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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Kreuz. Voller Wut.»
    «Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?»
    «Hä?»
    «Das hat Jesus am Kreuz gerufen.»
    «Ich … ich weiß es nicht.»
    «Wo geht er noch hin? Wohin seid Ihr Dr. Borrow sonst noch gefolgt?»
    «Einmal ans Meer, aber … da war ich irgendwann erschöpft. War zu weit. Bin umgekehrt. Und nachts ist er nach Meadwell raus.»
    «Wann?»
    Ein Fuß auf der Leiter.
    «Wann, Benlow?»
    «Zweimal, dreimal …» Ein verschlagener Blick. «Ich hab keine Lust mehr, Gutes zu tun. Das ist nicht gut, Mylord. Es ist eh alles Lüge.»
    «Fort», sagte Monger, als er herunterkletterte. «Er ist fort.»
    Sein Gesicht war verschwitzt, und er wirkte verwirrt. So hatte ich ihn noch nicht erlebt.
    «Matthew … er ist weg. Muss bei einem Kranken sein, ich konnte ihn jedenfalls nicht finden. Jetzt haben wir keinen Arzt.»
    Benlow rührte sich. Ein Laut entrang sich seiner Kehle. Es klang wie leiser, weit entfernter Vogelgesang.
    «Ihr hattet das schon vermutet?», fragte Monger, und ich nickte.
    «Ihr geht jetzt los und tut, was Ihr tun müsst», sagte er. «Ich säubere ihn und sorge dafür, dass er etwas weniger leidet. Ich kann einen Menschen nicht so sterben sehen.»
    «Dafür seid Ihr besser geeignet als ich.» Ich stand wegen der niedrigen Decke vorsichtig und mit gesenktem Kopf auf. «Lieber ein Pferdearzt als ein … Joe, man muss ihn aufhalten!»
    Benlows Mund stand offen, und er winkte mich mit gekrümmtem Finger zu sich.
    «Dudley», erklärte ich. «Wir müssen ihn zurückholen. Und die Knochen auch, damit wir sie wieder vergraben können. Irgendwo, wo nie wieder ein Spatenstich gesetzt wird.»
    «Dann muss jemand hinterherreiten wie der Teufel», sagte Monger. «Gebt Cowdray Bescheid. Wenn er all seine Jungs losschickt … Mit dem Karren werden sie nicht schnell vorankommen.»
    «Und sie werden auch irgendwo übernachten müssen, heute Nacht.»
    «Das gebe Gott.»
    Benlow versuchte sich aufzurichten, und Monger trat zu ihm hinüber. Der Knochensammler suchte mich mit blicklosen Augen, schaute noch immer dorthin, wo ich bis eben gestanden hatte.
    «Der …» Nur noch ein Ächzen aus seiner Kehle, keine Kraft mehr für ein Lachen. «Der hieß … nicht ohne Grund Big Jamey Hawkes, Mylord.»
     
    †
     
    Cowdray und ich beobachteten, wie die Reiter aufbrachen.
    Der Himmel war grau wie Blei, das Tageslicht erstarb, ohne je wirklich gelebt zu haben.
    Drei junge Männer ritten Dudley nun hinterher: der Stalljunge, der Küchenjunge und noch einer, vielleicht Cowdrays Sohn. Jeder von ihnen hatte einen handgeschriebenen kurzen Brief von mir an Dudley dabei. Da ich kein passendes Siegel hier hatte, war jedes Schreiben mit zwei symbolischen Augen versehen, mit denen ich einmal eine Mitteilung an die Königin unterschrieben hatte, um einen Scherz zu machen. In allen drei Briefen erklärte ich Dudley, dass ihn als Lohn nichts als der Tod erwartete, sollte er nicht sofort mit dem ungeöffneten Reliquienschrein und den Knochen umkehren. Der schrecklichste aller Tode. Schwer, es versteckt zu formulieren.
Das Grab der Liebe,
hatte ich schließlich geschrieben. Und es zweimal unterstrichen.
    «Wie hoch auch immer Eure Rechnung bisher ausfallen sollte», sagte ich jetzt zu Cowdray, «Ihr solltet sie auf jeden Fall verdoppeln.»
    Er schwieg einen Moment, dann schüttelte er den Kopf.
    «Dafür nehme ich nichts.»
    Er wusste von nichts. Konnte es nicht wissen. Aber er war ein guter Mann.
    Ich neigte den Kopf in Richtung des Tor und versuchte, meine Stimme ruhig klingen zu lassen.
    «Wo wird Nel die Nacht verbringen?»
    «Meadwell, vermute ich. Dort gab es früher einen großen Kerker, aber den brauchen sie jetzt nicht mehr. Es gibt dort ein paar Gefängniszellen. Das Haus ist fast eine Festung. Na ja … sagt man jedenfalls. Ich bin nie da gewesen.»
    «Nie?»
    «Nicht, seitdem Meadwell wiederaufgebaut wurde.»
    «Ob Carew dort ist?»
    «Höchstwahrscheinlich, ja.» Er schaute mich an und stöhnte. «Herrgott, Dr. John, Ihr braucht dringlichst Schlaf. Und Ihr habt nichts gegessen … Ich begreife nicht, wie Ihr Euch noch auf den Füßen haltet.»
    «Mir geht es gut. Ich muss sofort mit Carew sprechen.»
    Wäre besser gewesen, wenn Dudley das erledigt hätte, aber wer wusste schon, wann oder ob wir Dudley heute Nacht noch einmal wiedersehen würden. Ich erzählte Cowdray, was ich von Benlow über Stephen Fyche und den Mord an Martin Lythgoe herausgefunden hatte.
    «Das sollen alle hier erfahren,

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