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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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manchmal über Generationen fremd, und so richtete ich mich auf ein langatmiges und belangloses Vorgeplänkel ein.
    «Auch abgesehen von seinen romantischen Abenteuern», sagte Blanche Parry, «halten manche Leute Dudley für einen gottlosen Menschen.»
    «Was?»
    «Wegen seines Interesses an der Sternenkunde und Ähnlichem. Und … wegen der Freunde, mit denen er sich umgibt.»
    «Verstehe», sagte ich. «Ihr meint mich. Lieber Himmel, Blanche … leben wir denn jetzt nicht in aufgeklärteren Zeiten? Meine Studien stehen in der Tradition von Pythagoras, Platon und Hermes Trismegistos … Allesamt große Wissenschaftler.»
    «Und Heiden.»
    «Ach, um Him–»
    «Augenblick!» Blanche hob eine Hand, die kleinen Finger breit gespreizt. «Behaupten nicht manche Katholiken, dass schon die protestantische Kirche an sich eine Form des Heidentums ist?»
    «Ja, durchaus, die gibt es, aber das ist lediglich –»
    «Die Königin … die Königin, wie Ihr wisst, sucht, nun, vielleicht nicht unbedingt einen Mittelweg zwischen beiden Glaubensauffassungen, aber doch eine Möglichkeit, die Lage zu beruhigen, sodass ein jeder Gott auf seine Art ehren kann. Zumindest solange er dies mit seinem Schöpfer selbst ausmacht und gewisse Grenzen dabei nicht überschreitet.»
    Eine graue Wolke verwandelte die Themse in den mythischen Styx, und mich verließ langsam die Geduld.
    «Mistress Blanche, Ihr seid mit Sicherheit nicht hergekommen, um das berühmte Gebäck meiner Mutter zu kosten. Was habt Ihr mir zu sagen, das Cecil in unserem Gespräch nicht bereits erwähnt hätte?»
    «Ich …» Zum ersten Mal wirkte meine Cousine unsicher. «… ich wollte Euch bitten, nicht nur Sir William Cecil aus Somerset Bericht zu erstatten, sondern auch mir. Wegen der schwierigen Position, in der sich die Königin befindet, und auch um unserer Verwandtschaft willen.»
    Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich überlegte gerade, wie ich darauf antworten sollte, ohne das Wörtchen
Warum
zu verwenden, als sie auch schon weitersprach. Ihre Waliser Natur brach sich nun Bahn, und es sprudelte nur so aus ihr heraus wie das Wasser aus der Quelle eines Bergbachs.
    «… weil Sir William ein Pragmatiker ist, der sich bei politischen Entscheidungen niemals von seinem Glauben beeinflussen lassen würde. Das wisst Ihr ebenso gut wie alle anderen. Die Königin aber quält sich unablässig damit, was in den Augen des Herrn richtig oder falsch sein mag. Sie fühlt sich nicht nur dem Erbe ihres Vaters und seinen Wünschen verantwortlich, sondern auch ihren Untertanen, die sie, Männer wie Frauen, liebt, als wären es ihre eigenen Kinder.»
    «Ja.»
    Tatsächlich trafen hier diffizile Interessen und Fragen aufeinander, die keinem Monarchen je zuvor die geringste Beachtung abgerungen hätten. Es stimmte, wir bewegten uns tatsächlich auf erleuchtetere Zeiten zu, wenn auch langsamer, als ich mir dies gewünscht hätte. Und es stimmte ebenfalls, dass die Königin entschlossen war, dazu beizutragen, indes …
    «Mistress Blanche.» Ich musste der guten Frau nun doch auf halbem Wege entgegenkommen. «Lasst mich das Dilemma in Worte kleiden. Die Frage der Abstammung von Artus ist heutzutage eine weitaus schwierigere als zu Zeiten des Großvaters der Königin …»
    «Als es nur eine Kirche gab», ergänzte sie.
    «Die Wurzeln der Legenden von König Artus reichen weit zurück. Ja, wahrscheinlich sogar bis in vorchristliche Zeit. Ist es das, worum es Euch geht?»
    «Eure und meine Familie», antwortete sie, «stammt seit Generationen aus Wales, wo die alten Barden Lieder über Artus’ Taten sangen, die Malorys Leser in der Tat schockieren würden. Ferner galten die Grundfesten der christlichen Religion während der Regentschaft von Heinrich Tudor nicht als verhandelbar oder als Auslegungsfrage eines jeden Gläubigen – ganz im Gegensatz zur heutigen Zeit.»
    Was für Cecil wirklich keine Rolle spielte, sofern dieser Umstand nicht etwa zu einem Zusammenbruch der Staatsfinanzen führte. Es ging Blanche offensichtlich um etwas Privateres. Etwas, das nicht aus den Gemächern der Königin herausdrang. Ich wartete. Es schien, als kämen wir nun zum Punkt.
    «Es erreichen uns Gerüchte aus dem Ausland», sagte Blanche.
    «Was wäre daran neu?»
    «Die Königin hat lange Gespräche mit Sir Nicholas Throckmorton geführt, dem Botschafter in Paris.»
    «Worüber?»
    Blanche schwieg. Ich vermutete, dass sie es nicht wusste. Und es gab nicht viel, was Blanche nicht wusste, wenn es um

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