Die Gebeine von Avalon
Artus’ Gebeine ruhen.»
«Und jetzt deutet jemand an, Heinrich habe König Artus’ Ruhe gestört und sein Andenken entehrt?»
Dudley zuckte mit den Schultern.
«Und damit einen Fluch über sich und seine Nachkommen gebracht?»
«Falls der Fluch nicht schon immer auf den Tudors gelegen hat. Vor ein paar Jahren ersuchte man Maria, Glastonbury Abbey wiederaufzubauen. Obwohl sie das gern getan hätte, war das Geld dafür zu knapp. Selbst zu knapp für Gott den Herrn.»
«Also hat nun etwas – oder jemand» – ich begriff es langsam – «Elisabeth zu der Überzeugung gebracht, sie habe eine Menge gutzumachen, falls ihre Regentschaft erfolgreich verlaufen soll.»
«Oder sogar um eine echte Katastrophe zu vermeiden. Glastonbury, John – es läuft alles immer wieder auf Glastonbury hinaus. Artus und Jesus Christus, beides miteinander verknüpft. Das ist das Heiligste Herz der ganzen Angelegenheit.»
«Wer hat ihr das eingeredet, Robbie?»
«Keine Ahnung, ich jedenfalls nicht.»
«Cecil sprach von Visionen. Was hat es damit auf sich?»
Dudley schüttelte den Kopf. Ein Schatten senkte sich zwischen uns. Vor uns stand Martin Lythgoe, ein kräftiger, liebenswürdiger und ebenso geduldiger Mann.
«Mortlake, Mylord.»
Dudley seufzte.
«Lass sie im Kreis rudern, Martin!»
†
William Cecil besaß ein bemerkenswertes Talent dafür, den richtigen Mann für eine Aufgabe auszuwählen. Dudley und ich waren zwei Menschen mit völlig unterschiedlichen Gaben, die derselben Frau ergeben waren, wenn auch aus ebenfalls unterschiedlichen Gründen. Es war Dudley gewesen, der mich bei Hofe eingeführt hatte, Dudley, der mich empfohlen hatte, um den richtigen Tag für die Krönung zu errechnen.
Zwei Männer, die sich aus bitterer Erfahrung gegenseitig den Rücken frei hielten und aufeinander achtgaben.
«Gut, wann reisen wir denn nun ab?», fragte er.
«Nachdem ich mich mit der Geschichte dieser ganzen Angelegenheit besser vertraut gemacht habe. So es also wirklich an Maria herangetragen wurde, Glastonbury Abbey wiederaufzubauen, wurden dann dabei auch Artus’ Gebeine erwähnt?»
«Weiß Cecil darüber nicht Bescheid?»
Ich schüttelte den Kopf.
«Dann vielleicht Bonner», sagte Dudley. «Bist du noch mit ihm befreundet?»
«Wenn ein Mann derzeit dringend Freunde braucht, ist er es. Ein Wunder, dass er überhaupt noch am Leben ist.»
«Dafür kann er Bess danken, die – Gott segne sie – nicht dazu bereit ist, dem Scharfrichter Arbeit zu geben.»
«Bisher jedenfalls.»
Dudley schnaufte.
«Bloody Bonner. Um
seinen
Scheiterhaufen zum Brennen zu bringen, würden die Leute über eine Meile lang Schlange stehen.» Er musterte mich listig. «Da ich gerade darüber nachdenke, du bist wohl der Einzige, den er je verschont hat. Der Mann, mit dem du die Zelle geteilt hast …
der
ist verbrannt worden. Bist du da
wirklich
noch Bonners Freund?»
«Wegen meiner Sünden. Und seiner.»
«Man muss den Mut des alten Mistkerls allerdings schon bewundern. Weigert sich immer noch, die Königin als Oberhaupt der Kirche anzuerkennen, obwohl sie ihm einen Kompromiss anbietet.»
«Du meinst eine Gefängniszelle?»
«Marshalsea. Und zwar diesmal für immer, falls er seinen Tenor nicht ändert. Solltest du es also für notwendig erachten, ihm einen Besuch abzustatten, würde ich damit nicht allzu lange zögern.»
«Ja», sagte ich. «Das könnte uns durchaus weiterhelfen.» Ich beobachtete eine Möwe, die über den Resten unseres Mittagsmahls Kreise zog und uns auch weiter zu folgen schien. «Wie geht es Amy?»
«Amy geht es gut.» Dudleys Gesichtsausdruck blieb unbewegt. «Sie zieht es wie immer vor, auf dem Lande zu verweilen.»
«Wie praktisch», bemerkte ich.
Fast hätte er die Stirn in Falten gezogen. Dann schwang er die Füße aufs Deck und stand auf.
«Und was ist mit dir? Kasteist du dich noch immer?»
«Dudley, wenn ein Mann kaum genug verdient, um
sich selbst
über Wasser zu halten …»
«Die Ausrede kenne ich nun schon zur Genüge, John.»
«Und so reiten wir in die Welt», sagte ich, «und halten unsere Banner hoch –»
«Nein, nein, so beginnt man kein Abenteuer. Erst fasten wir ein paar Tage, halten bis zum Sonnenaufgang drei Vigilien und brechen dann still und voller Demut auf. Wenn überhaupt, nehmen wir nur wenige Männer mit, und bei jeder Kirche, an der wir vorbeikommen, halten wir und gehen zum Beten hinein.»
«Unwahrscheinlich, dass wir auf die Art noch vor dem Hochsommer
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