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Die Geburt Europas im Mittelalter

Die Geburt Europas im Mittelalter

Titel: Die Geburt Europas im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Lubusz und Wollin errichten. Er unterstützte auch die religiösen Orden, vor allem Benediktiner und Prämonstratenser. Aber durch sein Testament teilte er Polen in Provinzen, die er seinen Söhnen zuwies, und begründete damit die anschließende Schwächung der polnischen Monarchie.
    Manche Historiker sind der Meinung, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1989 sei ein im Mittelalter geformtes Mitteleuropa wieder aufgetaucht. Zu ihnen gehört der ungarische Mediävist Gábor Klaniczay, der dazu beigetragen hat, ein Institut für mittelalterliche Studien an der neuen Central European University (CEU) in Budapest zu schaffen.Dort hat er eine vergleichende Untersuchung der lateinischen, griechischen, slawischen und orientalischen Christenheiten des Mittelalters und der allmählichen Ausbreitung der europäischen Zivilisation in diesen Gegenden angeregt. Tatsächlich hat er ein Mitteleuropa wiedergefunden, das ein offenes, vielfältiges, kreatives Laboratorium für einen weiten, nach Osten unbegrenzten Raum darstellt, der sich vom Westen her entwickelt – nach seinen eigenen Worten eine echte europäische «Utopie».
    Auch Skandinavien im Norden konnte sich im Gesamtrahmen der Christenheit behaupten. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts begann in Island die Niederschrift der Sagas, jener überaus originellen Epen, die zur Blüte der christlichen Literatur des Mittelalters zählen. Im mittelalterlichen Skandinavien war jedoch die politische und administrative Stabilität nie ganz gewährleistet. Dänemark, Norwegen und Schweden grenzten sich nur unvollständig voneinander ab, und zu Beginn des 11. Jahrhunderts waren die Dänen sogar eine Zeitlang Herren über England und versuchten sich auch die beiden anderen skandinavischen Königreiche samt Island zu unterwerfen.
    Die religiöse Metropole war zunächst das damals dänische Erzbistum Lund, das seine Herrschaft ab 1103/04 auf das gesamte skandinavische Territorium ausdehnte, bis 1152 in Norwegen das Erzbistum Nidaros (Drontheim) entstand. Die Epoche der Waldemare war die glorreichste Periode Dänemarks (1157–1241). In Schweden wurde Uppsala 1163/64 zum Erzbistum erhoben. Dank der Zisterzienser fasste auch das Mönchtum Fuß. Aber die politische Instabilität verschärfte sich. Zwischen 1156 und 1210 wurden fünf Könige ermordet. Doch mit den Neuerungen der Kriegskunst (schwere Reiterei, Wehrburgen) etablierte sich ein regelrechter Adel als herrschende Klasse. Die Bekehrung zum Christentum bot Möglichkeiten, sich Zugang zu einer höheren Bildung (Schrift, Lateinkenntnisse) zu verschaffen, die in ausländischen Schulen erworben wurde – im deutschen Hildesheim, in Oxford und vor allem in Paris. Aber insgesamt blieben die skandinavischen Länder archaisch und in Europa buchstäblich am Rande.
Europa auf dem Kreuzzug
    Ein Aufsehen erregendes Phänomen, welches das christliche Europa vom 11. bis zum 13. Jahrhundert erschütterte, nimmt noch heute einen auserwählten Platz in den Handbüchern für Geschichte ein: die Kreuzzüge. Im Mittelalter oft mit Begriffen der Pilgerschaft umschrieben (das französische Wort
croisade
wurde erst am Ende des 15. Jahrhunderts erfunden, aber
se croiser
, «das Kreuz nehmen», und
croisé
, «Kreuzfahrer», gab es schon im 12. Jahrhundert), bezeichnet der Ausdruck militärische Feldzüge der Christen nach Palästina, um den Muslimen das Heilige Grab Christi in Jerusalem und jene Gebiete zu entreißen, die als ursprünglicher Besitz der Christenheit galten. Aus der Sicht der mittelalterlichen Christen waren die Kreuzzüge eine Rückeroberung im gleichen Sinne wie die spanische
Reconquista
. Tatsächlich war Jerusalem von der römischen Herrschaft unter die byzantinische – die einzige, die einen christlichen Charakter besaß – und dann unter muslimische Herrschaft gefallen, ohne dass es je eine politische Institution christlicher Provenienz für die Heiligen Stätten der Christenheit gegeben hätte. Im Übrigen stellte Jerusalem, wo die jüdische Bevölkerung seit der römischen Eroberung und der anschließenden Diaspora zu einer Minderheit geschrumpft war, nicht nur für das Judentum einen Ort höchster Verehrung dar, sondern auch für den Islam, der den Felsendom als Schauplatz der Himmelfahrt Mohammeds verehrte. Wie wir gesehen haben, hatten die abendländischen Christen die heilige Stadt schon sehr früh zum Ziel der Pilgerfahrt
par excellence
gemacht. Das Eingreifen der Türken in der Region ab dem 10. Jahrhundert

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