Die Gebrüder Kip
Behörde, daß sie von den Arbeiten im Freien entbunden werden, da diese für Leute dieser Art desto peinlicher sein müssen, und dann könnten sie wohl in den Bureaux der Strafanstalt beschäftigt werden. Das wäre für sie als Sträflinge schon eine große Erleichterung ihres Loses. Du weißt aber, wegen welcher Freveltat sie vor dem Kriminalgerichte gestanden haben und auf Grund welcher unanfechtbaren Beweise sie verurteilt worden sind…
– Liebster Mann, unterbrach ihn Frau Skirtle, sollte ein Mann, der eine so menschenfreundliche Tat ausführte, ein Mörder sein können?
– Und doch, erwiderte der Kapitän, besteht darüber gar kein Zweifel. Den Gebrüdern Kip ist es nicht im geringsten gelungen, ihre Unschuld nachzuweisen.
– Du kennst aber doch, lieber Mann, die Ansicht des Herrn Hawkins.
– Gewiß. Der vortreffliche Mann hält sie für nichtschuldig, er wird dabei aber von gewissen Erinnerungen an andere Dinge beeinflußt, und hat nichts für sie erreichen können, außer durch Vermittlung des Gouverneurs die Umwandlung ihrer Strafe.
Der Überfallene schlug den spitzen Teil einer Hacke tief in den Leib des Hundes ein. (S. 326.)
– Bedenke nur, fuhr Frau Skirtle fort, um wie viel ungerechter ihm diese Verurteilung erscheinen muß, wenn er hört, was Karl Kip heute getan hat.«
Der Kapitän gab darauf keine Antwort, denn schon, was Hawkins über die beiden Brüder berichtet hatte, hatte auf ihn einen tiefen Eindruck gemacht. Dachte er aber an die greifbaren Beweise, an die Papiere Harry Gibsons, die sich im Besitz Karl und Pieter Kips gefunden hatten, und gar noch an den Kriß, die unzweifelhaft benutzte Mordwaffe, die die Polizei ebenfalls in deren Reisesacke entdeckt hatte, dann konnte er an der Rechtmäßigkeit des Urteilsspruches doch nicht mehr zweifeln.
»In jedem Falle, lieber Mann, nahm Frau Skirtle nochmals das Wort, bitte ich dich um eines, das zu gewähren nur von dir abhängt und das du nicht abschlagen wirst…
– Darum, daß die Brüder nicht mehr getrennt gehalten werden möchten? fragte der Kapitän.
– Ja… du hast mich verstanden! Schon von heute an wirst du Pieter Kip erlauben, bei seinem Bruder zu bleiben, ihn zu pflegen…
– Ja ja, das soll geschehen, erklärte Skirtle.
– Und ich… ich werde den Mann besuchen, sagte Frau Skirtle, werde dafür sorgen, daß es dem Armen an nichts gebricht. Und… wer weiß… später vielleicht…«
Das heiße Verlangen der beiden Brüder sollte also gestillt, ihr Herzenswunsch, wenigstens beisammen zu sein, endlich erfüllt werden.
Von diesem Tage an sahen sich Karl und Pieter nun jede Stunde. Drei Wochen später, als die Wunde Karl Kips vernarbt war und dieser den Krankensaal verlassen konnte, ergingen sich die Brüder zum ersten Male im großen Hofe der Strafanstalt. Sie wohnten jetzt in demselben Raume und verbrachten die Nacht in demselben Schlafsaale. Ebenso waren beide derselben Arbeiterrotte zugeteilt worden. Bald darauf wurden sie nur noch zu Arbeiten im Innern der Anstalt herangezogen, mit der Aussicht, schließlich in deren Bureaux beschäftigt zu werden.
Was die Brüder sich nun zu sagen hatten, um was sich ihr Gespräch unverändert drehte und wie sie der Zukunft entgegensahen, läßt sich wohl leicht vermuten.
Bemerkte der jüngere, daß der ältere befürchtete, die Wahrheit werde niemals an den Tag kommen, so sagte er:
»Nicht verzweifeln, Bruder, das hieße Gott verkennen! Wenn uns das Leben erhalten blieb, so will es auch die Vorsehung, daß die Mörder eines Tages noch entdeckt werden, und daß man uns öffentlich unsere Ehre wiedergibt.
– Möge der Himmel dich hören, Pieter, antwortete dann Karl Kip; ich beneide dich um diese Vertrauensseligkeit!… Doch wer könnten die Mörder des Kapitäns Gibson gewesen sein? Offenbar Eingeborne von Kerawara oder von der Insel York, vielleicht auch von einer anderen Insel des Bismarck-Archipels.
Wie soll man sie aber unter dieser, überall in jenem Gebiete verstreuten, melanesischen Bevölkerung herausfinden?«
Gleichviel! Daß das schwierig wäre, gestand Pieter Kip ja zu, dennoch blieb er bei seinem Glauben… Konnte sich denn nicht etwas Unerwartetes ereignen, konnten die Herren Zieger und Hamburg nicht weitere Anhaltspunkte entdecken?
»Ist es übrigens, sagte er eines Tages, als er seinen Bruder sich wieder der Verzweiflung hingeben sah, ist es denn ausgemacht, daß Eingeborne die Mörder sein müssen?«
Karl Kip ergriff seine Hände und rief, ihm
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