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Die Geburt Europas im Mittelalter

Die Geburt Europas im Mittelalter

Titel: Die Geburt Europas im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Normandie in Caen; in Paris und in Norditalien; 1289 in Bologna in der Lombardei, dann in Viterbo und schließlich in der Toskana, in Florenz. Eine zweite Periode, die sich von1369 bis 1410 erstreckt, zeichnet sich durch eine «moderne» Form der Arbeiterrevolte aus: den Sturm auf die Maschinen. Am stärksten betroffen waren die Städte im Nordwesten Europas und im Deutschen Reich: Städte diesseits und jenseits des Rheins wie Straßburg, Köln oder Frankfurt, und in einer mittleren Zone Basel, Nürnberg und Regensburg. Die letzte, kürzere und weniger gewalttätige Periode folgte zwischen 1440 und 1460 mit Schwerpunkten in Wien, Köln, Nürnberg, im flandrischen Gent und 1455 wieder in Paris. Pierre Monnet hat den besonderen Charakter der zahlreichen Konflikte aufgezeigt, die zwischen 1300 und 1350 rund 250 Mal in über hundert deutschen Städten zu Unruhen geführt haben. All diese Aufstände liefen weder auf Tyrannenherrschaften nach italienischem Vorbild noch auf eine Demokratisierung der Zünfte hinaus. Die Rückkehr zum Frieden blieb Sache der Eliten, denen es gelang, ihre Macht zu bewahren.
     
    Konflikte in Nordeuropa.
– Im skandinavischen Europa verkomplizierten sich die sozialen Konflikte nicht nur durch Kämpfe zwischen den Kaufleuten der Hanse und einheimischen Handwerkern oder Bauern, sondern auch durch die Rivalität zwischen den nordischen Monarchien. Die drei Königreiche Dänemark, Norwegen und Schweden hatten 1397 eine ständige dynastische Vereinigung in der Kalmarer Union verkündet, die aber schon 1443 am Aufstand der schwedischen Adligen und Bauern zerbrach. Als Beispiel für die städtische Gewalt in diesem Raum sei der von der Hanse angestiftete Aufstand der Bevölkerung von Bergen im Jahr 1455 genannt, bei dem der königliche Stadtamtmann, der Bischof und rund sechzig weitere Personen zu Tode kamen. Die in sich zerrissene skandinavische Welt, die den deutschen und niederländischen Kaufleuten der Hanse zutiefst feindlich gesonnen war, stellte sich als ein besonders instabiler Teil Europas dar. Im Übrigen gewann 1478 der Großfürst von Moskau die Macht über Nowgorod, wo der hansische Handel 1494 von der Bildfläche verschwand. Das Aufkommen der künftigen russischen Macht stellte die bisherigen Beziehungen zwischen Russland und Europa in Frage.
Die Einheit der Kirche zerbricht: das Abendländische Schisma
    Ein anderes Ereignis, das sich auf das Papsttum bezieht, vermehrte die Nöte und Verwirrungen der Christen im Europa des 14. Jahrhunderts. Der Ausgangspunkt waren unausgesetzte Konflikte, die nach dem Heiligen Jahr 1300 die römische Bevölkerung in Unruhe versetzten. Um die Spannungen zu meiden, beschloss der französische Papst Clemens V., der als Erzbischof von Bordeaux 1305 zum Papst gewählt und in Lyon gekrönt worden war, sich vorerst nicht nach Rom zu begeben. Er berief für das Jahr 1312 ein Konzil nach Vienne an der Rhône und ließ sich 1309 in Avignon nieder, gab aber die Hoffnung nicht auf, dass eine Befriedung ihm erlauben würde, doch noch nach Rom zu gehen. Aber auch die Nachfolger Clemens’ V. blieben in Avignon. Sie ließen dort einen prachtvollen Papstpalast errichten und entwickelten durch den großzügigen, mit Hilfe eines erdrückenden Steuerwesens finanzierten Ausbau der kurialen Institutionen eine effiziente Verwaltung der Christenheit. Die kurialen Institutionen, die apostolische Kammer mit dem Thesauriat, die Kanzlei, verschiedene Audienzen und die Pönitentiarie – machten das Papsttum in Avignon zur erfolgreichsten monarchischen Regierung im Europa des 14. Jahrhunderts. Die zentrale Lage Avignons im christlichen Abendland trug viel zu diesem neuen Glanz des Papsttums bei; und doch hing das Gefühl der Zeitgenossen weit mehr an der symbolischen Stadt Rom. Diesem Prestige der Orte, der Erinnerungen und symbolischen Bedeutungen begegnet man in Europa immer wieder, auch heute noch. Der größte Teil der öffentlichen Meinung, die sich nicht nur innerhalb der Kirche, sondern auch unter den Laien zu äußern begann, forderte im Lauf des 14. Jahrhunderts ständig die Rückkehr des Papstes nach Rom. Urban V. hörte auf die Bitten. Er verließ Avignon und kehrte 1367 in die Ewige Stadt zurück, aber die dortige Situation veranlasste ihn, sich 1370 wieder nach Avignon zu begeben. Erst sein Nachfolger, Gregor XI., vollzog 1378 die endgültige Rückkehr des Papsttums nach Rom.
    Während der Zeit, in der die Kurie ihre Amtsgeschäfte in Avignon ausübte, wuchsen

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