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Die Gebrüder Kip

Die Gebrüder Kip

Titel: Die Gebrüder Kip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Welt verhaften können?
    Am 25. Mai hatten Herr und Frau Hawkins das große Vergnügen, einen Besuch zu empfangen, der ihnen schon seit einiger Zeit angekündigt war. Herr und Frau Zieger, die einige Wochen in Hobart-Town zu verleben gedachten, hatten Port-Praslin auf dem deutschen Dampfer »Faust« verlassen. Nach schneller Überfahrt waren sie in der Hauptstadt Tasmaniens gelandet, wo sie von ihren Freunden erwartet wurden.
    Wie bei früheren Reisen stiegen Herr und Frau Zieger bei Hawkins ab, wo schon ein Zimmer zu ihrer Aufnahme bereitgestellt war. Ihr erster Besuch galt der Witwe des Kapitäns und deren Sohne. Nat Gibson und seine Mutter empfanden eine tiefe Gemütsbewegung bei dem Erscheinen des Herrn und der Frau Zieger, denn wovon anders hätten sie unter Tränen sprechen können, als von dem schrecklichen Trauerspiele in Kerawara?
    Bei seiner Ankunft wußte Zieger noch nicht, daß die Gebrüder Kip aus der Strafanstalt von Port-Arthur entflohen waren. Als er es hörte, erkannte er darin, wie so viele andere, nur einen neuen Beweis, daß die Gerichte mit ihrer Verurteilung keinen Fehler begangen hätten.
    Selbstverständlich drängte es Hawkins gleich in den ersten Tagen, sich mit seinem Geschäftsfreunde aus Port-Praslin über die Angelegenheit auszusprechen. Er entrollte dabei ein Bild des ganzen Vorgangs, erinnerte ihn an die geheimnisvollen Nebenumstände der Freveltat und fügte hinzu:
    »Nun, sagen Sie mir, lieber Zieger: als Sie hörten, daß die beiden Brüder angeklagt waren, das Verbrechen begangen zu haben, und als es Ihnen zu Ohren kam, daß sie verurteilt worden seien… haben Sie an deren Schuld glauben können?
    – Nein, gewiß nicht, lieber Freund! Daß Karl und Pieter Kip Mörder wären, das erschien nicht annehmbar. Ich hatte in ihnen stets zwei ebenso intelligente wie ehrenhafte Männer gesehen, die für den Kapitän Gibson und für Sie voller Dankbarkeit waren, immer des Umstandes eingedenk, daß sie als Schiffbrüchige der »Wilhelmina« auf dem »James-Cook« freundliche Aufnahme gefunden hatten. Nein, ich hätte nie glauben können, daß sie so schuldbelastet wären.
    – Und wenn sie es nun wirklich nicht wären? antwortete Hawkins, der Herrn Zieger gespannt ansah.
    – Sie hegen darüber noch Zweifel… nach den Verhandlungen, die den Beweis dafür gebracht haben?
    – Ich bewahre, so lange nicht unumstößliche Beweise geliefert werden, die Überzeugung, daß sie nicht die Urheber des Verbrechens sind.«
    Gegenüber einer so bestimmten Erklärung sagte Zieger:
    »Hören Sie mich an, lieber Hawkins. Hamburg und ich haben, in Kerawara und in Port-Praslin, sowie in ganz Neuirland die eingehendsten Nachforschungen unternommen. Es gibt keinen Volksstamm des Archipels, bei dem wir nicht Erkundigungen eingezogen hätten, deren Zuverlässigkeit kontrolliert wurde. Nirgends, auch nicht in Neubritannien, hat sich gegen einen Eingebornen der leiseste Verdacht ergeben, an der Ermordung des Kapitäns Gibson beteiligt gewesen zu sein.
    – Ich sage auch gar nicht, lieber Zieger, daß das Verbrechen einem Eingebornen des Bismarck-Archipels zugesprochen werden müßte, sondern ich behaupte nur, daß es nicht von den Gebrüdern Kip begangen worden ist.
    – Von wem denn sonst? fragte Zieger. Von irgendwelchen Kolonisten oder etwa von Matrosen?…
    – Ja, von Matrosen.
    – Und aus welcher Mannschaft, lieber Hawkins. Jener Zeit ankerten nur drei Schiffe im Hafen von Kerawara und kein einziges in Port-Praslin.
    – O doch… eines…
    – Und welches denn?
    – Der ›James-Cook‹.
    – Wie, Sie vermuten, daß einer oder mehrere Leute von der Brigg selbst die Mörder wären?
    – Jawohl, Freund Zieger, und zwar dieselben, die auf dem Wrack der ›Wilhelmina‹ die Waffe gefunden haben, deren sich der Mörder bedient hat, dieselben, die sie später in den Reisesack der Gebrüder Kip gesteckt haben, worin sie schon die Schiffspapiere und das Geld Gibsons versteckt hatten.
    – Waren denn unter der Mannschaft des ›James-Cook‹ Leute, die einer solchen Schandtat fähig schienen? fragte Zieger.
    – Ja freilich, erklärte Hawkins, unter anderen die Seeleute, die der Bootsmann Balt in Dunedin angemustert hatte und die eine Meuterei gegen den neuen Kapitän angezettelt haben.
    – Und einer von diesen sollte der Mörder sein?…
    – Nein, des Verbrechens beschuldige ich den Flig Balt…
    – Den Bootsmann?
    – Ja, den, den ich beim Auslaufen aus Port-Praslin zum Kapitän ernannt hatte und der durch

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