Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gebeine von Zora

Die Gebeine von Zora

Titel: Die Gebeine von Zora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
Vom Netzwerk:
Lava reicht mir. Also bitte, Aristide, tu mir den Gefallen und versuch nicht, den Eheklempner zu spielen. Das ist eine Sache, die wir ganz allein mit uns ausmachen müssen.« Reith presste den Mund zusammen und starrte auf die vorbeiziehende Landschaft. Nach einer Weile sagte er: »Diesmal haben wir wirklich verdammtes Glück gehabt! Die Wachen hatten Anweisung, in alle Säcke zu gucken. Also öffneten sie ein paar, zufällig solche, in denen wir nicht steckten, dann verloren sie die Lust, stiegen wieder auf Deck und erzählten dem Priester, sie hätten alle aufgemacht.«
    Marot kicherte. »Tu as raison. Wir verdanken unser Leben der Tatsache, dass die krishnanische Natur dieselben Schwächen aufweist wie die menschliche.«
    »Aber da fällt mir gerade was ein! Die Bákhtiten hatten Anweisung, das Schiff nicht nur nach uns zu durchsuchen, sondern auch nach deinen Fossilien. Wie konnten sie davon wissen? Foltz war doch in dem Glauben, er hätte das Gerippe zerstört.«
    »Aber er hatte sein Zerstörungswerk noch nicht vollendet. Er muss sie nach seiner Gefangennahme zur Ausgrabungsstelle geführt haben. Und als er die Bruchstücke nicht vorfand, muss er die logische Schlussfolgerung gezogen haben.«
    »Okay; aber warum sollten die Bákhtiten so scharf auf die Knochen sein?«
    Marot zuckte die Achseln. »Ich kann mir nur denken, dass sie das Fossil für ein entscheidendes Beweisstück gegen ihren Schöpfungsmythos halten, was es ja in der Tat auch ist. Zu Darwins Zeiten sprach man von fehlenden Bindegliedern. Anti-Evolutionisten stellten die Frage: Wo ist das Bindeglied zwischen Affe und Mensch? In der Folgezeit wurde nicht nur ein Glied, sondern ganze Ketten von Gliedern gefunden.
    Ozymandias ist auf seine Art ein ebenso wichtiges ›fehlendes Bindeglieds wie es der Australopithecus und andere Affenmenschen für die menschliche Evolutionsgeschichte waren. Er veranschaulicht, wie sich die Entwicklung vom Wasserverbraten zum Landverbraten auf Krishna vollzog. Wenn die Bákhtiten ihn zerstören könnten, würde ihnen das erlauben, ihren Schöpfungsmythos noch eine Weile weiterzupredigen, ohne dass sie Angst haben müssten, widerlegt zu werden.«
    »Wenn man unsere irdische Erfahrung als Maßstab anlegt«, sagte Reith, »werden sie auch ungeachtet aller wissenschaftlichen Widerlegungen weiter ihren Mythos predigen und Anhänger werben.«
     
    Als Roqir scharlachrot hinter dem Wald versank, schlenderte Reith zu Alicia und Qa’di hinüber. Die Krishnanerin schnatterte noch immer auf Alicia ein, aber Reith beobachtete, dass Alicia aufgehört hatte, sich Notizen zu machen. Sie warf Reith einen flehenden Blick zu.
    »Komm, Lish!« rief er. »Lauf ein bisschen mit! Schiffspassagiere sollten jeden Tag mindestens einen Kilometer laufen, um sich fit zu halten.«
    Alicia erhob sich und sagte auf englisch: »Danke, dass du mich gerettet hast. Die fing gerade an, mir ihre Leidensgeschichte zum siebten Mal zu erzählen. Ich glaube, ich habe jetzt alle Daten, die man nur aus ihr herausquetschen kann, und jetzt geht sie mir wirklich nur noch auf den Geist.«
    »Das hatte ich vermutet.«
    Nach ihren Spaziergang standen sie an der Reling und schauten auf das grüne Wasser. Plötzlich bewegte sich etwas an der Oberfläche, Wasser spritzte auf, und für den Bruchteil einer Sekunde war ein Fetzen lederartiger grauer Haut zu sehen. Kleine Wellen breiteten sich kreisförmig von der Stelle aus.
    »Ich glaube, das war ein ›avval‹«, sagte Reith.
    »Ist das diese Mischung aus Krokodil und Seeschlange?«
    »Ja. Im Zigros sollte man also besser nicht schwimmen.«
    »Ich bin froh, dass du da bist und auf mich aufpasst«, sagte sie und schmiegte sich an ihn.
    Reith schaute auf sie hinunter und unterdrückte ein Lächeln. Ihre letzte Bemerkung war völlig uncharakteristisch für die starrköpfige, stets auf ihre Eigenständigkeit bedachte Alicia, die er kannte. Man brauchte kein Psychologe zu sein, um zu verstehen, warum sie das gesagt hatte; sie war der schlechteste Lügner, den er sich vorstellen konnte. Er verzichtete aber weise darauf, diesen seinen Gedanken auszusprechen; statt dessen legte er den Arm um sie und küsste sie. Sie erwiderte seinen Kuss feurig und drückte sich an ihn.
    Achtern, an der Ruderpinne, eine Zigarre lässig im Mundwinkel, stand Kapitän Sarf und sah ihnen neugierig zu. Der terranische Brauch des Küssens hatte sich, ausgehend von Novorecife, rasch auf Krishna ausgebreitet und war von den Einheimischen begeistert

Weitere Kostenlose Bücher