Die Geburt Europas im Mittelalter
Das Gehalt der Lehrenden wurde im Wesentlichen aus einem Drittel der Zehnten der Diözese Salamanca aufgebracht. Darüber hinaus wurden Magister und Studenten großzügig mit Pfründen ausgestattet.»
Die Universität von Toulouse ist ein Sonderfall. Ihre Gründung wurde vom Papst in seinem Kampf gegen die Katharer erzwungen und zur Bedingung des Vertrags von Meaux-Paris gemacht, der 1229 dem Albigenserkreuzzug ein Ende setzte. Die Anwerbung für diese Hochschule wurde mit großem Aufwand betrieben; man verschickte einen vom englischen Großmeister der Pariser Universität, Johannes de Garlandia, verfassten Text, der das Klima von Toulouse und die Schönheiten der Stadt einschließlich der Reize der Toulousanerinnen rühmte, in der ganzen Christenheit. Von den Bewohnern Südfrankreichs wurde die Universität sehr übel aufgenommen, weil sie darin ein Herrschaftsinstrument der Männer aus dem Norden sahen. Der Theologieunterricht fasste nicht Fuß, und erst in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entwickelte sich das universitäre Leben, vor allem im Bereich des Rechts.
Unter den Neuerungen an den jungen Universitäten des 13. Jahrhunderts, die sich langfristig erhalten haben, ist vor allem das Kampfmittel des Streiks hervorzuheben. Der längste und berühmteste Streik war der, mit dem sich die Lehrer und Studenten der Pariser Universität von 1229 bis 1231 erfolgreich gegen die Feindseligkeiten des Bischofs und der Königin Blanca von Kastilien durchsetzten (bei dieser Gelegenheit soll der junge Ludwig IX. zum ersten Mal gegen seine Mutter opponiert haben, indem er die Universität unterstützte, die dem Papst die Bulle
Parens scientiarum
entriss). Eine andere Innovation war die Aufnahme eines sommerlichen Ferienmonats in den Vorlesungskalender. Schleichend, unter einem quasi liturgischen Aspekt, wurden in Europa die Ferien eingeführt.
Obwohl der Christenheit internationale Beziehungen, vorallem kirchliche, nicht fremd waren, erregten die Universitäten doch Aufsehen durch die Wanderschaft der Lehrer und Studenten, die auf der Suche nach dem Wissen in die Fremde gingen und gern bereit waren, der Mode und dem Ruf einer Universität oder eines Meisters von einem Land ins andere zu folgen. Die berühmtesten Pariser Lehrer im 13. Jahrhundert waren zwei Dominikaner, der Deutsche Albertus Magnus und der Italiener Thomas von Aquin, sowie der italienische Franziskaner Bonaventura.
Was den Erfolg der Universitäten schon im Mittelalter, aber auch danach, ausmachte, war ihr Recht, akademische Grade zu verleihen, die in der ganzen Christenheit Gültigkeit besaßen. Damit wurde eine der neuen Grundlagen des künftigen Europa geschaffen. Sofern die Studenten genügend Mittel und Fähigkeiten besaßen, konnten sie eine Reihe von Diplomen erwerben, wobei die Krönung in dem am höchsten angesehenen Magisterium der Theologie nach elfjähriger Studienzeit bestand. Das erste Stadium war das Baccalaureat, eine Art Initiation, vergleichbar der des jungen Adligen, des Knappen, bei seinem Eintritt in die Ritterschaft. Dann kam das wichtigste Diplom, die
licentia ubique docendi
, die Befugnis, überall zu lehren – ein Lizentiat, das in Frankreich als
licence
erhalten geblieben ist. Nur der Papst konnte den Universitäten das Recht zusprechen, diesen Titel und das damit verbundene Privileg zu verleihen. Der dritte und höchste Grad war das Doktorat oder Magisterium, dessen Träger sich
Magister
nennen durften. Sie bereiteten den Weg für das Europa der Professoren.
Die universitären Grade waren Nicht-Adligen ebenso zugänglich wie Adligen. Uns sind Magister bekannt, die Bauernsöhne waren. Der schon seinerzeit, im 13. Jahrhundert, berühmte Robert von Sorbon, der dank der Freigebigkeit seines Freundes, des heiligen Ludwig von Frankreich, das bekannteste Pariser Collegium, die Sorbonne, gegründet hat, war äußerst bescheidener Herkunft, und sein Gefährte, der Sire von Joinville, versäumte keine Gelegenheit, ihn daran zu erinnern. Doch die Ausbildung an der Universität war kostspielig, zumal die Studenten jahrelang in einer Stadt für ihren Unterhalt aufkommen mussten, in der die Zimmer und die Nahrungsmittel immer teurer wurden. Schon darum waren die Studenten, dieüber ein oder zwei Jahre Universitätsbesuch hinauskamen, in der Minderheit.
Um den Begabten und Fleißigen zu helfen, das Handicap ihrer sozialen Herkunft zu überwinden, entschlossen sich einige Wohltäter, Häuser für die kostenlose Beherbergung und
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