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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Heimlichkeit aus der Abtei geschafft und versteckt worden waren. Bücher, die Leland gesehen hatte und die ihn in einen Zustand
ehrfürchtigen Taumels
versetzt hatten. Allerdings war es höchst unwahrscheinlich, dass sie irgendwo in der Anlage des Klosters selbst verborgen lagen.
    Also überlegte ich nicht lange, ob ich mich Dudley anschließen sollte. Er brauchte mich nicht, außerdem fror ich, und mein ganzer Körper schmerzte von dem langen Ritt. John Dee, der Magier, kehrte unter seine klammen Decken zurück.
    Wie stets blieb ich ein Beobachter, durch meine Studien und meine Gelehrsamkeit vom wahren Leben getrennt.
    Wahrscheinlich lag es an meiner Müdigkeit, dass mir das plötzlich aufkommende Grauen so greifbar erschien, als befände sich noch jemand anderes in meiner Kammer.

XI Delirium
    E s war schon hell, als ich von schweren Schritten auf dem Flur und Gepolter gegen meine Tür erwachte. Bevor ich noch etwas rufen konnte, wurde die Tür aufgestoßen, und Dudleys Gefolgsmann Martin Lythgoe stand im Zimmer, das Gesicht vor Sorge verzerrt.
    «Doktor», bat er, «könnt Ihr wohl gleich mitkommen? Mein Herr …»
    «Was?»
    «Er ist schwer krank, Sir.»
    Ich rollte mich aus dem Bett, vergaß dabei, wie hoch es war, und fiel ungeschickt auf die Knie. Schaute vom Fußboden zum strohblonden Martin Lythgoe auf.
    «Krank?»
    «Fieber. Er schwitzt und wirft sich im Bett hin und her.»
    Das kam nicht sonderlich überraschend. War es letzte Nacht nicht schon offensichtlich gewesen, dass sich Übles anbahnte?
    «Habt Ihr nach einem Arzt geschickt?»
    «Aber ich dachte,
Ihr …
»
    Die Hände in den Hüften stand er da und musterte mich, als wollte er fragen, wozu ich denn überhaupt gut sei, falls ich nichts von Heilkunst verstand.
    «Nein.» Ich griff nach meinem alten braunen Rock. «Ich bin kein … das heißt, ich habe meinen Doktor nur auf dem Gebiet der …»
    Auf dem Gebiet der Rechtskunde gemacht, für die, die es unbedingt genau wissen wollen. Noch eine Wissenschaft, in der ich mich versucht habe. Ich seufzte.
    «Ich komme schon …»
    Dudleys Zimmer lag auf dem schmalen Flur genau gegenüber von meinem. Es war geräumiger, hatte auch ein größeres Fenster, das ebenfalls mit Buntglas versetzt war und rot-violettes Licht hereinsickern ließ.
    Er lag nicht in seinem Bett, sondern saß zusammengekrümmt auf der Kante. Dabei war er in Decken gehüllt wie ein schwitzendes Pferd, das feuchte Haar klebte ihm an der Stirn.
    «John.»
    Kaum mehr als ein Flüstern. Zu seinen Füßen stand der Nachttopf. Ein heftiges Zittern ergriff ihn, und als er mich ansah, spiegelte sich die Angst in seinem Blick.
    «Leg dich hin», sagte ich.
    «Lass Lythgoe die Pferde satteln, John. Wenn ich denn nun wirklich sterben muss, wird das verdammt noch mal nicht hier passieren.»
    «Du brauchst kein Pferd, weil du dich hier nicht wegbewegen wirst, Robbie, außer zum nächsten …»
    Ich trat einen Schritt zurück. Er hatte sich über den leeren Nachttopf gebeugt und würgte. Dabei hielt er sich die Hände an die Schläfen und schaute durch die Finger zu mir auf.
    «Beim Hemd des Herrn, John, unsere Mission ist wohl verflucht!»
    Er fiel zurück ins Bett, lehnte sich zusammengekrümmt gegen die Kissen, und sein Gesicht glänzte vor Schweiß. Von der Tür aus flehte mich Martin Lythgoe stumm an. Noch nie, vermutete ich, hatte er seinen Herren so schwach erlebt.
    Und so wahr mir Gott helfe, ich wusste nicht, was ich dagegen tun sollte.
    Wie ich selbst war Dudley im Zeichen des Krebses geboren – ein Sternzeichen, das mit dem Element des Wassers verbunden und folglich dem Mond unterworfen ist. Wenn ich meine Tabellen griffbereit gehabt hätte und genügend Zeit, ich hätte fraglos errechnen können, wie sich dieser planetare Aspekt auf die Organe und seine Körpersäfte auswirkte. Und wäre Jack Simm zugegen gewesen, hätten wir gemeinsam sicherlich ein Heilmittel gefunden. Nicht zum ersten Mal wünschte ich, ich wäre ein Doktor der
Medizin.
    «Wann hat es angefangen?»
    «Wa…?»
    «Ich habe dich heute Nacht nach draußen gehen sehen.»
    «Konnte nicht schlafen.» Dudley bäumte sich auf, als könnte er die Krankheit allein durch pure Willenskraft in ihre Schranken weisen. «Meine Nase war zu, ich konnte kaum atmen. Dachte, es wäre nur eine simple Erkältung. Da brauchte ich Frischluft.»
    Was alles nur noch schlimmer gemacht hatte. Sein Blut hatte sich verkühlt.
    «Wütet in dieser Stadt die Pest, John? Du kannst es mir ruhig

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