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Die Gebeine von Zora

Die Gebeine von Zora

Titel: Die Gebeine von Zora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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auf dem Hals des Bishtars kam der Zug im Südbahnhof von Majbur zum Stehen. Die drei Terraner stiegen steif aus ihrem Waggon. In ihren zerknitterten Kleidern und mit einem schmutzigen braunen Sack als einzigem Gepäckstück erweckten sie nicht gerade den Eindruck von wohlbetuchten Reisenden.
    Reith trug noch immer sein Kakhizeug, das durch die ausgiebige Behandlung mit Salzwasser nicht unbedingt ansehnlicher geworden war. Auf seinen Wangen loderte ein Teppich aus feuerroten Stoppeln, bereits auf halbem Wege zum ausgewachsenen Vollbart angelangt. Alicia sah ihn ihrem arg ramponierten Bolerojäckchen, dem knittrigen Kilt und dem Halstuch aus den Beutebeständen der Haghrib wie eine Zigeunerin aus.
    Marot war nichts anderes übrig geblieben, als die Zugfahrt in seiner zerschlissenen schlabberig-grauen Unterhose anzutreten.
    Während ihres Nachtaufenthaltes in Yantr hatten sich alle drei mit plumpen Lederklotschen für ihre wundgeschürften Füße ausgestattet, und Marot hatte mit Reiths Hilfe eine Jacke und einen Kilt aus zweiter Hand erstanden, beide nur noch von Flicken zusammengehalten und im letzten Stadium vor der Auflösung. Marot hatte angesichts ihrer atemberaubenden Schäbigkeit jedoch nur mit den Achseln gezuckt, sich an seinen neu gesprossenen Pfeffer-und-Salz-Bart gekratzt und schmunzelnd erklärt: »So wie ich aussehe, kommt keiner auf die Idee, mich auszurauben.«
    Als sie sich auf den Ausgang zubewegten, fragte Marot: »Wohin gehen wir jetzt?«
    »Als erstes schaue ich bei Gorbovast rein«, sagte Reith. »Wir brauchen Geld, um unsere Schulden bei der Bahn zu bezahlen und für die Passage nach Novo. Sein Büro ist ungefähr sechs Häuserblocks von hier.«
    Gorbovast bad-Sar, Ständiger Bevollmächtigter von König Eqrar von Gozashtand in Majbur, Eingeweihten auch bekannt als Novorecifes wichtigster Nachrichtenagent und Störungsaufspürer, war ein ältlicher, kleiner Krishnaner mit runzligem Gesicht und zu blassem Jade verblichenem Haupthaar. Als er Reith sah, rief er auf englisch:
    »Ah, Mister Ries! Was für ein außerordentliches Vergnügen, Sie wieder einmal zu sehen! Von welchen schrecklichen Missgeschicken haben Sie diesmal zu berichten?«
    »Um gleich mit dem wichtigsten Missgeschick anzufangen: Wir sind auf dem Wege nach Novo soeben in Jazmurian eingetroffen; pleite, obdachlos, unrasiert und fern der Heimat.«
    »Welch ein Jammer! Ich würde Sie und Ihre Begleiter selbstverständlich als Gäste in meinem Hause aufnehmen, würde nicht gerade meine gesamte Verwandtschaft zu Besuch bei mir verweilen; den Schlüpftag meines jüngsten Enkelkindes zu feiern. Aber Sie müssen unbedingt morgen zu mir zum Abendessen kommen und mir die Geschichte Ihrer Abenteuer erzählen!«
    »Das wird eine Beichte meiner Fehler und Unzulänglichkeiten werden«, sagte Reith mit einem verlegenen Grinsen. »Abenteuer sind immer Zeichen von Unfähigkeit und fehlerhafter Organisation. Eine Tour ist dann als Erfolg anzusehen, wenn sie glatt und ohne Zwischenfälle über die Bühne geht.« Er stellte seine Gefährten vor.
    »Ich habe mir doch gleich gedacht: das ist doch die schöne Frau Doktor Dyckman«, sagte Gorbovast. »Ich habe Sie gleich wieder erkannt, von damals, als Sie mit Mister Mjipa hier waren. Lassen Sie mich überlegen … Bin ich richtig informiert, dass Sie und Mister Ries Mann und Frau sind?«
    »Waren«, verbesserte Reith schroff.
    »Oh, entschuldigen Sie! Es tut mir schrecklich leid! Ich hatte nicht die Absicht …«
    »Schon gut, Herr Bevollmächtigter!« sagte Reith. »Wir Terraner haben bisweilen etwas bizarre Beziehungen.«
    Gorbovast wandte sich Marot zu. »Doktor Marot, vernehme ich da nicht einen ganz bestimmten terranischen Akzent? Vous etes francais, Monsieur?«
    »Mais oui!« rief Marot entzückt. »Comme j’aime entendre la langue de la civilisation!«
    »Ah, comme je m’etonne de cette belle civilisation!« rief Gorbovast.
    Um sich nicht ausstechen zu lassen, kramte Reith sein verstaubtes Schulbuchfranzösisch hervor und sagte: »Erstens haben wir Bedarf von Geld. Zweitens haben wir Bedarf von einem Platz, wo wir können bleiben, bis wir ein Mittel von Transport finden.«
    »Wie wollen Sie reisen?«
    »Wenn es bald ein Flussboot nach Novo gibt, wollen wir darauf Passage nehmen. Wissen Sie die Termine der nächsten Abfahrten?«
    »Einen Moment, bitte!« Gorbovast kramte in dem Papierwüste auf seinem Schreibtisch herum und zog einen Packen Schriftstücke hervor, den er rasch mit dem Daumen

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