Die Gebeine von Zora
was war denn eigentlich mit Präsident Vizman? Ich wusste, dass du ihn auf deinem Weg zu den Khaldoni-Staaten kennen gelernt hast, aber …«
»Wie Warren auf die Idee gekommen ist, dass Vizman mich gebumst hat? Der arme Tropf verliebte sich über beide Ohren in mich.«
»Das kann einem bei einer wie dir schneller passieren, als man denkt«, sagte Reith mit einem wehmütigen Grinsen.
»Ich bin schon von mehr Krishnanern umworben worden, als ich mich überhaupt noch erinnern kann; aber Vizman und König Ainkhist waren die einzigen, die mir ernst gemeinte Heiratsanträge gemacht haben. Beim König wäre ich bloß die Nummer eins in einem riesigen Harem geworden. Vizman aber war unverheiratet, und die Qiribuma sind monogam; er wollte mich also tatsächlich zur First Lady von Qirib machen.«
»Nun, offensichtlich …«
»Offensichtlich habe ich nicht angenommen. Vizman ist für einen Politiker zweifellos ein echt netter Kerl, aber ich hatte nicht die geringste Lust, seine Gemahlin oder Mätresse oder irgend was anderes als eine liebe Freundin von einer anderen Gattung zu werden.«
Reith fühlte, wie sich in ihm eine seltsame Spannung aufbaute, wie als stände ihm ein unsichtbarer Feind gegenüber; aber er schaffte es, seine Stimme gelassen klingen zu lassen. »Und? Wie reagierte er darauf?«
»Ich erklärte ihm so schonend wie möglich, dass mehr als gute Freundschaft für mich nicht drin war; dass ich mein eigenes Leben führen wolle und nicht die Absicht hätte, mich mit einem Krishnaner – egal welchen Standes – in ehelichem Bunde zu vereinen.«
»Wenigstens«, sagte Reith mit einem höhnischen Unterton in der Stimme, »hättest du dir keine Sorgen zu machen brauchen, dass deine Karriere durch eine Schwangerschaft unterbrochen wird.«
»Lass uns nicht wieder die alte Diskussion anfangen, Darling! Mit Karriere wäre es so oder so aus gewesen – jedenfalls mit dem, was ich unter Karriere verstehe. Vizman wollte mir ein Ei auf dem Adoptionsmarkt kaufen, so dass ich auf jeden Fall einen kleinen Krishnaner hätte großziehen müssen. Als ich nein sagte, laut und deutlich, war der arme Kerl ganz geknickt und warf mir vor, ich hätte Rassenvorurteile. Aber er schreibt mir noch immer und schickt mir kleine Geschenke.
Er versuchte mich übrigens mit einem recht ungewöhnlichen Angebot zu ködern.«
»Und was war das für ein Angebot?«
»Ich war mehrere Tage in seinem Palast, und wir hatten lange Diskussionen, hauptsächlich über terranische Gesetze und Institutionen. Er hatte gehört, dass die meisten Terraner die Sklaverei ablehnten, und er wollte wissen, welche Gründe wir dafür haben. Also klärte ich ihn auf – jetzt komm mir bloß nicht wieder mit dem Vorwurf, ich würde mich immer in krishnanische Angelegenheiten einmischen!«
»Ich hatte nicht die Absicht«, sagte Reith.
»Jedenfalls, nachdem ich ihm alle Argumente auseinandergelegt hatte, wurde er ganz nachdenklich, und – kurz und gut – er machte sich unsere Haltung zu eigen.«
»Ich dachte, in Qirib gibt es nur ganz wenige Sklaven.«
»Immerhin ein paar tausend, hauptsächlich in den Bergwerken des Zogha-Gebiets. Ich glaube nicht, dass sie ihr Los angenehmer finden als die Sklaven anderswo. Vizman musste behutsam vorgehen; aber er versprach, wenn ich seinen Vorschlag annähme, die Sklaverei in Qirib binnen eines Jahres abzuschaffen. Ich habe ein bisschen ein schlechtes Gewissen, dass ich seinen Antrag abgelehnt habe, wenn ich an die armen Sklaven denke.«
»Wenn du angenommen hättest«, sagte Reith, »hättest du mich nicht in Novo kennen gelernt, nachdem Percy dich gerettet hatte. Und wir hätten nicht das erlebt, was wir erlebt haben.«
Alicia begann wieder zu weinen. »Und jetzt denkst du bestimmt, das wäre auch nicht schlimm gewesen! Oh, Fergus, auch wenn ich immer so selbstsicher tue, manchmal fühle ich mich, als stände ich nackt in einem eisigen Sturm. Halt mich bitte ganz fest!«
Er drückte und streichelte sie, bis sie sich beruhigt hatte.
Schließlich sagte er: »Gute Nacht, mein Schatz«, und’ räkelte sich in Schlaf Stellung. Draußen zuckte ein Blitz. Gleich darauf begann ein heftiger Regen auf das Zeltdach zu trommeln.
V.
Die Ausgrabung
Als Reith aus dem Zelt nach draußen spähte, fragte eine verschlafene Stimme hinter ihm: »Wie ist das Wetter?«
»Es nieselt.« Er wandte sich um und sah, wie Alicia, die im Dämmerlicht des Morgengrauens kaum zu erkennen war, die Decke beiseite schob und sich streckte.
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