nicht bis zum Sonnenaufgang hin?»
    Er sah zu mir hinunter und lächelte schief.
    «Das heißt, du willst damit jetzt allein sein, richtig?»
    «Und da sagst du, ich hätte dir nichts Nützliches beigebracht.»
    Ich lachte. Es klang wohl ein wenig traurig.
    Die Enttäuschung über das, was wir gefunden hatten, stand mir mit Sicherheit ins Gesicht geschrieben.
     
    †
     
    Als ich zwei Stunden später mit dem Kopf auf den Armen erwachte, waren drei der Talgkerzen heruntergebrannt. Ich war so unzufrieden mit mir, dass es mich krank machte. Das Holz im Kamin war nur noch rötlich schimmernde Asche, und ich musste an Nel in ihrem Verlies denken. Nur noch einen Tag, und man würde sie vor einen Richter zerren, der sie an den Galgen bringen wollte, und vor eine Jury aus selbstgerechten, frommen Heuchlern.
    Meine Kleidung war ganz steif vor getrocknetem Schlamm. Als das erste Tageslicht im Nordwesten aufflackerte, erhob ich mich und ging zum Pissen nach draußen in den Hinterhof. Dort hörte ich das erste Zwitschern der Vögel und wie Cowdray seinen Mägden Anweisungen gab. Von der Stalltür aus beobachtete mich der Esel mit gutmütigem Blick.
    Am Himmel waren noch immer der Mond und ein paar versprengte Sterne zu sehen, die letzten Reste meines Nachtgartens.
    Meines
Gartens.
    John Dee … der größte Abenteurer von allen … ein sehr gelehrter Mann mit tiefen Einsichten … ihr Merlin.
    Was für ein verwirrter Narr ich doch war. Ein Niemand ohne Ziel. Nicht mehr als ein armseliger Knochensammler.

XLIV Hure
    I ch hatte mich so gut es ging gesäubert, trug über einem alten, abgewetzten Hemd mein zweites Wams und schleppte mich in die Kirche. Da Dudley bisher noch nicht aus seinem Zimmer aufgetaucht war, ging ich allein: Dr. Dee, der Experte für das Reich des Unbekannten, überantwortet sich der Gnade jenes Gottes, dessen Wesen er in seiner unendlichen Arroganz zu ergründen suchte. Der liebeskranke Dr. Dee, von Gram gebeugt und von Sünde befleckt, hofft vergeblich auf Absolution.
    Der morgendliche Himmel hatte sich sehr schnell unheilvoll verdüstert: Eine dünne Linie lachsfarbenen Lichts am Himmel zauberte schon einen sandfarbenen Schimmer auf den langgestreckten Hügel, als die aufgehende Sonne plötzlich von dichten Wolken verhüllt wurde, die scheinbar ganz Glastonbury ersticken wollten.
    Der Anfang vom Ende der Welt, hatte der Pastor gesagt. Meine Güte, was hatte ich denn erwartet: Seelenfrieden und unumstößliches Vertrauen auf Gnade und Erlösung?
    Ich war in die weniger bedeutsame St.-Benignus-Kirche gegangen. Fyche und Carew waren sicher in der beeindruckenderen Johanniskirche. Ich wollte weder dem einen noch dem anderen begegnen.
    Die Bauern waren mit ihren Familien von den Höfen auf den Hügeln herabgekommen, und die neue Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Ich stand ganz hinten am Rand, wo es am dunkelsten war.
    Der ganze Gottesdienst war eine verdammt düstere Angelegenheit. Es gab auf dem Altar keine Kerzen, und es würde keine Kommunion abgehalten werden, damit nur ja nichts an eine Messe erinnerte, nur ja alles Mystische vermeiden! Und als dann dieser dickliche walisische Pastor predigte, hörte es sich an wie beim Jüngsten Gericht.
    «Uns wurde prophezeit, dass am Ende der Welt die Engel des Lichts und die Engel der Finsternis eine große Schlacht schlagen werden, und das Schlachtfeld dieses letzten Kampfes ist die Seele der Menschen – Eure Seele, meine Seele! In uns allen … in

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