Die Gebeine von Avalon

Protestant durch und durch, ein Abenteurer, aber kein Verschwörer.
    Nicht, dass ich diesen Ochsen jemals mögen würde. Aber entweder die Königin oder Cecil hatte ihm die Abtei übertragen, und es war immer noch so, dass der Herr der Abtei auch der Herr dieser armseligen Stadt war.
    Ich wollte Carew erst rufen, ging dann aber einfach auf das Haus zu, bis ich vor einer schlichten Eichentür ganz ohne Vorbau stehen blieb. Wohl kaum der Haupteingang, aber das war jetzt gleich. Ich hämmerte mit der Faust dagegen … zwei Mal.
    Keine Antwort. Im Haus war alles still.
    Ich blieb einen Moment stehen, bevor ich den Eisenring über dem Schloss drehte. Aus irgendeinem Grund ahnte ich schon, dass nicht abgeschlossen war.
     
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    Ich war zunächst zu Cowdray zurückgekehrt. Niemand wusste mehr über eine Stadt als der Wirt ihrer beliebtesten Schenke. Er sah die Leute kommen und gehen und hörte all die unbedachten Worte, die leicht über die Lippen Betrunkener kamen.
    Zuerst hatte ich die Briefe, die ich bei Borrow gefunden hatte, unter einem Balken ganz oben im Stall des Esels versteckt. Esel konnten Geheimnisse für sich behalten.
    Dann hatte ich Cowdray aus dem Schankraum gelockt, wo sich inzwischen mehr und mehr Gäste einfanden und angeregt über die bevorstehende Hinrichtung diskutierten.
    Habt Ihr den Weg nach Meadwell nicht gefunden, Dr. John?
    Ich habe ihn bisher noch nicht einmal gesucht. Uns bleibt nicht viel Zeit. Dr. Borrow – wann hat er als Kind die Stadt verlassen?
    Und so erfuhr ich von Borrows Vater, einem vermögenden Wollhändler und überzeugten Katholiken, der viel Handel in Frankreich betrieben hatte und die Mentalität dort mehr nach seinem Geschmack fand.
    Das war in den Zwanzigern, als die Reformation noch ausgeschlossen schien und Heinrich mit Katharina verheiratet war, der Witwe seines Bruders Arthur.
    Matthew kehrte später allein zurück, und zwar als studierter Arzt. Ein sehr guter Arzt, wie er schon bald bewies. Glastonbury war froh, dass es ihn hatte. Und viele der reicheren Kaufleute und Landbesitzer aus der Gegend, sagte Cowdray, hätten ihm gern ihre Töchter zur Frau gegeben.
    Doch zur Enttäuschung dieser Kaufleute und Landbesitzer und ihrer Töchter entschied er sich für eine Waise, die in der Abtei als Küchenmagd arbeitete.
    Sie war schön, das schon,
sagte Cowdray,
aber ganz offensichtlich arm wie eine Kirchenmaus. Niemand konnte es so recht fassen
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    In manchen Häusern ist es stets kälter als draußen, ganz gleich, zu welcher Jahreszeit. Ohne Mantel oder Umhang und mit leerem Magen wurde ich in der Kälte von Meadwell ganz starr.
    Keine Kerzen oder Lampen, kein Flackern von Kaminfeuer, kein Geruch nach verbrennendem Holz.
    Nur ein Flur. Ich blieb unschlüssig stehen, weil ich nicht wusste, wohin ich gehen sollte. Zugleich phantasierte sich ein närrischer Teil von mir hinunter in den Kerker, in dem es, selbstverständlich, keine Wachen geben würde und der große Schlüsselbund gut sichtbar an einem Nagel von der Wand hing.
    Und dann? Wollte ich dann Hand in Hand mit Nel Borrow flüchten? Gar gleich das Land verlassen?
    So einfach war das Leben nicht, für niemanden. Ich wandte mich nach links, weil dort aus den langen, schmalen Fenstern etwas mehr Licht hereindrang. Ich überlegte, ob ich wohl wirklich ganz allein hier war und ob ich mich bemerkbar machen sollte. Aber was, wenn dann Fyche angelaufen kam. Ich brauchte einen Bediensteten, den ich bitten konnte, Carew zu mir zu bringen.
    Der Flur endete in einem T, und ich fand mich dort vor einer Tür wieder, also öffnete ich sie einfach. Zumindest so weit es ging. Zuerst glaubte ich, jemand stemme sich von innen dagegen, doch dann hörte ich, wie etwas umfiel. Das Geräusch kannte ich.
    Bücher. Ein langer Raum voller Bücher. Der Geruch nach altem Leder und Moder.
    Allerdings war dies keine Bibliothek. Nur Bücher, keine Regale. Hohe Bücherstapel auf dem Boden. Gute Bücher in teuren Einbänden, in unfassbarer Menge. Am anderen Ende des Raumes schaute ein Fenster auf einen hoch eingemauerten Innenhof hinaus, und fast das erste Buch, das ich in dessen schwachem Licht erkennen konnte, war mir gleich vertraut.
    Euclidis Elementa Geometrica
    Grundgütiger.
    Nach ein paar Minuten entdeckte ich
Alberti Magni Minerarium
, dann Thomas von Aquins
Quaestiones Disputatae
und viele andere wissenschaftliche und philosophische Werke, die sich auch in meiner bescheidenen Sammlung in Mortlake fanden.
    Ganz