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Die Gebrüder Kip

Die Gebrüder Kip

Titel: Die Gebrüder Kip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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den melanesischen Inseln, begnügte sich Karl Kip einzuwenden, gibt es derartige Krisse in großer Menge, und kaum ein Eingeborner dürfte ohne einen solchen zu finden sein… es ist das ihre gewöhnliche Handwaffe… Danach erscheint doch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß der, den man als die Mordwaffe bezeichnet, gar nicht der unsrige wäre, denn alle die Krisse von malaiischer Herkunft ähneln sich aufs genaueste!«
    Diese Antwort rief wieder ein Gemurmel hervor, das der Präsident unterdrücken mußte. Dann bemerkte der Kronanwalt, daß gerade dieser Dolch der sei, mit dem das Verbrechen ausgeübt worden wäre, da die ihm fehlende und von Herrn Zieger eingeschickte Zwinge vollkommen daran passe.
    »Ich muß noch hinzufügen, nahm Pieter Kip wieder das Wort, daß niemand an Bord diese Waffe jemals in unseren Händen gesehen hat, und wenn wir sie auf dem Wrack gefunden hätten, würden wir sie doch wohl Herrn Hawkins oder Herrn Nat Gibson gezeigt haben.«
    Er sowohl wie sein Bruder empfanden es jedoch, daß diese Darlegungen nicht besonders ins Gewicht fielen. Unzweifelhaft war der Dolch ihr Eigentum, unzweifelhaft rührte die Todeswunde von seiner gezahnten Klinge her, und endlich war es unzweifelhaft, daß seine Zwinge auf dem Schauplatze des Verbrechens in Kerawara gefunden worden war.
    Schließlich erhob sich Karl Kip noch zu folgender, letzter Erklärung:
    »Mein Bruder und ich sind die schuldlosen Opfer von Umständen, die wir nicht zu erklären vermögen. Wir… wir sollen den Kapitän Gibson getötet haben… den Mann, dem wir unsere Erlösung, unsere Rettung verdankten?… Nun, diese Beschuldigung ist ebenso widerlich wie ungerecht, und wir verweigern darauf jede weitere Antwort!«
    Dieser Satz wurde mit lauter und offenbar unbewegter Stimme ausgesprochen und verfehlte auch einen gewissen Eindruck auf die Zuhörer nicht. Die Anschauung der Leute stand aber einmal fest, und niemand wollte in jener Antwort mehr als einen kühnen Verteidigungsversuch erblicken. Und wenn die Gebrüder Kip sich weigerten, später an sie gerichtete Fragen zu beantworten, so läge das, meinte man, doch nur daran, daß es ihnen eben unmöglich wäre.
    Von den übrigen Zeugen wurde jetzt Nat Gibson aufgerufen. Der junge Mann konnte sich kaum fassen. Auch er überhäufte die Gebrüder Kip mit den schwersten Anschuldigungen, und wenn diese etwas dazu gesagt hätten, hätten ihre Worte nur gelautet:
    »Wir verstehen Ihren Schmerz, armes Kind, und sind deshalb nicht imstande, Ihnen zu zürnen!«
    Als Herr Hawkins an die Schranke herantrat, verriet seine Haltung, daß viele Erinnerungen sein Inneres erregten. Konnte er denn annehmen, daß die Schiffbrüchigen von der »Wilhelmina«, die Gäste des »James-Cook«, den Edelmut, die Güte des Kapitäns mit einem so abscheulichen Verbrechen gelohnt haben sollten? Sie, die dem Ermordeten erst ihr Leben verdankten, sie sollten diesen getötet haben… nur um ihn zu berauben, wo sie doch wußten, daß Harry Gibson und er sich erboten hatten, sie in jeder Hinsicht zu unterstützen! Ja freilich… es lagen gegen sie scheinbar sehr beweiskräftige Ergebnisse der Untersuchung vor. Hawkins konnte sich die Verhältnisse nicht erklären… konnte sie nicht begreifen, und vor Erregung fast zusammenbrechend, war es ihm unmöglich, noch mehr auszusagen.
    Das, was die Matrosen vom »James-Cook«, Hobbes, Wickley und Burnes, anzugeben wußten, und ebenso, was Len Cannon, Sexton, Kyle, Bryce und Koa aussagten, erwies sich als völlig bedeutungslos.
    Was Vin Mod betraf, erschienen dessen, dem Attorney gegebene Antworten bezüglich Flig Balts sehr bestimmt und logisch begründet. Einige Tage vor dem Ausbruche des Meutereiversuches an Bord der Brigg war ihm der Bootsmann schon wie eine Beute mühsam unterdrückter Wut vorgekommen. Ob die Ursache davon nur die gewesen sei, daß Karl Kip in der Führung der Brigg an seine Stelle getreten war, wußte er freilich nicht; Vin Mod hatte vielmehr geglaubt, daß dazu noch ein anderer, sehr ernster Beweggrund vorhanden gewesen sein werde.
    »Er hat darüber aber nichts gegen Sie geäußert? fragte der Kronanwalt.
    – Gar nichts,« versicherte Vin Mod.
    Immerhin blieb noch ein Umstand übrig, der zu Gunsten der Angeschuldigten sprach: Die Gewißheit, daß während der Fahrt niemand den Dolch in ihren Händen gesehen hatte. Das wurde ja auch durch die Erklärung Flig
    – Ja… ich erkenne ihn wieder.
    – Und du versicherst, ihn schon an Bord gesehen zu

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