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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Aberglaube – Zauberformeln und Talismane und was weiß ich noch alles – hätte sich nicht haltlos in der Bevölkerung ausgebreitet, seit wir damit aufgehört haben, die Leute dafür auf den Scheiterhaufen zu schicken? Seit die kleine Bess beschlossen hat, jeden auf seine Art selig werden zu lassen?»
    «Ned, das ist einfach –»
    «Nichts weniger als die ungeschminkte Wahrheit! Ich kann nicht fassen, dass ein Mann von deinen bemerkenswerten Fähigkeiten das nicht sieht. Wir sind überall davon umgeben, John. Das heißt natürlich nicht, dass es dem einfachen Volk keine Angst macht … aber das ist eben Teil der Faszination, die vom Okkulten ausgeht. Daher ist alles schädlich, was die Königin mit diesen Künsten in Verbindung bringt – Wachsfiguren, was auch immer. Und deshalb sollte sie sich besser auch nicht in diese Feenmärchen um Artus verstricken. Sag ihr das!»
    «Dazu lässt man mir keine Gelegenheit.»
    «Natürlich» – Bonner strahlte – «sollte sie sich
auch
von deinesgleichen fernhalten.»
    «Hm.» Mir reichte es jetzt. «Hat der französische Hof nicht auch einen Gelehrten für Fragen, die sich mit dem Reich des Unsichtbaren beschäftigen?»
    «Wen? Nostradamus? Guter Katholik und ein Prophet in der Tradition des Alten Testaments. Die Franzosen haben höchste Ehrfurcht vor ihm und jedem seiner Worte – wie vor Propheten überhaupt, nachdem der frühe Tod ihres letzten Königs derart genau angekündigt wurde.»
    Ich war Nostradamus nie begegnet. Von Beruf Arzt, schien sein Ruhm als Prophet sich vor allem darauf zu gründen, dass der französische Hof ihn protegierte und er seine Voraussagen in angeberisch formulierte Verse kleidete. Obwohl er die Astrologie stümperhaft ausübte, verfolgte ich dennoch sein Wirken und hatte einige Almanache und Manuskripte von ihm in meiner Bibliothek. Ich hatte sie günstig in Louvain erstanden, wo man in akademischen Kreisen verachtungsvoll auf den Mann herabschaute.
    Bonner lehnte sich zurück. Er wirkte ausgesprochen zufrieden.
    «Weißt du, John … ich habe vor, den Kerker zu genießen. Der rechte Ort, um Gott in langen Gebeten für all jene meiner Taten um Verzeihung zu bitten, die sündhaft waren. Gebet und Stille. Und Genügsamkeit.»
    «Genügsamkeit?»
    Ich hob den Becher vom Tisch und roch daran. Ich war kein Experte für teure Weine.
    «Ein Rat von mir, John. Lass Artus’ Gebeine ruhen. Sie haben schon immer nichts als Ärger eingebracht.»
    «Mir bleibt in der Sache keine Wahl, fürchte ich.»
    «Und was Glastonbury angeht – wie ich höre, geht es dort zu wie im Tollhaus, seitdem die Abtei nicht mehr existiert.»
    Der Spiegel klapperte auf der Truhe, als Bischof Bonner wieder in lautes Gelächter ausbrach … es klang wie das Prasseln von trockenem Holz im Feuer.

IX In den Dienst berufen
    A m Abend desselben Tages erhielt ich eine weitere Warnung. Eine, die mir nicht wenig Kopfzerbrechen bereiten sollte.
    Noch am Nachmittag hatte ich erneut Jack Simm aufgesucht, um ihn zu bitten, ob er und Goodwife Faldo während meiner Abwesenheit ein Auge auf meine Mutter haben könnten. Er legte den Finger an die Lippen, deutete ins Innere des Hauses zu seiner Frau und führte mich dann von der Türe weg. Bis zum Waldrand, in dem nun zögerlich die ersten Weidenkätzchen grünten.
    «Wie lange werdet Ihr fortbleiben, Doktor?»
    «Drei Wochen? Vier? Verlieren wir langsam den Verstand, Jack? Meine Mutter meint, ein paar Leute aus dem Dorf sehen uns merkwürdig an, und du sagst, es gibt Gerüchte, dass ich ein Totenbeschwörer sei. Bin ich denn wirklich …?»
    «Ach was, Ihr seid nur etwas zu schlau geraten, und das schadet Euch hier. Wir leiden alle unter diesen Zeiten. Überall nur Verschwörungen.»
    «Und sogar Menschen, die sich an meinem Ruf zu bereichern suchen.» Ich erzählte ihm von meinem Erlebnis mit dem Pamphlethändler. «Wusstet Ihr davon?»
    «Nein, aber mit so was musste man ja rechnen. Es gibt eine große Nachfrage nach Prophezeiungen, auch wenn das heutzutage gegen das Gesetz verstößt. Sogar Astrologie ist doch verboten, wenn man damit die Zukunft der Königin vorhersagt, stimmt das nicht?»
    «Ja, das kann als Hochverrat ausgelegt werden.»
    «Außer natürlich, Ihr erstellt das Horoskop.»
    «So will es scheinen.»
    «Ein schmaler Grat, Dr. John.»
    «Ich weiß.»
    Ich lehnte mich gegen den knorrigen Stamm einer alten Eiche. In meiner Vorstellung vermischte sich das Bild des pfauenfedergeschmückten Pamphletverkäufers mit

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