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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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zurzeit nur schwerlich gerecht werden, so gern ich dies auch wollte. Wenn es je einem Menschen gelungen ist, mit den Sphären der Engel in Kontakt zu treten, dann war es sicherlich Merlin. War der Vergleich nur eine absurde Schmeichelei von Cecil gewesen oder eher ein Ausdruck feiner Ironie? Denn hatte sich nicht der Italiener Polydore Vergil vor annähernd fünfundzwanzig Jahren über Geoffrey von Monmouth lustig gemacht und ihn geradezu beschuldigt, sich die ganze Artussage nur ausgedacht zu haben?
    Ich wandte mich moderneren Werken zu. John Leland, dem umherreisenden Altertumsforscher, war von Thomas Cromwell aufgetragen worden, Englands alte Schätze zu katalogisieren. Am Ende hatte er sich jedoch mehr mit Kartographie beschäftigt. Während der Regentschaft Heinrichs VIII . war er für eine Weile in Glastonbury gewesen. Ich hatte vor einiger Zeit bereits alle Bände von Lelands
Reisejahre
gelesen, damals aber kein übermäßiges Interesse für diesen abgelegenen Ort entwickelt und musste daher übersehen haben, was mich nun wie ein Blitzschlag traf.
    Vor einigen Jahren weilte ich in Glastonbury in Somerset, wo das älteste und zugleich wohl auch das berühmteste Kloster unserer ganzen Insel beheimatet ist. Meine Absicht war es, dank der mir erwiesenen Gastfreundschaft des Abts Richard Whiting meinen von ausgiebigen Studien erschöpften Geist zu erholen, als mich das brennende Verlangen zu lesen und zu lernen erneut ergriff …
    Meine Handflächen wurden feucht wie alchemistischer Tau, denn dieses Verlangen war mir wohlbekannt.
    Ohne Umwege begab ich mich in die Bibliothek, welche nicht jedem zugänglich ist, zur fleißigsten Begutachtung der darin enthaltenen allerheiligsten Relikte …
    Leland. Meine Güte, wie konnte ich das nur vergessen haben?
    Kaum dass ich die Schwelle überquert hatte, befiel meinen Verstand allein beim Anblick der uralten Bücher eine Art ehrfürchtiger Taumel und ließ mich innehalten …
    Und da waren sie alle. Geoffrey von Monmouths
Leben des Merlin
, Aufzeichnungen über St. Patrick, von dem die Legende erzählt, er habe eine Zeit in Glastonbury geweilt. Wäre Leland nicht schon seit mindestens sieben Jahren tot gewesen, ich hätte ihn auf der Stelle ausfindig gemacht, denn ich wusste um seine Faszination für alles, was mit Artus zusammenhing, ebenso wie um seine Leidenschaft für Astrologie und Alchemie, die ich ja beide zu meiner Berufung gemacht hatte. Natürlich, es war nur logisch, dass sich im ältesten und reichsten aller Klöster unvergleichliche Bestände finden würden, die die Weisheiten von Jahrhunderten enthielten.
    Ehrfürchtiger Taumel
. Bei Gott, dieses Gefühl war mir nur allzu bekannt, und auch das nahezu wollüstige Prickeln, das damit einherging. Was, wenn Teile dieser Bibliothek dort noch immer erhalten waren?
    Ein weiterer Grund, neben den Gebeinen Artus’, sich dorthin aufzumachen.
    Ich beruhigte meinen Herzschlag, indem ich gleichmäßig atmete, und legte den Kopf auf meinen Arm, der auf dem Pult vor mir ruhte. Eine freudvolle Ruhe überkam meine Gedanken, während ich entschieden darüber hinwegsah, dass John Leland schon einige Jahre vor seinem Tod verrückt gewesen war.
     
    †
     
    Eine Schleiereule schrie nahe beim Fenster. Ich erhob mein Haupt, und für einen Moment schien es mir, als läge ein Hauch von Sommerrosen in der Luft.
    Eine der Kerzen tropfte.
    Ich musste auf dem Pult eingeschlafen sein.
    Und geträumt haben. Seit einiger Zeit schrieb ich meine Träume auf, um Jahre später überprüfen zu können, ob sie Vorhersagen enthalten hatten, welche Muster sie offenbarten.
    Diesen Traum indes würde ich nicht niederschreiben, denn er handelte von Catherine Meadows mit ihrem wunderschönen blonden Haar; wie sie nackt in meinen Armen auf ihrer Pritsche lag, und als ich ihr sanft das Haar aus dem Gesicht strich, verwandelte sie sich in …
    Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich in die schwache Flamme, entsetzt über den Druck, den ich in meinen Hosen verspürte. Gütiger Gott … in all ihrer Erhabenheit in
meinen
Armen? Was hatten zwei Stunden in der gefährlichen Gesellschaft von Robert Dudley nur aus mir gemacht?
    Ich schüttelte mich, versuchte zu lächeln und entschied, dass sich die Frau in meinen Träumen nur aus dem Grunde in die Königin verwandelt hatte, weil von allen Frauen die Königin für jemanden wie mich am unerreichbarsten war. So unerreichbar wie Guinevere für Merlin. In meinem bedauernswerten Zustand war es also am

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