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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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wir», antwortete Cowdray sanft, schien aber nicht allzu besorgt. «Wie immer.»
    «Vor gut zwanzig Jahren ist die Abtei den schmierigen Fingern korrupter Mönche entrissen worden», erklärte Carew. «Nachdem heutzutage alles seinen geregelten Gang geht, hat der Geheime Rat beschlossen, dass es an der Zeit wäre, sich darum zu kümmern, was von damals noch übrig ist.»
    «Die Mönche sind schon lange fort.»
    «Und das ist auch verdammt gut so. Allesamt?»
    «Na ja … überwiegend sind sie aus der Stadt fortgezogen. Bekamen eine gute Pension, an die fünf Pfund im Jahr.»
    «Und was treiben sie heute?»
    «Einer wurde Hufschmied. Er arbeitet auch manchmal für uns.»
    «Ein anständigeres Leben, so viel ist sicher», bemerkte Carew.
    «Und heiraten kann man auch.»
    «Das ist der Nachteil daran.»
    Carew blickte zu Dudley, der aber keine Reaktion zeigte. Ich war davon ausgegangen, dass Dudley aus Liebe geheiratet hatte, aber mein Freund war ja berühmt dafür, dass sein Herz viele Zimmer hatte.
    «Meint Ihr, eine Unterhaltung mit dem Hufschmied würde sich lohnen, Master Roberts?», sagte Carew.
    «Oh ja.» Dudley schüttelte sich. «Ganz ohne Zweifel.»
    Seine gezwirbelten Bartspitzen waren gestutzt worden, und sein Wams hatte die Farbe eines brackigen Weihers. Als Master Roberts musste seine Kleidung natürlich angemessen bescheiden und schlicht sein, und offenbar ließ ihn das auch anders auftreten. Selbst seine Annäherungsversuche bei dem Zimmermädchen am Vorabend waren nur halbherzig ausgefallen. Er seufzte, richtete sich auf und trank einen Schluck Bier.
    «Das schmeckt … nicht übel.»
    «Es wird nach einer Rezeptur der flämischen Weber gebraut», erklärte Cowdray. «Brave Leute, alles in allem. Manch einer behauptet, sie hätten die Wollkämmer-Seuche eingeschleppt, aber die gab’s hier weiß Gott auch schon vorher.»
    «Greift sie zurzeit um sich?», wollte Carew wissen.
    «Ein paar Tote. Aber das fällt uns wahrscheinlich nur auf, weil hier jetzt wieder alle von der Schafzucht leben. Die Leute haben natürlich Angst vor dem schwarzen Schorf, aber eben noch mehr vorm Verhungern.»
    «Master Cowdray, wir haben gehört, dass von den Mönchen bestimmte Dinge aus der Abtei weggeschafft wurden», ergriff Dudley das Wort. «Damit meine ich nichts, was man auf den ersten Blick für wertvoll halten würde … sondern zum Beispiel bestimmte Dokumente, von denen Dr. D– Dr. John Kenntnis hat. Und auch Reliquien.»
    Carew drehte kleine steife Zöpfe in seinen langen schwarzen Bart. «So mancher Heilige und so mancher König ist doch in den tausend oder mehr Jahren in der Abtei begraben worden. Das erzählt ihr hier jedenfalls den Pilgern.»
    «Das entspricht auch der Wahrheit», antwortete Cowdray ihm. «Und so manche ihrer Reliquien wurde von des Königs Männern fortgebracht.»
    «Meiner Kenntnis nach», warf Dudley ein, «wurde einiges rechtzeitig beiseitegeschafft, weil die Mönche ahnten, dass das Kloster aufgelöst werden würde. Es war ja wahrlich nicht das erste damals, und man wusste, dass sich dunkle Wolken zusammenbrauten. Man sah den Sturm am Horizont aufziehen.»
    Cowdray wirkte zum ersten Mal unsicher. Carew hatte den Kopf geneigt und beobachtete ihn. Sir Peter war von Cecil einbestellt und unter dem Siegel der Verschwiegenheit darüber unterrichtet worden, wonach wir in Glastonbury suchten. Ich war mir nicht ganz sicher, ob er das nicht schon vorher gewusst hatte.
    Der Gastwirt ließ die Schultern hängen. «Es sind harte Zeiten für die Stadt. Für jeden von uns. Aus purer Verzweiflung sind deshalb ein paar hässliche Sachen geschehen.»
    «Eine Stadt, die durch Aberglaube und Götzendienst statt mit ehrlicher Arbeit reich geworden ist, darf kaum Mitleid erwarten», entgegnete Carew. «Was meint Ihr mit den hässlichen Sachen?»
    «Es wurde gestohlen. Steine und Blei vor allem. Glas.»
    «Und?»
    «Und … mehr nicht. Das, was noch
übrig
geblieben war. Man hatte uns zu verstehen gegeben, dass sie ein Auge zudrücken würden …»
    Gewiss. Es schien nur opportun, die Einheimischen damit zu bestechen, dass sie sich ebenfalls bedienen durften, nachdem alle nennenswerten Schätze an die Krone überstellt worden waren. So schritt die endgültige Zerstörung der Abtei dank ihrer Mithilfe um so schneller voran.
    «Ich habe gehört, dass nicht wenige Häuser aus den Steinen der Abtei erbaut wurden», warf ich ein.
    «Es war eher so, dass bereits bestehende Häuser damit repariert wurden»,

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