Die Gefaehrtin des Jaguars

so groß wie Spike war, gab es keine Möglichkeit, ihm zu folgen, ohne die dünnen Äste abzubrechen, was seinen eigenen Sturz und den des Jungen zur Folge gehabt hätte. Spike glitt auf den nächsten dicken Ast, drückte sich an ihn und streckte sich nach Jordan.
    Jordan sprang wieder, sein kleiner Wildkatzenkörper drehte sich von Spikes ausgestreckter Hand weg. Der Zweig, auf dem das Kätzchen landete, brach in einem Aufstäuben von Blättern, und Jordan und der Ast fielen.
    Das Junge schrie, Myka schrie. Die Shifter hörten auf zu lachen und eilten herbei, um zu versuchen, ihn aufzufangen.
    Spike langte mit einem langen Arm herüber, schnappte sich Jordan aus der Luft und drückte ihn sich gegen die Brust.
    Myka entwich ein Stoßseufzer, so heftig, dass die Luft sie in der Kehle kratzte. Ella war ganz still geworden, ihr Blick noch immer nach oben gerichtet.
    Spike schlang die Arme um Jordan und machte sich Ast für Ast an den Abstieg.
    Myka hielt sich mit beiden Händen den Mund zu und beobachtete nervös, wie Spike herabkam. Jordan linste über seinen Arm hinweg. Der Abstieg dauerte nur etwa eine Minute, aber Myka erschien es wie eine Ewigkeit.
    Spike sprang die letzten drei Meter herunter und landete auf dick bemuskelten Beinen. Sein langer Schwanz peitschte, um ihm mit dem Gleichgewicht zu helfen. Jordan verwandelte sich in seinen Armen in einen kleinen Jungen und zappelte, um nach unten gelassen zu werden.
    „Tante Myka, hast du mich gesehen? Ich war ganz da oben. Ich bin runtergefallen, aber Dad hat mich aufgefangen.“
    „Ja, ich hab’s gesehen.“ Myka hob Jordan hoch, nachdem Spike ihn auf die Füße gestellt hatte. Sie umarmte ihn kurz und fest. „Mach das nie wieder. Du hast mir einen furchtbaren Schrecken eingejagt.“
    Jordan sah sie erstaunt an. „Es ist nichts passiert. Dad hat mich aufgefangen.“
    „Aber nächstes Mal ist er vielleicht nicht da, um dich aufzufangen. Kein Bäumeklettern mehr.“
    Jordan starrte sie zuerst überrascht an, dann fing seine Unterlippe an zu zittern, und er sah sie aus großen, unschuldigen Augen an. „Ich hab dich lieb, Tante Myka.“ Er warf die Arme um sie und vergrub sein Gesicht an ihrem Hals.
    Myka wusste nur zu gut, dass er seinen Charme einsetzte, um sich aus Schwierigkeiten herauszuwinden. Das machte er oft so. Jillian hatte darüber immer gelacht.
    Bei dem Gedanken an Jillian umarmte sie den Jungen unwillkürlich fester. Sie blickte mit feuchten Augen hoch und sah Spike vor sich stehen, der wieder ganz Mensch war.
    Ein nackter Mensch mit jeder Menge Tätowierungen. Der Drachenschwanz wand sich den ganzen Weg bis zu seinem wirklich beeindruckenden …
    „Geht es ihm gut?“, wollte er wissen.
    Jordan ging es bestens, er war noch nicht einmal verängstigt. „Ja“, sagte Myka, „dieses Mal schon.“
    „Du hattest auf ihn aufpassen sollen.“
    Das Knurren in Spikes Stimme weckte ihren Ärger. Es war ihr gleich, dass er vor ihr stand mit nichts als Tattoos am Leib, viel verführerischer, als gut für ihn war.
    „Ich hab auf ihn aufgepasst. Aber man braucht eine Armee, um auf Jordan achtzugeben. Das weiß ich aus Erfahrung.“
    Er stemmte die Hände in die Hüften. Seine Augen glichen noch immer denen einer Raubkatze, gelblich gefärbt und mit geschlitzten Pupillen. „Meine Großmutter wird es nicht schaffen, allein auf ein Junges aufzupassen. Sie ist nicht mehr jung.“
    Eine große Wildkatzenpfote schnellte vor und schlug ihm gegen das Bein, begleitet von einem Fauchen. Einer der Shifter lachte. „Pass besser auf, was du sagst, Spike.“
    Spike ließ den Blick über seine versammelten Nachbarn schweifen, und seine Augen verloren den letzten Rest Menschlichkeit. „Verzieht euch.“
    Die Wandler gingen, nicht in Schrecken versetzt, sondern mit dem langsamen Gang von Leuten, die wussten, dass die Vorstellung vorbei war.
    „Wir sollten reingehen“, sagte Myka.
    Ella hatte sich schon auf den Weg nach drinnen gemacht. Sie war noch in Jaguarform, und jeder Schritt und jedes Zucken ihres Schwanzes verrieten ihre Verärgerung.
    Spike streckte die Arme nach seinem Kind aus. Jordan hing immer noch an Myka. Seine Atemzüge wurden langsamer, und vermutlich war er gerade dabei, nach seinem aufregenden Abenteuer einzuschlafen. Sie warf Spike einen bösen Blick zu und trug Jordan an ihm vorbei zum Haus.
    Spike ging voraus und führte sie durch die Hintertür. Als Myka in die Küche kam, war Ella bereits nach oben in ihr Zimmer verschwunden. Sie trug den