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Die Gedichte

Die Gedichte

Titel: Die Gedichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Maria Rilke
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alles bei euch ist? – Da ängst ich mich.
Das Haus? Ich hab es nie so recht verstanden.
Die Stuben? Ach da war so viel vorhanden.
… . . Du Mutter, wer war eigentlich
der Hund?
Und selbst, daß wir im Walde Beeren fanden,
erscheint mir jetzt ein wunderlicher Fund
… … … … … … … …

    Da müssen ja doch tote Kinder sein,
die mit mir spielen kommen. Sind doch immer
welche gestorben. Lagen erst im Zimmer,
so wie ich lag, und wurden nicht gesund.

    Gesund … Wie das hier klingt. Hat das noch Sinn?
Dort, wo ich bin,
ist, glaub ich, niemand krank.
Seit meinem Halsweh, das ist schon so lang –

    Hier ist ein jeder wie ein frischer Trank.

    Noch hab ich, die uns trinken, nicht gesehen
… … … … … … … … .

    Siehe: (denn kein Baum soll dich zerstreuen)
reinen Raum auf diesem Eiland stehn.
Vögel? – – Sei gefaßt auf Leuen,
welche durch die Lüfte gehn.
Bäume würden scheuen,
und ich will nicht, daß sie sehn.
Aber du, du sieh , gewahre, sei
schauender, als je ein Mann gewesen.
Du sollst fassen, nehmen, lesen,
schlingen sollst du, die ich dir entzwei
breche, meines Himmels volle Frucht.
Daß ihr Saft dir in die Augen tropfe,
sollst du knieen mit erhobnem Kopfe:
dazu hab ich dich gesucht.

    Und sollst schreiben, ohne hinzusehn;
denn auch dieses ist von Nöten: Schreibe!
leg die Rechte rechts und links auf den
Stein die Linke: daß ich beide treibe.

    Und nun will ich ganz geschehn.

    Jahrmillionen muß ich mich verhalten,
weil die Welten langsamer verleben,
muß den kalten
nach und nach von meinen Gluten geben,
statt in allen alle Glut zu sein.
Und so bin ich niemals im Geschaffnen:
wenn die Menschen eben mich vermuten,
so vergißt mich schon der Stein.
Einmal will ich mich vor dir entwaffnen.
Meine Mäntel, meine Reichsgewänder,
meine Rüstung: alles, was mich schnürt:
abtun und dem hohen Doppel-Händer,
den der Engel für mich führt,
meiner Rechten Strom entziehn – . Doch jetzt
siehe die Bedeutung meiner Trachten.
Da Wir uns so große Kleider machten,
kommt das Unbekleidetsein zuletzt.
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

    FRAGE AN DEN GOTT
Zueignung an René

    Hab ich nicht recht, daß ich sie langsam spanne,
eh ich die Vögel meiner Welt
erlege; prüfend erst, von welchem Manne
mein gradestes Gefühl am höchsten schnellt?

    Hab ich nicht recht, wenn ich sie nachts verachte?
Mit ihnen trifft man nur das nahe Tier;
ich aber will, die ich im Gehn betrachte,
die hohen freien Stürme über mir,

    den Himmel selbst, wie er auf Schwingen liegt,
will ich durchbohren, wenn ich einmal fühle:
wo ist der Bogen für so weiten Pfeil?
Solang das Liebe heißt, daß einer siegt
über den andern, geh ich. Teile Kühle
im Gehen mit. Ich werde nicht zuteil.

    DES GOTTES ANTWORT
Zweite Zueignung an René

    Du Prüferin, du nimmst es so genau.
Genauem Beter wird der Gott genauer.
Ich ward ein Gott der Trauer.
Du aber wirst mich, überhelle Frau,

    vielleicht erheitern. Wenn du nur bestehst
und, an den doch nicht Brauchbaren vorüber,
in deiner ganzen Strahlung, um nichts trüber,
dem Einzigen entgegengehst.

    O reiß zu ihm die Weiten alle mit,
die in dir wehen. Deine Freimut kann es.
Und da soll nichts beschränken deinen Schritt.
Giebt es ihn nicht, so hast du mich geliebt:
den Gott der Liebe, statt des Liebes-Mannes;
denn keine weiß wie du, daß es Mich giebt.

    O Funkenglück aus dem Herzfeuerstein
durch harten Aufblick klingend ausgeschlagen.
Mitten im langen Leiden-hören-sagen
sprühendes Glück aus dem Herzfeuerstein.

    Und darfst du wünschen, daß das Leben finge
und die Verzehrung sei, die ihm entfuhr?
Du lebtest längst, als liebtest du die Dinge
in ihrem eingefriedigten Contur.

    Wer darf dies anders sehen? Darf der Hülfe
gehärtetes Werkzeug an den sanften Stiel
hingiebig aufgeblühten Elends an-
setzen? Sag ichs heute, wie sie seltsam weit
von rechts und links im leeren Straßenmittag
sich hielt und hielt das Kind an sich. Und sang.

    Der Mann mit dem verregneten Gesichte
steht starr im Mantel, innen mannigfalt.
Ein wenig Nachtwind wird zerstreut zunichte
an seiner unbenachbarten Gestalt.

    O Taumelnde, o Treibende, o Spiel
wo ist der Hund der ihm die Kniee leckte?
wo ist die Zögernde, die ihm gefiel?
Wieso geschah’s, daß er sie alle schreckte?

    Nun schreckt der Mann, wen schreckt er jetzt, wen schreckt
ein Mann zuletzt? Dort die Laterne, dort
das

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