Die Gebrüder Kip
Zugehörigen einer Rotte doch zuweilen alle aneinander gefesselt, wenn sie vereinigt schwere Lasten fortbewegen sollen.
Die Gebrüder Kip wurden der entsetzlichen Strafe dieses
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nicht unterworfen. Lange Monate arbeiteten sie in besonderen Rotten an der Herstellung von Wegen, die die Regierung durch die Halbinsel Tasman anlegen ließ, doch niemals konnten sie dabei auch nur ein paar Worte austauschen. O, wie glücklich hätten sie sich noch bei allem Elend gefühlt, wenn es ihnen vergönnt gewesen wäre, zusammenzukommen, einer neben dem anderen auszuruhen, und wäre es auch an den Werften gewesen, wenn sie da die ganze Nacht unter freiem Himmel lagen. Anderenfalls wurden die Sträflinge nach Schluß ihrer Arbeit den Schlafsälen zugeführt, worin man sie, meist zu je vierzig Mann, einschloß.
Nur einmal in der Woche, am Sonntage, hatten Karl und Pieter Kip die Freude, einander wiederzusehen, dann, wenn die Insassen der Anstalt in deren Kapelle zusammenkamen, wo von einem Methodistenprediger Gottesdienst abgehalten wurde. Was aber sollten sie, die Unschuldigen, von der Gerechtigkeit der Menschen denken, wenn sie sich mit deren Abschaum vereinigt sahen und die Ketten wie klagend zwischen den Gesängen und Gebeten klirrten?
Sie arbeiteten in besonderen Rotten an der Herstellung von Wegen. (S. 320.)
Was Karl Kip fast das Herz brach und ihn immer zu einer Auflehnung reizte. die doch so schlimme Folgen haben mußte, war der Umstand, daß sein Bruder so unerträglich schweren Arbeiten unterworfen war. Er mit seiner eisernen Gesundheit, seiner außerordentlichen Körperkraft war ja imstande, solche auszuhalten, trotz der kaum zum Leben reichenden, dürftigen Nahrung, die der Bagno lieferte, denn diese bestand nur in dreiviertel (engl.) Pfand (340 g) frischem oder acht Unzen (etwa 226 g) gepökeltem Fleisch, einem halben Pfund Brot oder vier Unzen Mehl und aus einem halben Pfund Kartoffeln. Doch ob sein von Natur schwächerer Bruder dabei nicht zu Grunde ging?… Nach der letzten Hitzeperiode eines fast tropischen Klimas gingen sie jetzt, nur bekleidet mit der gelben Sträflingsjacke, einer stechenden Kälte, eisigen Stürmen und dichtem Schneegestöber entgegen. Die gewöhnliche Arbeit mußte dennoch unter den Drohungen der Beamten und der Knute der Aufseher geleistet werden. Von Ruhe keine Rede, höchstens in den kurzen Minuten gegen Mittag, wenn sie darauf warteten, nach der Anstalt zurückgeführt zu werden. Die geringste Andeutung von Widersetzlichkeit zog dem Schuldigen Disziplinarstrafen zu, wie die Einsperrung in finstere Zellen, die Strafe des
chain-gang
, endlich – nächst dem Tode, den sie auch zuweilen herbeiführt – die schrecklichste, die Auspeitschung mit der neunschwänzigen Katze, die den Körper des Schuldigen entsetzlich zerfleischt.
Ohne Zweifel mußte eine solche Existenz in den Sträflingen das heißeste, unwiderstehlichste Verlangen aufkommen lassen, dieser Hölle zu entfliehen. Einzelne versuchten das wohl auch trotz der Gefahr, der sie sich damit aussetzten, und trotz der äußerst geringen Aussichten auf ein Gelingen. Wurden die Flüchtlinge dann in den Wäldern der Halbinsel wieder eingefangen, so wurden sie vor allen Insassen der Anstalt mit der neunschwänzigen Katze schonungslos gezüchtigt. Von kräftiger Hand geschwungen, sauste sie auf die Lendengegend des entblößten Opfers nieder und verwandelte Haut und Fleisch darunter in eine blutige Masse.
Wenn Karl Kip aber zuweilen nahe daran war, sich gegen die Härten der Disziplin zu empören, so unterwarf sich diesen sein Bruder ohne Murren, getragen von der Hoffnung, daß die Wahrheit doch einst an den Tag kommen, daß ein Zufall, eine unerwartete Entdeckung ihre Unschuld beweisen werde. Er fügte sich also, so peinlich, so entwürdigend sie auch sein mochte, dieser Lebensweise im Bagno, und wenn er auch nicht über die Kraftnatur seines Bruders verfügte, so gestattete ihm doch seine moralische Energie und ein unerschütterliches Gottvertrauen, alles zu ertragen. Am meisten beunruhigte ihn nur, daß Karl Kip sich einmal nicht mehr bemeistern und sich zu einer Gewalttätigkeit verleiten lassen könnte. Sicherlich würde sein Bruder keinen Fluchtversuch unternehmen, würde ihn nicht allein in der Strafanstalt zurücklassen wollen, die beide vereinigt zu verlassen hofften. Und doch, könnte sich Karl in einer Stunde der Verzweiflung nicht einmal zu einem falschen Schritte hinreißen lassen, wenn er, Pieter, nicht
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