Die Gebeine von Zora
besten mit Hochwürden Behorj«, schlug Reith vor.
Herg schwang sich in den Sattel und sprengte die Anhöhe hinauf.
»Wenn ich auch mal was sagen darf!« meldete sich Alicia. »Die Bákhtiten begehen denselben Fehler, den die meisten theologischen Religionen auf der Erde gemacht haben. Sie versuchen, allen anderen ihre eigene Doktrin aufzuzwingen.«
»Natürlich«, sagte Reith. »Das Monopol auf die Kräfte des Übernatürlichen bedeutet für sie mehr Reichtum, mehr Macht und mehr Ruhm.«
»Es gibt bestimmt auch welche, die das Ganze nicht nur aus dem verengten Blickwinkel des Eigennutzes sehen«, beharrte Alicia. »Ich will ihnen klarmachen, dass das einzige, was sie erreichen werden, ist, dass sie eine Lawine blutiger Kriege ins Rollen bringen.«
»Großer Gott!« stöhnte Reith. »Du bist von Sinnen, Lish. Diese Leute werden auf deine Argumente gar nicht erst eingehen. Sie werden dein Gerede im Gegenteil als einen Beweis für Ketzerei werten und dich in Lazdais Kessel schmoren lassen.«
»Aber es ist nicht richtig, Menschen sehenden Auges in ihr Unglück rennen zu lassen und nicht wenigstens den Versuch zu unternehmen, sie von ihrem Irrweg abzubringen. Mach dir meinetwegen keine Sorgen; ich werde dem alten Behorj schon Honig um den Bart schmieren, bis er mir aus der Hand frisst.«
»Meine liebe Alicia«, sagte Marot, »selbst wenn es Ihnen gelänge, damit die Schwierigkeiten hier zu umgehen, würden Sie mit dieser Vorgehensweise gewaltigen Ärger mit Novorecife heraufbeschwören.«
»Das ist mir egal. Ich tue lediglich das, was ich für richtig halte; einer muss es ja erledigen.«
»Es wäre ein flagranter Verstoß gegen …«, setzte Reith an.
»Ach, Schnickschnack! Ich werde schon keine technologischen Geheimnisse ausplaudern. Ich tue nichts, was nicht jeder hergelaufene terranische Missionar tagtäglich macht, und deren Einmischungen in krishnanische Angelegenheiten toleriert Novo ja auch.«
»Ja, aber nur aufgrund des Druckes, den die nationalen Regierungen ausüben«, knurrte Reith. »Trotzdem sind solche Einmischungen allemal gefährlich. Es ist noch nicht so lange her, dass Reverend Jensens Kopf, in Salz eingelegt, nach Novo geschickt wurde. Und ich lasse es einfach nicht zu, dass du Kopf und Kragen riskierst.«
Wütend sprang Alicia auf. »Versuch nicht, mir vorzuschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe, Fergus Reith! Du bist nicht mit mir verheiratet, und selbst wenn du’s wärst, würdest du mich nicht daran hindern können.«
»Das ist einer der Gründe, warum ich es nicht bin!« blaffte Reith. »Aber da es nicht nur deine Haut ist, die du riskierst, sondern auch meine und Aristides Haut, werde ich sehr wohl dafür sorgen, dass du an dieser Inquisition nicht teilnimmst. Du bleibst so lange im Zelt und schweigst still wie Aristides Fossilien, bis diese Priester wieder weg sind.«
»Das wollen wir ja mal sehen! Ich gehe nicht in dein verdammtes Zelt, und wenn … was tust du da?«
Reith war aufgestanden. Zitternd vor Wut rief er Marot zu: »Aristide, hol mir mal ein Stück Tau und fass mit an!«
Reith packte Alicia beim Handgelenk, drehte ihr den Arm auf den Rücken und schnappte blitzschnell ihren freien Arm. Sie kreischte, trat und wand sich; aber mit Marots Hilfe band Reith ihr die Hände auf dem Rücken zusammen. Sodann banden sie ihr mit einem zweiten Stück Seil auch die Füße zusammen.
»Dafür werde ich euch umbringen!« zischte sie.
Marot wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. »Puh, die ist ganz schön kräftig. Lieber würde ich eine Wildkatze fesseln.«
»Tut mir leid, Lish«, sagte Reith. »Aber wenn ich dich gewähren ließe, würden wir alle umgebracht. So, und jetzt noch einen Knebel! Aristide, kannst du dein Taschentuch opfern?«
Wenig später trugen sie eine zappelnde und gurgelnde Alicia in das größere Zelt und legten sie auf eine der Matten.
»Das muss schrecklich unbequem für die Kleine sein«, sagte Marot, als sie das Zelt verließen. »Es geht mir gegen den Strich, sie so zu behandeln, aber ich sehe die Notwendigkeit ein.«
Reith blickte zur Anhöhe hinauf. Herg passierte gerade die nahende priesterliche Schar. Der Shaihan-Hirte wechselte im Vorbeireiten einen kurzen Gruß mit den Ankömmlingen, dann verschwand er hinter dem Kamm. Die priesterliche Prozession bewegte sich gemächlich die Anhöhe herunter.
Als die Besucher sich dem Lager näherten, sah Reith, dass zwischen zwei hintereinander gehenden Ayas eine Sänfte an
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