Die Gebeine von Zora
paffte an seiner Zigarre. »Und was, wenn ich fragen darf, ist das Fach des gelehrten Doktors?«
»Er studiert Lebensformen, die einstmals Eure Welt bevölkerten, heute jedoch nicht mehr existieren.«
Kubanans Geruchsantennen richteten sich auf. »Wenn sie nicht mehr existieren, wie kann er sie dann studieren?«
Reith räusperte sich. »Doktor Marot gräbt die Gebeine dieser seit langem ausgestorbenen Tiere aus.«
»Interessant, wiewohl es mich kein sonderlich gewinnbringendes Geschäft deucht. Wir haben ein paar solche Gebeine in unserem kleinen Museum. Wenn unser Gast sie besichtigen möchte …«
Reith übersetzte Marot Kubanans Vorschlag. »Ein Museum?« rief Marot, dessen Interesse sofort erwacht war. »Mais, c’est la civilisation, donc! Bitte sag Sir Kubanan, dass es mir ein Vergnügen sein wird.«
Nachdem Reith Marots Antwort übersetzt hatte, fragte er: »Sagt, ist vielleicht vor ein paar Tagen ein anderer Terraner in der Stadt gewesen, der weiter nach Chilihagh wollte?«
»Mich dünkt, ich habe von einem solchen gehört. Er wollte Proviant und Ausrüstung kaufen. Da er einen harmlosen Eindruck machte, hinderten wir ihn nicht daran. Was wisst Ihr mir über diesen Wicht zu sagen?«
»Er ist ein Gelehrter desselben Faches wie Doktor Marot. Harte er Begleiter?«
»Das weiß ich nicht. Warum interessiert Ihr Euch so sehr für diesen – hieß er nicht Fost?«
»Foltz, mein Herr. Mein Klient und Foltz sind Kollegen und – in gewisser Hinsicht – auch Rivalen.«
»Nun, ich vertraue darauf, dass Ihr dafür Sorge tragt, dass jedwelcher Zwist zwischen den beiden außerhalb der Grenzen der Republik ausgetragen wird.«
»Herr«, erwiderte Reith, »jeglicher Hader zwischen Foltz und Marot würde nicht mit Schwert oder Armbrust ausgefochten werden, sondern mit der Veröffentlichung gelehrter Schriften, in welchen jeder den anderen der Ungenauigkeit und der Schlampigkeit zeihen würde.«
»Eine langweilige Art, einen Strauß auszufechten«, sagte Kubanan. »Man könnte dafür kaum Eintritt verlangen. Nun, da ich nachgedacht habe, entsinne ich mich eines anderen Faktums im Zusammenhang mit Meister Feist. Er kam als Mensch verkleidet, mit gefärbtem Haar, falschen Antennen und zivilisierter Kleidung, so wie alle ihr Ertsuma bis vor einigen Jahren noch bei uns aufzutreten pflegtet. Dies schien mir eine kluge Maßnahme, da Chilihagh eine abgelegene, noch recht unzivilisierte Region ist, an Terraner nicht gewöhnt. Wollt auch Ihr Euch einer solchen Maskerade bedienen?«
»Wir hatten die Absicht«, erklärte Reith, »doch verloren wir die Hälfte unseres Gepäcks an die Koloftuma. Gibt es hier jemanden, der derlei Kosmetika feilbietet?«
»Leider nicht. Ihr müsstet dazu schon nach Majbur schicken.«
»Dann müssen wir eben auf unsere bloßen Terranergesichter vertrauen. Übrigens, wisst Ihr zufällig etwas von einem anderen Ertsu, Esteban Surkow geheißen, welcher ebenfalls auf dem Wege nach Chilihagh war und seither verschollen ist?«
»Nur, dass er vor einigen Monden durch Mishe kam. Euer Comandante hat den Großmeister schriftlich ersucht, Nachforschungen anzustellen, aber wir vermochten auch nicht mehr herauszufinden als das, was ich Euch gesagt habe. Und nun, meine Herren …«
»Wollen wir uns nicht das Museum anschauen, bevor wir zum Gasthof zurückkehren?« schlug Marot vor.
»Verschwinden wir lieber auf dem schnellsten Weg aus der Zitadelle. Oder willst du, dass wir Khabur über den Weg laufen?«
»Oh, Fergus, bitte, bitte! Mir liegt sehr viel daran.«
Reith sah seinen Gefährten scharf an. »Deckst du mir den Rücken mit deinem Schwert?«
Marot schaute einen Moment unschlüssig. »Hokay, wenn’s denn sein muss, auch das. Die Grundtechniken kenne ich ja.«
Das Museum war in einem der grauen schachtelartigen Gebäude untergebracht. Reith warf einen nervösen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass kein eifersüchtiger Ritter von Qarar sie verfolgte.
Das Museum beherbergte ein Sammelsurium von Kuriositäten: den Helm irgendeines längst verblichenen Königs; das Modell einer Kriegsgaleere aus Majbur; ein dilettantisch ausgestopftes Pudamef aus den nördlichen Zonen des Planeten. Dieses Raubtier ähnelte wie der Shan, sein tropischer Vetter, einer riesigen sechsbeinigen Eidechse mit einem fangzähnebewehrten Krokodilskopf. Im Unterschied zum Shan hatte das Pudamef jedoch ein dichtes weißes Fell. Marot sagte:
»Sollte ich aus irgendeinem Zufall mal hier stranden, dann würde
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