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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Zeit, Mutter. Da war der junge Edward König, Seymour sein Protektor, und das Gesetz wider die Zauberei wurde aufgehoben. Ich war –»
    «Ein Mann von tadellosem Ruf», unterbrach mich meine Mutter, «und nicht ständig Mittelpunkt von Tratsch und Gerüchten.»
    «Unbekannt», sagte ich. «Zu dieser Zeit war ich einfach noch nicht so bekannt, das ist der Unterschied.»
    Der Grad zwischen berühmt und berüchtigt ist von jeher schmal gewesen.
    Aber ich konnte nicht leugnen, dass die achtzig Pfund im Jahr von der Kirche in Upton sehr nützlich gewesen waren. Dennoch, ich war kein Seelsorger. Allein der Gedanke, für der Menschen Seelenheil verantwortlich zu sein, erfüllte mich mit Schrecken.
    «Ich verstehe dich nicht mehr», klagte meine Mutter verzweifelt. «Ich verstehe die Dinge nicht mehr, die du tust.»
    «Ich studiere. Sammle Wissen. Kalkuliere.»
    Ich konnte ihre Reaktion darauf nicht sehen, kannte sie aber auch so. Ich musste mir mehr Mühe geben. «Ich studiere die Mathematik», führte ich aus und schlug mein Buch zu. «Ich werde universelle Strukturen gewahr, deren Ordnung nach meinem Gefühl sich mit unserem innersten Wesen in Einklang bringen lässt. Und die uns erlauben … die Dinge zu verändern. Ich hoffe darauf, eines Tages zu begreifen, warum wir hier auf Erden weilen. Darauf, einen kleinen Teil von Gottes Plan zu erahnen –»
    «Und was habe
ich
davon? Wer
bezahlt
dich denn dafür, dass du diesen Dingen nachforschst?»
    Ich schloss die Augen. Sie hatte recht. Schon oft hatte die Königin angedeutet, meine Stellung zu einer Anstellung machen zu wollen, allein geschehen war es nie. Weder hatte ich ein Einkommen, noch gab man mir einen Titel. Nicht einmal ein neues Pfarramt wurde mir angeboten. Andere Männer wurden schon für geringere Verdienste als meine Arbeit zur Navigation in den Adelsstand erhoben, erhielten die Würde eines Peers oder Grundbesitz, während ich noch immer ein einfacher Bürger war.
    Andererseits, wer adelt schon einen Zauberer?
    Ich sollte nicht verbittert sein. Was ist ein Titel schon wert? Er gibt deinem Namen einen Klang in der Welt, nach dem es mich nicht gelüstet. Ich wünsche nur in Ruhe gelassen zu werden, damit ich mich meinen Studien widmen kann. Und doch muss ich zugeben, dass es angenehm wäre, von allen Geldsorgen befreit zu sein.
    «Bitte richte dem Staatssekretär meinen Dank für seine Sorge um mich aus», sagte meine Mutter. «Aber versichere ihm, dass ich hier sehr gut zurechtkommen werde.»
    «Das meinst du doch gar nicht ernst. Du sagtest gerade –»
    «Ich habe noch niemals
ganz
ohne Bedienstete gelebt. Natürlich ahnte ich nicht, dass du so lange unverheiratet bleiben würdest, und glaubte immer, dass deine Frau –»
    «Mutter –»
    «Aber … vielleicht ändern sich die Umstände ja … wenn du nicht mehr hier bist.»
    «Ja», sagte ich leise. «Vielleicht.»
    Das flackernde Kerzenlicht wurde von meinen gemalten Karten der Gestirne reflektiert, spiegelte sich in meinem Stundenglas, erweckte die Augen meiner Eule zum Leben. Ich fühlte mich wie ein Mann, der über einem Abgrund hing und sich an einen Baum von höchst kümmerlichem Wuchs klammerte. Keine gesicherten Umstände, keine Frau, keine Geschwister. Überhaupt keine Familie, außer meiner armen Mutter, die sich nichts sehnlicher wünschte, als dass ich nur ein ganz normaler geachteter Mensch wäre.
    «Bleib nicht so lange auf», sagte sie. «Du bist auch nicht mehr ganz jung.»
     
    †
     
    Die Katzen. Vielleicht waren sie es gewesen, die das Rascheln in den Regalen verursacht hatten. Die Katzen liebten es, in der Bibliothek herumzustreunen, während ich darin arbeitete. Oder es war das Rätsel um Artus, das nach mir rief und gelöst werden wollte. Ich seufzte, legte meine kosmologischen Bücher und Manuskripte beiseite und öffnete erneut die gesammelten Schriften von Giraldus Cambrensis.
    Gerald von Wales war ein geschätzter Chronist, der vielerlei Reisen auf diesen Inseln unternommen hatte, stets bestrebt, das, was er dabei vorfand, so genau wie möglich zu beschreiben. Sein Bericht war so reich an Einzelheiten, dass man fast den Eindruck gewann, er sei höchstpersönlich dabei gewesen, als im Jahre 1191 in Glastonbury die Gebeine von Artus entdeckt wurden.
    Wie uns der Abt nun zeigte, reichte der Oberschenkelknochen, wenn man ihn zum Vergleiche neben den größten Mann stellte, der zugegen war, drei Fingerbreit über dessen Knie hinaus. Und der Schädel war von erstaunlicher

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