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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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bestens geeignet war, um Artus im richtigen Alter das große himmlische Geheimnis zu enthüllen … mit anderen Worten … er hat ihm
die Runde Tafel gezeigt

    «Aber lebte Artus vor oder nach Christus? Bei Malory steht –»
    «Malory hat Geschichten erzählt, nicht über Geschichte geschrieben. Es ist völlig egal, wer zuerst da war, der Tierkreis passt in beide Versionen. Artus kommt hierher, um am heiligsten aller Orte zu sterben, Christus wurde hierher gebracht, um die Geheimnisse der Astrologie zu lernen. Josef von Arimathäa gründete die Abtei, um den großen Tierkreis zu beschützen und zu bewahren.»
    «Aber als die Abtei unterging …»
    «War dies der Beginn einer Verdunkelung. Wenn wir annehmen, dass das Geheimnis des Tierkreises nur dem Abt und einem oder zwei seiner vertrauten Mönche bekannt war … wurden diese dann wohl mit ihm zusammen hingerichtet?»
    «Hier ist es damals geschehen.» Dudley schaute über seine Schulter. «Genau hier, wo wir sitzen.»
    Ich konnte nicht anders, als mir das Leiden des Abtes in Erinnerung zu rufen. An einen Holzrost gebunden, wurde er hier herausgezerrt und gehängt. Noch bevor er tot war, schnitt man ihn herunter, um ihn auszuweiden und zu vierteilen. Ich schaute Dudley an und bemerkte, wie angespannt er wirkte. Er dachte wahrscheinlich nicht nur an den Abt, sondern auch an Martin Lythgoe.
    Keiner von beiden ruhte in Frieden.
    «Ich denke, wir können mit Sicherheit davon ausgehen, dass Fyche nicht zu den Mönchen gehörte, die in das Geheimnis eingeweiht worden waren», sagte ich. «Da er jedoch die Absicht hatte, der nächste Abt zu werden, war er vielleicht nahe genug dran, um zu wissen,
dass
es ein Geheimnis gab. Und um es zu erfahren, war er bereit, alles zu tun.»
    «Weil er dessen Macht für sich nutzen wollte?»
    «Ja, ganz genau.»
     
    †
     
    Dudley stand vor dem violettgrauen Abendhimmel und schaute auf die Stadt hinunter. Von hier konnte man alles sehen: das zerfressene Skelett der Abtei und den fischförmigen Hügel, an dessen Hang Cate Borrow begraben lag.
    «Denkst du, dass Fyche Whiting gefoltert hat?»
    «Oder er hat ihn foltern lassen.» Ich erhob mich, ging zu Dudley und sah ins Tal hinab. «Ich würde alles dafür geben, wenn ich es beweisen könnte.»
    «Selbst wenn du es könntest … das ist über zwanzig Jahre her. Damals herrschten harte Zeiten. Jeden Tag wurden Abscheulichkeiten begangen. Und die Katholiken waren noch schlimmer. Einem Katholiken weine ich keine Träne nach. Und außerdem, wer sollte Fyche jetzt anklagen? Und wofür?»
    «Es würde seinem Ruf schaden», sagte ich.
    «Damals war er aber noch ein Mönch, oder?»
    «Na und? Er stammt aus einer reichen Familie. Es sollte ihm nicht schwergefallen sein, sich bei Thomas Cromwell Gehör zu verschaffen.»
    «Hat er ihn mit dem Gerede von einem Geheimnis gelockt?»
    «Wahrscheinlich war das noch nicht einmal notwendig», sagte ich. «Cromwell war nur auf der Suche nach Beweisen für den Verrat der Abtei am König. Und wer hätte sie ihr besser unterschieben können als einer der Mönche?»
    Ich dachte an die Nacht zurück, als Nel Fyche bezichtigt hatte, dass er den Abt verraten habe, und dann …
    Es war mehr als ein einfacher Verrat.
    «Es ist wahrscheinlich», sagte ich, «dass Cromwell sich schon damit zufriedengab, nachweisen zu können, dass Whiting den Kelch versteckt hatte und dass es hochverräterische Dokumente in der Abtei gab.»
    «Fyche wollte also das Geheimnis nur für sich allein haben?»
    «Ginge es dir nicht ebenso?»
    «Ich bin mir nicht sicher, ob ich einen alten Mönch foltern würde, um es zu erfahren.»
    «Er hat eine unschuldige Frau hängen lassen und will es jetzt wieder tun.»
    «Und Lythgoe? War Lythgoe …?»
    «Ich habe wohl genug gesagt.»
    Die Wunde war noch frisch, und ich stocherte wie mit einem Messer darin herum. Wenn es jetzt noch einer Anklage gegen Fyche bedurfte …
    Wir schwiegen für ein paar Augenblicke. Sogar die Krähen waren aus dem Turm fortgeflogen. Dann entspannten sich Dudleys Schultern wieder, und er schaute dorthin, wo die Sonne untergehen würde, wenn sie denn sichtbar gewesen wäre.
    «Ist der Tor der Mittelpunkt des Sternkreises?»
    «Nein. Ich bin noch nicht genau dahintergekommen, wo er ist. Aber das werde ich noch.»
    «Was glaubst du, wie Leland es herausgefunden hat?»
    «Ich weiß es nicht», seufzte ich. «Ich glaube nicht, dass wir es je erfahren werden. Aber er besaß mehr Gespür für die Rhythmen des

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